Rapper Cro gibt in der SAP Arena ein umjubeltes Konzert
Der Auftritt will allerdings nicht so richtig zum Titel der Tournee passen: "MTV Unplugged Zugabe"

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Wahrscheinlich hat der eine oder andere Lehrer am gestrigen Montagmorgen zur ersten Stunde in (noch) mehr schlaftrunkene Gesichter und müde Äuglein als sonst geschaut. Schuld könnte ein Kerl mit Pandamaske gewesen sein - und dessen Konzert abends zuvor in der SAP Arena. Hauptsächlich Mädchen und Jugendliche sind in die nicht ganz ausverkaufte Halle gekommen. Schon beim Einzug der Musiker herrscht akuter Kreischalarm. Ohrenbetäubend der Jubel, als der schlaksige Typ mit schlecht sitzendem weißen Trainingsanzug und schwarzem Schmuddel-T-Shirt aufkreuzt: Cro, der im bürgerlichen Leben Carlo Waibel heißt.
Hintergrund
Die RNZ verzichtet auf die Veröffentlichung von Bildern vom Cro-Konzert, nachdem der Veranstalter ausdrücklich verlangt hatte, dass ihm alle Fotos vorab zur Freigabe vorgelegt werden müssten.
Die RNZ verzichtet auf die Veröffentlichung von Bildern vom Cro-Konzert, nachdem der Veranstalter ausdrücklich verlangt hatte, dass ihm alle Fotos vorab zur Freigabe vorgelegt werden müssten.
Der Rapper kennt natürlich seine Zielgruppe, startet altersgerecht und reimt: "Hi Kids, ich bin Carlo! Werft den Arm hoch, gebt mir ein ,Hallo‘". Die Stimmung? Aber hallo! Selten hat man ein solch textsicheres Publikum erlebt, davon kann jeder Chordirigent nur träumen. Cro rollt den ganz großen Showteppich aus. Auf drei Bühnenetagen verteilen sich drei Background-Sängerinnen, jeweils vier Streicher und Bläser, zwei Schlagzeuger, zwei Keyboarder, ein Bassist, ein Gitarrist und ein DJ. Zwei Mega-Bildschirme an den Bühnenrändern lassen auch die Fans etwas sehen, die weit hinten oder ganz oben sitzen.
Das Ganze will allerdings nicht so richtig zum Titel der Tournee passen: "MTV Unplugged Zugabe". Statt tatsächlich den Stecker zu ziehen und den Arrangements bar jeglicher Verstärker eine andere Note zu verleihen, wird mächtig auf die Felle gedroschen. Die Kompositionen sind vor allem vom Beat der Drums getrieben, nur selten darf mal das Saxofon dazwischen tuten oder eine Hammond-Orgel pfeifen. Schade!
Wesentlich schlimmer ist, dass es Cro während des ganzen Konzerts nicht schafft, außerhalb der Musik eine Verbindung zu seinen Fans herzustellen. Seine "Anmoderationen" sind - bleiben wir so nett wie der Hip-Hopper selbst - ausbaufähig. Ideenlos, ohne Charisma und Witz, laviert Cro zwischen den Nummern. Dabei wäre es so einfach, eine Anhängerschaft zu unterhalten, die zwei Stunden lang an den Lippen des Schwaben klebt. Wenn es um Entertainerqualitäten geht, sollte Cro vielleicht mal bei Jan Delay eine Nachhilfestunde nehmen.
Dass Tausende Handylichter die Arena illuminieren, die Fans sich auf Kommando setzen und dann hüpfen oder die Protagonisten sekundenlang zu Salzsäulen erstarren - das hat man nun schon oft gesehen und zeugt nicht eben von Einfallsreichtum. Andererseits: Es funktioniert - und die Musik versprüht zunächst eine gute Laune, die ansteckend ist.
Seine dunkle Seite offenbart Cro im Zwischenteil. Dazu hat er sich mit den Hip-Hoppern Danju und Teesy Verstärkung geholt. Mit der Hand im Schritt legen die drei Gangsta-Rap-Attitüden an den Tag. Spätestens als Danju in seinem eigenen Song "X" inflationär oft die Worte "bitches" und "fuck" in den Mund nimmt, dürfte sich manche Mutter in der Arena gefragt haben, ob das Konzert tatsächlich schon für eine Zehnjährige geeignet ist.
... muss er noch feilen
Wurde Cro anfangs noch überschwänglich gefeiert, wird es vor der ersten Zugabe gespenstisch still. Kaum einer klatscht und ruft nach mehr. Weil ohnehin jeder weiß, dass er noch einmal kommt? Oder ist es eine Generationenfrage? Vermutlich beides. Ein beleidigter Rockstar würde vermutlich das Konzert abbrechen. Cro kehrt zurück - mit einem achtgängigen Nachschlag. Und das spricht wiederum deutlich für den 26-Jährigen. Bei den letzten drei Titeln "Bad Chick", "Traum" und "Easy" verwandelt sich die Halle in eine Partymeile.
Die Schule am nächsten Tag? Daran verschwenden in diesem Moment höchstens die Eltern einen Gedanken.



