Die Trasse durch die Region wird immer wahrscheinlicher
16 der 20 möglichen Varianten verlaufen "rechtsrheinisch", also bei Schwetzingen, Plankstadt und Oftersheim.

Von Alexander Albrecht
Karlsruhe/Rhein-Neckar. Der Wust an möglichen Trassenverläufen bei der geplanten Bahn-Neubaustrecke Mannheim-Karlsruhe lichtet sich. Hatte die DB Netze AG im Juni noch 50 Varianten grob ins Auge gefasst, sind es nach weiteren Untersuchungen "nur" noch 20. Projektleiter Stefan Geweke präsentierte die Ergebnisse am Mittwoch in Karlsruhe dem Dialogforum, in dem sich Vertreter aus der Politik, den betroffenen Kommunen und von Bürgerinitiativen austauschen.
Den Kurpfälzer Delegierten dürften die Ergebnisse nicht unbedingt geschmeckt haben. Von den 20 verbliebenen Routen verläuft lediglich noch eine linksrheinisch, also in der Pfalz, drei queren den Fluss. Gar 16 liegen rechtsrheinisch. Besonders häufig tauchen bei den Alternativen Schwetzingen, Plankstadt und Oftersheim auf, aber auch Heidelberg, Eppelheim, St. Leon-Rot und Walldorf sind (unfreiwillig) weiter im Rennen.
Wie Geweke auf RNZ-Anfrage sagte, ist es der Bahn in den vergangenen drei Monaten vor allem darum gegangen, "offensichtlich ungünstige Varianten" zurückzustellen oder gleich auszuschließen. Alle Strecken habe man sich unter fünf Kriterien angesehen: die in Klassen kategorisierten Raumwiderstände (zum Beispiel dichte Siedlungen, Seen, Biotope, Naturschutzgebiete), die Länge der Trasse, komplexe Bauwerke und die Anschlüsse an den Mannheimer Rangierbahnhof, den Karlsruher Güterbahnhof und nach Stuttgart.
All diese Punkte hat die Bahn jeweils als "günstig", "neutral" oder "ungünstig" bewertet. "Es gab aber kein K.O.-Kriterium", so Geweke, "am Ende zählte die Gesamtbetrachtung". Was auffällt: Keine der ursprünglichen 50 Trassenverläufe schneidet durchgehend "günstig" ab.
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Um ein Beispiel zu nennen: Bei einer Variante wird das Mannheimer Stadtgebiet bis zum Rangierbahnhof untertunnelt. Von dort fahren die Züge zunächst gen Osten, schwenken dann nach Süden in Richtung Heidelberg-Grenzhof und rollen zwischen Plankstadt und Eppelheim.
Weiter geht es bis kurz vor die B535. Dort wechseln die Züge auf die östliche Seite der A5 und passieren auf dem Weg nach Karlsruhe Walldorf und St. Leon-Rot. Die Bahn schätzt diese Trasse hinsichtlich der höchsten Widerstandsklassen vier und fünf als "neutral" ein.
Verwaltungsspitzen, Landwirte und Bürgerinitiativen aus Heidelberg, Plankstadt, Eppelheim und Oftersheim fürchten hier eine Zerschneidung von Landschaften, Lebensraum von Pflanzen und Tieren würde zerstört. Das stellte Geweke gar nicht in Abrede, die Einwände würden aber erst in einem späteren Stadium unter die Lupe genommen. In einer Vorlage wird die Strecke in puncto Länge, Bauwerke und Anbindungen als "günstig" und mit insgesamt "positiver Tendenz" bezeichnet.
Ein bisschen Hoffnung machte Geweke den vier Kommunen aber doch noch: "Das Ziel bleibt eine durchgehende Linie mit zwei Gleisen in einem 1000 Meter breiten Korridor, bei der so wenige Orte wie möglich durchfahren werden und die Raumwiderstandsklassen nicht zu hoch sind." Weniger gute Nachrichten hatte der Projektleiter für St. Leon-Rot. Nach der Analyse von Engstellen an der A5, technischen Prüfungen und Ortsbegehungen sei man zu der Einschätzung gelangt, dass die Trasse im Bereich der Doppelgemeinde oberirdisch verlaufen könne und nicht untertunnelt werden müsse. "30 Meter Abstand zwischen der Zugstrecke und der Autobahn reichen aus", sagte Geweke.
Ein Sorgenkind für die Planer bleibt der Rangierbahnhof. Denn bei der favorisierten Anbindung von Südosten über einen Tunnel ist der Fahrlachtunnel im Weg. Und Geweke weiß: Je besser der Anschluss, desto mehr Menschen und Güter bringt die Bahn auf die Schiene. Wie geht es weiter? Im ersten Quartal nächsten Jahres will die Konzerntochter DB Netze weitere Trassen ausschließen und noch bis Ende 2023 eine Hauptstrecke auserkoren haben. Der Zeitplan ist sportlich, denn die anstehenden Kapazitätsuntersuchungen, Streckenvergleiche und Kosten-Nutzen-Rechnungen sind laut Geweke ("Wir sind noch nicht auf Machbarkeitsniveau") kompliziert. Deshalb trägt man sich intern mit dem Gedanken, die Analysen nicht für alle Streckenverläufe durchzuführen.
Auch wenn Geweke sich nicht festlegen lassen wollte: Eine Route entlang der A5 hätte für die Bahn Charme, weil sie damit rechnet, eine möglichst große Etappe nicht kostspielig untertunneln zu müssen. Und das letzte Wort hat der Bundestag – der auf ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis pochen wird.
Gebaut werde die Neubaustrecke nicht vor 2033, so Geweke. Er glaubt, dass der Protest noch zunimmt, wenn das Megaprojekt konkreter wird. Vorerst empfiehlt Geweke möglicherweise betroffenen Bürgermeistern, "den Ball flach zu halten". Statt nach anderen Trassenverläufen oder Tunneln zu rufen, sei es besser, sich für einen "funktionalen Lärmschutz" einzusetzen. Der Bundestag könne Möglichkeiten schaffen, die über das gesetzliche Maß hinausgingen.