Was die "Generation Z" von der Mobilität von morgen erwartet
Sozialer Nahverkehr, Anbindung des ländlichen Raums, Förderung der E-Mobilität: Junge Leute haben konkrete Vorstellungen.

Von Carsten Blaue
Baden-Baden. Als "Generation Z" werden junge Menschen der Jahrgänge 1997 bis 2010 bezeichnet. Bei der Regionalkonferenz zur Mobilitätswende wurde die nicht ganz unwichtige Frage gestellt, was sie von der Mobilität von morgen erwarten. Schließlich sind sie es, die diese entscheidend prägen und mitgestalten können. Johannes aus Wiesloch, Emanuel aus Worms, Casey aus Landau und Alan aus Straßburg gaben Antworten und stellten klar: Ganz ohne Führerschein wird auch die "Generation Z" nicht auskommen.
Emanuel hat ihn schon. "Weil ich ihn einfach brauche." Er beschrieb das Dilemma: Für die Strecke, die er zurücklegen muss, benötigt er mit dem Auto fünf Minuten. "Mit dem Nahverkehr wären es eineinhalb Stunden, und nachts komme ich nicht mehr nach Hause." Auto sei ja auch nicht gleich Auto, meinte Johannes. Auch er besitzt einen Führerschein. Der Student der Wirtschaftswissenschaften setzt neben dem Auto der Eltern in Zukunft auf die E-Mobilität und hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man die Akzeptanz dafür steigern kann.
Für ihn hängt das maßgeblich mit dem Tanken zusammen: "69 Prozent der Deutschen sagen: Es gibt zu wenig Ladestationen, also kaufe ich kein E-Auto." Teilen könnte eine Lösung sein. Wer zu Hause eine Wallbox hat, kann Ladezeiten an andere über eine sogenannte "PShare"-Software vergeben. Wer Interesse hat, kann sich ein Zeitfenster reservieren und sein Auto gegen Geld laden. Der Wallbox-Eigentümer hätte so einen schönen Nebenerwerb, die Ladestation wäre ausgelastet, und die E-Mobilität würde gefördert. Diese müsse zudem auf "grüner", also regenerativer Stromerzeugung basieren, ergänzte Alan. Für Emanuel ist zudem der Wasserstoff ein wesentliches Element der Mobilitätswende.
Was das elektrische Fahren angeht, könnte Vereinfachung ein weiteres Stichwort sein. Dazu Johannes: "Laden macht einen doch wahnsinnig. Es gibt 20 verschiedene Kabel, und für das Ausland noch mal andere." Für den Verkehr der Zukunft im Ganzen wünschte er sich Technologieoffenheit. "Man sollte die Menschen zudem nicht zum Nahverkehr drängen, sondern überzeugen, bis sich der Individualverkehr eines Tages erledigt hat."
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Für Casey ist ein sozialer Nahverkehr wichtig. Könnte er sich etwas wünschen, dann wären Bus und Bahn kostenlos. Diese seien gerade im Vergleich zum Autofahren noch viel zu teuer. Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup wies darauf hin, dass es für den barrierefreien ÖPNV schon viele Lösungen gebe – etwa entsprechend gestaltete Haltestellen und Niederflurfahrzeuge. Und auch bei der sozialen Gestaltung von Tarifsystemen komme schon viel voran. Wo es oft noch hakt, ist bei der Anbindung des ländlichen Raums, für den sich Alan stark machte.
Mentrups Kollegin aus Baden-Baden, Margret Mergen, räumte ein, dass auf dem Land keine so engen Takte möglich sind wie in der Stadt. Car-Sharing sei auf die Dauer zu teuer, sodass es ihre Stadt mal mit einer App für Mitfahrgelegenheiten und Fahrgemeinschaften versucht hat. Das Ergebnis überraschte die Oberbürgermeisterin: "Das stieß nicht auf die erwartete breite Resonanz." Der ländliche Raum bleibt in Sachen moderner Mobilität also noch eine Herausforderung, um nicht zu sagen: ein Problem.
Und schließlich ist alles auch eine Frage des Kopfes, wie Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht zu bedenken gab: "Das Mobilitätsverhalten muss sich verändern." Wer sich räumlich verändere, also etwa in eine andere Stadt ziehe, sei dazu eher bereit. Zumal dann, wenn er ein entsprechendes Angebot vorfindet. So können Bewohner zum Beispiel im neuen Stadtteil auf dem "Franklin"-Konversionsgelände eigentlich ganz ohne Auto auskommen.
Ja, das Denken! Auch Mentrup machte hier im Verlauf der Regionalkonferenz Veränderungsbedarf aus. "Wir müssen aus den Köpfen bekommen, dass man bei zwei Stunden Stau auf der Autobahn von persönlichem Schicksal spricht, aber von einem Systemversagen, wenn mal die Bahn zehn Minuten zu spät kommt." Man solle auch nicht immer nach einem besseren Nahverkehrsangebot rufen. "Das ist nämlich schon gut." Außerdem ist es für die Kommunen nicht gerade billig. "Mit jedem Kilometer Schiene mehr steigt mein Defizit im städtischen Haushalt", so Mentrup.
Gleiches gelte für moderne "On Demand"-Angebote, also für den Nahverkehr auf Abruf, oder für (im Test schon selbstfahrende) Shuttles "auf dem letzten Kilometer" zwischen einer zentralen Haltestelle und der Wohnadresse. In Karlsruhes Stadtteil Weihertal-Dammerstock wird so ein kleiner automatisierter Bus seit April getestet. Per App ist dieser buchbar und seitdem 700 mal mit insgesamt 1100 Nutzern gefahren.
Das seien alles tolle Ideen. "Sie kosten aber Geld", so Mentrup. Und gleichzeitig solle der Nahverkehr billiger und noch flexibler für die Fahrgäste werden. Es seien also auch die Rahmenbedingungen, die nicht nur die Kommunen, sondern gerade auch Bund und Land jetzt mal beherzt angehen müssten. Und zwar schnell, forderte der Karlsruher Oberbürgermeister.