Wohnraum soll in Hockenheim für alle geschaffen werden
In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats war das Interesse der Bevölkerung groß

Der Sitzungssaal im Rathaus platzte bei der jüngsten Gemeinderatssitzung aus allen Nähten. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. "Jetzt verstecken Sie sich doch nicht hinter der Geschäftsordnung", wird Oberbürgermeister Dieter Gummer vorgehalten, als er in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats eine Fragerin darauf hinweist, dass jede Person nur zwei Fragen stellen dürfe. "Das tue ich ja gar nicht. Ich will nur, dass das hier geordnet abläuft". Worauf ein deutliches Murren durch die Reihen der zahlreich erschienenen Besucher geht. Der Tagesordnungspunkt über die Wohnraumschaffung in der Rennstadt, insbesondere die Unterbringung von Flüchtlingen im laufenden Jahr, hat erstaunlich viele Bürgerinnen und Bürger auf die Beine gebracht. Bis hinaus auf den Flur stehen die Interessenten, um zu erfahren, wie es weiter geht mit Flüchtlingen, Obdachlosen und Menschen, die dringend bezahlbaren Wohnraum suchen. Es geht auch um Lärm, der an manchen Stellen keine Wohnbebauung zulässt.
Hintergrund
(hab) Hockenheim. 13 Standorte wurden von der Stadtverwaltung auf ihre Eignung für eine Wohnraumbebauung geprüft. Zu den angelegten Kriterien gehörten Fragen des Planungsrechts genauso wie Fragen der kurzfristigen Verfügbarkeit, was unter anderem davon abhängt, wem die
(hab) Hockenheim. 13 Standorte wurden von der Stadtverwaltung auf ihre Eignung für eine Wohnraumbebauung geprüft. Zu den angelegten Kriterien gehörten Fragen des Planungsrechts genauso wie Fragen der kurzfristigen Verfügbarkeit, was unter anderem davon abhängt, wem die Grundstücke gehören. Auch die Umweltbelange wie Lärmbelastung, die Bedrohung durch Hochwasser oder Naturschutzbelange wurden in die Prüfung miteinbezogen.
Neun Standorte wurden aus der Liste der in Frage kommenden Flächen gestrichen: Ernst-Brauch-Straße: Das Gelände ist in Privatbesitz und wird vom Hockenheimring als Parkplatz P2 genutzt. Lärmgutachten und Bebauungsplanänderung nötig. Hausstücker: Das Gelände gehört Stadt, Kirche und Privat und wird ebenfalls vom Hockenheimring als Parkplatz genutzt. Lärmgutachten und Bebauungsplanänderung nötig. Reiterplatz: Grünfläche und Parkplatz des Rings. Städtischer Grund. Bebauungsplan und Flächennutzungsplanänderung nötig. Altwingertweg: gewerbliche Baufläche, Lärmgutachten und Bebauungsplanänderung nötig. Altlasten zu erwarten, Hochwassergefahr. Ottostraße: Privatfläche und Erbbaufläche der Stadt. Nutzung gegenwärtig als Parkplatz. Bedingt möglich. Raiffeisen: das Gelände kommt nicht mehr in Frage weil es bereits verkauft wurde. Hockenheim-Süd: eigentlich Ackerland, aber vor allem Parkplatz P6 der Hockenheimring GmbH. Grunderwerb nötig, Bebauungsplanänderung nötig. Östlich Aquadrom: Landwirtschaft, Ackerland, laut Flächennutzungsplan Grünfläche, Bebauungsplanaufstellung nötig. Biblis-4.Gewann: Landwirtschaft, Ackerland, im Besitz des Landes, Lärmgutachten und Bebauungsplan nötig.
In Frage kommen nur noch vier Flächen: Birkenallee mit drei Varianten im Geschoßwohnungsbau (zwei Geschosse) mit 324 bis 412 Quadratmeter Gebäudegrundfläche. Hubäckerring mit zwei Varianten. Vier Geschosse auf 448 oder 939 Quadratmeter Gebäudegrundfläche. Quartier Zähringer Straße mit zwei Varianten. Zwei Geschosse auf 173 oder 333 Quadratmeter Gebäudegrundfläche. Eichendorfplatz mit drei Varianten entlang der Lessingsstraße. Zwei Geschosse auf 286 bis 392 Quadratmeter Gebäudegrundfläche. Einsehbar sind die vier ausgewählten Standorte mit allen Varianten unter www.hockenheim.de/main/bauen_wohnen/bezahlbarer_wohnraum
Zusätzlich vorgeschlagen wurden von Bürgern Standorte Nordring, Bauhof, Obere Hauptstraße, Stadtwerke und gegenüber der Tankstelle Reilinger Straße. Eine Prüfung soll erfolgen.
Als ein Bürger der Verwaltung vorwirft, dass an viel stärker Lärm belasteten Arealen Wohnbebauung zugelassen wurde, wo sie jetzt abgelehnt wird, muss Stadtplaner Christian Engel gestehen, dass da zu jener Zeit "Verfahrensfehler" begangen wurden. "Aber heute bemühen wir uns keine Fehler mehr zu machen", so Gummer zu diesem Thema.
Gummer betonte in seinen einleitenden Ausführungen, die er ausdrücklich als Informationsvorlage verstanden wissen wollte, nicht als Beschlussvorschlag, dass es beim Thema Wohnen keinesfalls nur um die Flüchtlingsunterbringung geht. Vielmehr sieht er das Thema dreigeteilt. Man müsse sich einerseits der Anschlussunterbringung von Flüchtlingen stellen, andererseits aber das Problem der Obdachlosigkeit von Bürgern der Stadt im Auge behalten und drittens generell bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen.
Man rechnet damit, so Gummer, dass man am Ende des Jahres bei einer Personenzahl von 186 Flüchtlingen angekommen sei, die man unterzubringen habe. Für 74 Menschen habe man Wohnraum zur Verfügung, was bedeutet, dass Bedarf für 112 Flüchtlinge besteht. 103 Obdachlose habe man in städtischen Wohnungen untergebracht, darunter dem unsäglichen Gebäude im Hofweg 15, für das man seit Langem eine Alternative sucht. Für die zwölf Bewohner des Hofwegs sucht man alternative Unterbringungsmöglichkeiten. Man verfügt als Stadt zwar über 132 Wohnungen, die allerdings alle belegt sind. 275 Menschen leben dort. Die städtischen Wohnraumreserven sind aufgebraucht.
Deshalb habe man sich vonseiten der Verwaltung auf die Suche begeben, wo in Hockenheim Flächen zur Verfügung stehen, die für eine Wohnraumbebauung infrage kommen. Insgesamt habe man 13 Flächen im gesamten Stadtgebiet nach einem einheitlichen Kriterienkatalog geprüft und vier davon identifiziert, die letztlich den Anforderungen genügen. Einige weitere Standortvorschläge aus der Bürgerschaft habe man in die Prüfung aufgenommen. (siehe nebenstehenden Text)
Gummer betonte aber auch, dass in der Bürgerschaft die falsche Annahme kursiere, dass die vier Standorte bebaut werden. "Das steht aber noch nicht fest. Es gibt bislang keine Entscheidung des Gemeinderats darüber". Auch die Behauptung, der Abenteuerspielplatz am Hubäckerring werde geopfert, sei nicht richtig. Der Spielplatz bleibe erhalten.
Und schließlich noch einmal in aller Deutlichkeit: "Das Angebot an neuem Wohnraum richtet sich an alle Bürger, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind".



