Kriminalprävention Rhein-Neckar: Menschen für die gute Sache gewinnen

Die Krimiautorin Marie Pellissier ist das 500. Mitglied des Vereins Kommunale Kriminalprävention Rhein-Neckar

21.11.2016 UPDATE: 22.11.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden

Krimiautor Arnim Töpel begrüßt seine Kollegin Marie Pellissier als 500. Mitglied des Vereins Kommunale Kriminalprävention Rhein-Neckar. Foto: kib

Von Kirsten Baumbusch

Rhein-Neckar. "Es ist ein steiniger Weg, aber er lohnt sich". So könnte ein Text über den Verein Kommunale Kriminalprävention Rhein-Neckar überschrieben sein. Doch kürzlich gab es puren Grund zur Freude: Die in Heidelberg lebende Krimiautorin Marie Pellissier wurde vom Walldorfer Krimiautoren Arnim Töpel, der schon seit fünf Jahren mit dabei ist, als 500. Mitglied willkommen geheißen.

Die beiden befinden sich in illustrer Runde. Nicht nur alle Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises, sondern auch jede Menge Frauen und Männer aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Sozialem, Bildung, Wissenschaft, Kultur und natürlich Polizei sind mit von der Partie. Gegründet wurde die Organisation, ebenso wie der Partnerverein SicherHeid in Heidelberg mit dem erklärten Ziel, Gewalt und Kriminalität vorzubeugen.

Und das auf stets solider, aber nichtsdestotrotz ungewöhnliche Weise. Marie Pellissier hat gleich doppelten Zugang zum Thema. Einerseits absolvierte sie mit großer Begeisterung einen Selbstbehauptungskurs und kann es kaum erwarten, an einem Zivilcouragetraining teilzunehmen; andererseits ist sie für die Recherche ihrer Bücher immer auch ein wenig auf kriminalistischen Sachverstand angewiesen.

Und da kam Günther Bubenitschek ins Spiel. Der Erste Kriminalhauptkommissar ist Geschäftsführer und unermüdlicher Werber für den Verein. "Er hat nicht lockergelassen", schmunzelt Marie Pellissier - und der Zufall wollte es, dass sie den 500. Antrag unterschrieb.

Dazu kommt aber noch etwas Anderes. Wie ihr Kollege Arnim Töpel hat auch sie zwei Söhne und sieht mit großer Sorge, was da im Moment an Verrohung in der Gesellschaft geschieht. "Ein Kind fällt in einer Schulmensa mit seinem Tablett hin, schneidet sich und viele applaudieren - und nur einer hilft dem Kleinen auf und begleitet ihn zum Verarzten ins Sekretariat", ist so eine Geschichte.Eine andere Geschichte passiert just in der Stunde des Interviews. Einer von Marie Pellissiers Söhnen wird am frühen Abend von Jugendlichen angepöbelt, geschlagen und übel getreten. Erst als Ältere dazwischen gehen, lässt die Gruppe von ihm ab.

Töpel, von Hause aus Jurist, bevor er dann Radiomoderator, Kleinkünstler und Autor wurde, bringt es auf den Punkt: "Ich bin dem Trugschluss aufgesessen, dass die Sicherheit, die wir jahrzehntelang gespürt haben, uns sicher ist."

Wie Menschen heute auf verschiedenen Ebenen und Kanälen "verbal an die Wand geklatscht werden", die Freude am Zufallbringen, das macht sogar ihn mitunter sprachlos.

"Und da gibt es halt nichts besseres, als der Gewalt vorzubeugen", sagt der Mundartspezialist, der mit dem Song "Hallole, isch bins, de Günda" vor einigen Jahren für Furore sorgte. Ein Name, der sich auch in seinen Regionalkrimis um Kommissar Günda, den sogenannten Tschief, niederschlägt. Kein Wunder, dass das Eis sofort gebrochen war, als sich Günther Bubenitschek mit einem beherzten "Isch bin dä Günda" bei ihm meldete und ihn als Stargast für eine Woche zur Kriminalprävention engagierte.

"Es gibt nicht die Sicherheit oder das Rezept", weiß Stefanie Ferdinand, "wir müssen die Menschen für die gute Sache gewinnen und mit ihnen üben, wie es geht." Seit vielen Jahren ist die Theaterpädagogin auch als Trainerin in den Zivilcouragekursen aktiv und immer wieder verblüfft, welche Effekte diese haben.

"Auch das Weggucken kann traumatisch werden", sagt sie. Manchmal tragen Menschen es jahrzehntelang mit sich herum, dass sie nichts getan haben. Deshalb geht sie in den Trainings, bei denen sie stets jemanden von der Polizei an der Seite hat, auch immer wieder in die Rollenspiele, in denen Täter, Opfer und Beobachter wechseln, mit großen Aha-Erlebnissen. Und die wissenschaftliche Evaluierung zeigt das ebenfalls: Noch nach Jahren wirkt die Erfahrung des Trainings fort.

"Es geht darum, wie Menschen miteinander umgehen", sagt sie und weiß sich dabei die Zustimmung der beiden Krimischreiber sicher.

Die entdecken übrigens noch witziges Gemeinsames. Beide finden es furchtbar, in ihren Büchern Menschen umzubringen. "Ich hasse es", sagt der bekennende Kriegsdienstverweigerer Arnim Töpel mit zerknirschtem Gesicht, "aber es ist halt ein notwendiges Übel für die Spannung".

Beide sind überdies Fans von Agatha Christie und Inspector Colombo und wollen mit ihrem Engagement für die Prävention dazu beitragen, die Welt ein klitzekleines bisschen besser zu machen.

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