Erneute Hygieneverstöße am Mannheimer Uniklinikum?

Die Staatsanwaltschaft Mannheim beschlagnahmte OP-Besteck - Die Klinik-Geschäftsführung räumt Fehler ein und drückt ihr Bedauern aus

17.10.2014 UPDATE: 17.10.2014 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden
Klinikums-Geschäftsführer Alfred Dänzer (li., mit dem Ärztlichen Direktor Frederik Wenz) räumte gestern Versäumnisse ein. Foto: Gerold
Von Julie Dutkowski

Mannheim. Die Liste der Hygienemängel am Mannheimer Universitätsklinikum wird länger. Erneut hat die Staatsanwaltschaft Mannheim Operationsbesteck beschlagnahmt. Sollten sich die Vermutungen bestätigen, hat das Klinikum gegen das Medizinproduktegesetz verstoßen, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann der Rhein-Neckar-Zeitung. Das OP-Besteck sei zum Einsatz vorgesehen gewesen, obwohl es nicht den Hygienerichtlinien entsprochen haben soll.

Besonders brisant: Der Staatsanwaltschaft gemeldet hatte dies das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP). Die Behörde war am Mittwoch im Rahmen der zuvor bekannt gewordenen Auffälligkeiten zu einer Besichtigung ins Klinikum gekommen und hatte dort erneut weitere Auffälligkeiten entdeckt.

Die Uniklinik hatte bereits eingeräumt, dass 20 Reinigungsmaschinen für OP-Instrumente nicht ordnungsgemäß überprüft worden sind. Am 1. Oktober hatten Experten des RP aufgrund eines anonymen Hinweises unter anderem die Orthopädie und Unfallchirurgie durchsucht. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt. Es besteht auch der Verdacht auf Körperverletzung.

Erstmals äußerte sich gestern auch die Geschäftsführung des Klinikums vor Pressevertretern zu den Vorwürfen. Die Vorfälle hätten dem Ansehen des Klinikums geschadet, sagte Klinik-Geschäftsführer Alfred Dänzer. Er sprach von einem "bedauerlichen Vorfall" und einem Vertrauensverlust der Patienten gegenüber dem Klinikum.

Zu keiner Zeit aber seien Patienten gefährdet gewesen, betonte Dänzer mehrfach. Alle 20 betroffenen Maschinen seien sofort vom Netz genommen worden.

Das RP beanstandet zudem, dass das assistierende OP-Personal, das auch für die Sterilisation der Geräte zuständig ist, nicht ausreichend geschult sei. Laut Behörde hätten nur die Mitarbeiter die erforderliche Sachkenntnis, die nach 2011 ihr Examen gemacht haben. Diese Unzulänglichkeit werde man beheben, auch wenn das Klinikum "anderer Auffassung" sei, wie Dänzer betonte. Das Personal werde nachgeschult. Zusätzliche externe Mitarbeiter sollen zudem die mutmaßlichen Hygienemängel an den OP-Instrumenten beheben.

Beim Klinikpersonal herrsche Verunsicherung seit dem Bekanntwerden der Ermittlungen, sagte der Ärztliche Direktor Professor Dr. Frederik Wenz. Jeder Handgriff werde seither "zwei- oder dreimal überprüft". Man sei aber auch sensibilisiert. "Die Beanstandungen werden extrem ernst genommen."

Wer der anonyme Hinweisgeber sein könnte, darüber wollte Dänzer nicht spekulieren. "Intern gab es keine Versuche, an mich heranzutreten", sagte er. Man habe vorher aber über einzelne Punkte diskutiert, räumte er ein. Dies seien jedoch keine massiven Beanstandungen gewesen.

Laut Betriebsrat ist der Personalmangel ein Grund für die Misere. Betriebsratschef Rolf Heller kritisierte, es fehlten Mitarbeiter vor allem in der betroffenen "Steril-Versorgungsabteilung", in der Mitarbeiter die OP-Instrumente säubern.

Wann die Operationen am Mannheimer Uniklinikum wieder normal laufen, darauf wollte sich Dänzer gestern nicht festlegen. Der Zeitraum müsse mit dem RP geklärt werden. Auch den wirtschaftlichen Schaden könne man noch nicht absehen. "Um die Patientensicherheit in den Vordergrund zu stellen, wurde der Anteil an planbaren Operationen radikal heruntergefahren", erklärte Dänzer. Patienten würden nun befragt, ob sie auf ihre OP warten wollen. Wenn nicht, müssten sie in einem anderen Krankenhaus operiert werden.

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