Schwetzingerin Sabine Giersberg mit dem Helene-Hecht-Preis ausgezeichnet

Die Schwetzingerin Sabine Giersberg erzählt vom Übersetzen - Sie wurde mit dem Mannheimer Helene-Hecht-Preis ausgezeichnet

31.03.2017 UPDATE: 01.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Übersetzerin aus Leidenschaft: Sabine Giersberg aus Schwetzingen sagt, man müsse die "Stimme des Buches hören". Foto: Lenhardt

Von Stefan Kern

Schwetzingen. Dicke Briefe aus fremden Ländern geschickt zu bekommen und mit ihnen für einige Zeit in andere Welten abzutauchen, das ist Sabine Giersbergs Traumberuf. Für die Übersetzerin aus Schwetzingen ist jedes Buch eine kleine Reise. Dabei komme sie dem Land, seiner Kultur und den Menschen oft manchmal viel näher. Literatur ist für sie eine Art Einladung. Mitten hinein in die Erzählung, Mythen und Widersprüche eines Landes.

Dabei hat es ihr neben Spanien und Portugal vor allem Lateinamerika angetan. Ein Kontinent, der europäische und indianische Wurzeln zu etwas Besonderem verwebt. Dies so intensiv erleben zu dürfen, ist für sie ein Privileg, für das sie nun den Mannheimer "Helene-Hecht-Preis" überreicht bekam.

Dass sie einmal beruflich zur Literatur finden sollte, war zu Beginn ihres Studiums noch nicht klar. Dass sie Übersetzerin für Spanisch und Portugiesisch werden wollte, stand dagegen schon fest. Wohin das führen sollte, musste sich erst entwickeln. Am Anfang liebäugelte sie noch mit Fachübersetzungen. Ein Markt der riesig und auch lukrativ ist. Aber es deutete sich dann doch schnell und deutlich an, dass ihr Herz der Literatur gehört.

Im Unterschied zur Fachübersetzung ist die Literaturübersetzung weit mehr als nur der Transfer von einer Sprache in eine andere. "Man muss die Stimme des Buches hören und spüren", erklärt Giersberg. Klar hört sich das für den Laien irgendwie seltsam an. Aber "Literatur kann man nicht einfach Wort für Wort übersetzen". Da würde ein Buch jeden Sinn verlieren, erklärt sie.

Wie sie dabei vorgeht, erklärt Giersberg auch. Zuerst einmal liest sie das Buch, dann setzt sie sich mit dem Autor auseinander. Das heißt, sie informiert sich über ihn und kontaktiert ihn dann. Früher, ohne E-Mail und Skype, muss das Übersetzen deutlich schwieriger gewesen sein. Der enge Kontakt mit dem Autor auch über Kontinente hinweg ist für Giersberg unerlässlich. Ja, für den Erfolg der Übersetzung ist er entscheidend. Und dann geht es Seite für Seite ans Übersetzen. Dabei wird sie zu einer Art Co-Autorin. Im Jahr schafft sie rund 500 Seiten, erzählt sie.

Beim Übersetzen von Literatur gehe es um Sprachgefühl, Atmosphäre und Sprachbilder. Sprichwörter funktionieren oft nicht, wenn man sie wörtlich übersetze. "Niemand in Deutschland versteht ein spanisches oder argentinisches Sprichwort." Das eigentlich Gemeinte müsse in ein entsprechendes Sprachbild übersetzt werden. Das ist manchmal eine ziemliche Herausforderung, sagt Giersberg. Am Ende gehe es darum, den Zauber zu erhalten, der das Buch ausmache.

Wie sie so über Bücher und das Übersetzen spricht, erscheint die Metapher von den dicken Briefen gar nicht so weit hergeholt. Für Giersberg sind die Bücher Briefe, und deren Übersetzung ist unübersehbar ihre Leidenschaft. Das hob sie zwar im Gespräch nicht besonders hervor. Aber es geht ihr auch darum, den Blick zu weiten und im Anderen und Fremden etwas von sich selbst zu erkennen. Das gelte auch für jeden Leser. Lesen ist eine Kulturtechnik im Sinne der Aufklärung mit dem Ziel des gegenseitigen Verständnisses. Und Literatur ist damit die Hoffnung, mit Klischees aufzuräumen und die andere Kultur mehr zu verstehen. Dafür lohne sich der Einsatz.

Die Verleihung des Mannheimer Helene-Hecht-Preises ist da ein kleines, aber wichtiges i-Tüpfelchen. Der mit 3000 Euro dotierte Preis, der alle zwei Jahre vergeben wird, erinnert an die 1854 geborene Mäzenin Helene Hecht, die in Mannheim zahlreiche Künstler förderte, und 1940 mit 86 Jahren während der Deportation ins Internierungslager Gurs in Südfrankreich starb.

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