Jeder Archäologe hat mal klein angefangen
Studenten der Universität Heidelberg haben bei einer Lehrgrabung den Boden der ehemaligen Burg Wersau durchforstet

Hier lernen die Studenten "die Feldarbeit" eines Archäologen kennen: Lehrausgrabung auf dem Gelände der ehemaligen Burg Wersau bei Reilingen. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Reilingen/Schwetzingen. Ganz in der Nähe von Reilingen gab es einst eine mittelalterliche Burg. In der Vorstellung eines Laien wird sie schnell zur Ritterburg. Schon treten stolze Ritter auf ihren Pferden mit bunten Fahnen in der gepanzerten Faust aus dem Schatten der Burgmauern. Und vielleicht hat es ja auch ein hübsches Burgfräulein dort in der Burg Wersau gegeben. Tatsache ist, dass die Burg seit dem 12. Jahrhundert existierte und dass sie sich lange Zeit im Besitz des Heidelberger Kurfürsten befand.
Dass die Burg Wersau eine besondere Bedeutung gehabt haben muss, zeigt sich auch darin, dass die päpstliche Bulle zur Gründung der Universität Heidelberg von den Gesandten des Papstes im Jahr 1385 nicht in der Stadt am Neckar, sondern auf eben jener Burg Wersau übergeben wurde.
Sechs Wochen lang haben jetzt rund 30 Archäologiestudenten der Universität Heidelberg in einer Lehrgrabung den Boden der ehemaligen Burg durchforstet. Die Lehrgrabung ist ein integraler Bestandteil des Studiums an der Uni Heidelberg und wird begleitet vom Landesamt für Denkmalpflege Stuttgart. "Hier lernen die Studenten die Feldarbeit eines Archäologen kennen", erklärt der heutige Grabungsleiter Justin Schmidt, der inzwischen sein Studium erfolgreich beendet hat. Im Jahr 2010, bei der ersten Grabung, war er noch als Student dabei gewesen. Außer der eigentlichen ovalen Burg, deren Grundmauern teilweise freigelegt sind, war lange Zeit eine Mühle auf dem Areal angesiedelt, die bis in die 1960er Jahre genutzt wurde. Nach dem Abriss der Mühle vor rund 50 Jahren soll jetzt in Zukunft ein Neubau entstehen mit Ferienwohnungen und einem kleinen Museum, das die Geschichte der Burg veranschaulichen soll. Möglicherweise können dann dort auch die Grabungsfunde der jetzigen Lehrgrabung gezeigt werden. Die lagern vorerst noch in Plastikschälchen und Eimern, in Kisten und Kartons, fein säuberlich bezettelt mit Angaben über Funddatum und Fundort. Unter den Funden befinden sich zahlreiche Tonscherben, aber auch türkis oder blau glasierte Stücke von Ofenkacheln mit einem bildlichen Figurenprogramm.
Auch ein paar weiße und figürlich bemalte zerbrochene Pfeifenköpfe aus späterer Zeit wie dem 18. oder 19. Jahrhundert sind zum Vorschein gekommen. Ob allerdings jemals genug Geld da sein wird, die gefundenen Stücke in einer wahren Sisyphusarbeit wieder zu ganzen Gefäßen oder Gegenständen zusammenzuführen, steht in den Sternen.
Geplant ist jedenfalls, wenn der Neubau mit Ausstellungsraum erst einmal steht, dass man auf dem Gelände der Burg auch mit interessierten Laien unter Aufsicht des Landesdenkmalamtes weitere Grabungen durchführt, so Folke Damminger vom Landesamt für Denkmalpflege, Außenstelle Karlsruhe.



