Hockenheim: Das Hochwasserschutzprojekt biegt auf die Zielgerade ein
Der Kraichbach und der Mühlkanal sollen ein Bett bekommen - Außerdem soll eine 1,80 Meter hohe Schutzmauer mit "Bischofsmützen" erstellt werden

Hockenheim. "Bei uns gab's noch nie ein Hochwasser". So und ähnlich reagierte die Bevölkerung, als vor 13 Jahren erste Informationen die Runde machten, dass man entlang des Kraichbachs und des Mühlkanals eine Renaturierung der einbetonierten Wasserläufe anstrebte und gleichzeitig mit neuen Dämmen den Hochwasserschutz für ein sogenanntes 100-jähriges Hochwasser aufbauen wollte. Es gab allerdings Berechnungen, dass selbst das dortige Schulzentrum bei einem solchen Pegelstand 30 Zentimeter unter Wasser stehen würde. Also sah man in der Stadtverwaltung Handlungsbedarf.
Zwei Bürgerversammlungen, mehrere Anwohnergespräche und einen Gemeinderatsbeschluss (aus dem Jahr 2007) später erfolgte jetzt am 8. August, gewissermaßen als überörtliche Baugenehmigung, der Planfeststellungsbeschluss für das Großprojekt durch das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises. Die Anwohnerbedenken habe man, so Horst Kugele, Leiter des Referats Hochwasserschutz im Regierungspräsidium Karlsruhe, eingearbeitet. Im Wesentlichen sei man vielfach von geplanten Dämmen auf teurere Schutzwände und mobile Schutzelemente umgestiegen, weil man von den begehbaren Dämmen in die Anwesen der Anwohner hätte sehen können. Man habe damit Mehrkosten von mindestens zehn Prozent in Kauf genommen.
Jetzt ist geplant, dort, wo die Bebauung direkt entlang des Kraichbachs liegt, eine 1,80 Meter hohe Schutzmauer zu erstellen mit sogenannten "Bischofsmützen" auf der Mauerkrone, die ein Begehen der Mauer unattraktiv machen sollen.
Allerdings soll die Zusammenlegung der beiden "Hockenheimer Flüsse", die eigentlich Bäche sind, in einem neuen Bett nicht nur dem Hochwasserschutz dienen, sondern auch die Gewässerökologie entscheidend verbessern. Und zum dritten, so Stadtbaumeister Wilhelm Stulken, werde die Erlebbarkeit der Gewässer für die Bürger wieder hergestellt. "Das Projekt setzt die Grünflächen der früheren Landesgartenschau bis ins Stadtzentrum fort", erläuterte er gestern im Rathaus.
Oberbürgermeister Dieter Gummer hob hervor, dass in den nächsten Jahren bis 2017 nicht nur die Zusammenlegung des Kraichbachs und des Mühlkanals auf der Agenda stehe, sondern auch die Messplatzgestaltung und weitere wichtige Projekte. "Das wird nicht ganz ohne Beeinträchtigung der Bürger gehen", befürchtete er. Den jetzt erreichten Planfeststellungsbeschluss bezeichnete er als "das Einbiegen auf die Zielgerade".
Doch am Ziel ist man noch lange nicht. Das Projekt, das als Maßnahme des Landes durchgeführt wird, kostet, so die bisherige Vorplanung, rund 4,3 Millionen Euro. Davon entfallen Kosten in Höhe von 1,7 Millionen Euro auf die Stadt. Solange aber der Doppelhaushalt 2015/2016 des Landes nicht steht, will sich Kugele auf keinen zeitlichen Ablauf festlegen. Sobald der Landeshaushalt in trockenen Tüchern ist, kann über die zeitliche Vorgehensweise entschieden und eine Bauausführungsplanung erstellt werden. Diese legt fest, welche Detailbereiche in welcher Reihenfolge abgearbeitet werden.
Natürlich wäre es aus Sicht der Stadt wünschenswert, dass das Projekt noch 2015 begonnen werden könnte. Das hat man auch dem Umwelt- und Finanzminister mitgeteilt und wartet nun auf Antwort aus Stuttgart. Ob die Fertigstellung dann zwei oder drei Jahre in Anspruch nehmen wird, kann im Moment noch niemand sagen.
64 Grundstücke habe man in den vergangenen Jahren aufgekauft, betonte Stulken. Das letzte - "ein Schlüsselgrundstück" - erst Ende 2013. Vonseiten der Stadt könnte es also losgehen.
Die beiden jetzigen, "sehr naturfernen" Fließgewässer werden dann auf 970 Meter Länge verfüllt, und es wird ein neues gemeinsames Bett für ein "Gewässer in gutem ökologischen Zustand" gegraben. Dann wird aus den beiden Bächen doch so etwas wie ein kleiner Fluss.