Bahn setzt im Mannheimer Hauptbahnhof auf Video-Überwachung

Schutz vor Terroranschlägen: 77 Kameras sollen für mehr Sicherheit sorgen - Pläne vorgestellt

07.05.2015 UPDATE: 08.05.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Bisher gibt es im Mannheimer Hauptbahnhof noch keine Videokameras. Das wird sich jedoch bald ändern. Foto: Gerold

Von Gerhard Bühler und Alexander Albrecht

Mannheim. Bonn, 10. Dezember 2012: Ein Mann entdeckt an Gleis eins des Hauptbahnhofs eine herrenlose Reisentasche. Er wendet sich an Bahnmitarbeiter, die sofort die Bundespolizei alarmieren. Der gesamte Bahnhof, umliegende Plätze und Straßen werden weiträumig abgesperrt. Sprengstoffexperten öffnen die Tasche, die einen Metallbehälter mit Pulver enthält. Der Zünder ist instabil oder falsch konstruiert, stellt sich heraus - die Zeitbombe wäre nicht explodiert. Glück gehabt. Bonn entgeht haarscharf einer Katastrophe.

Der gescheiterte Anschlag geht auf das Konto von Salafisten, die später festgenommen werden. Die Sorge vor islamistischen Terrorakten bleibt. Deshalb will die Deutsche Bahn AG die Bahnhöfe sicherer machen. Mit einer ausgedehnten Videoüberwachung sollen Terroristen abgeschreckt werden. Auch in Mannheim. Der dortige Bahnknoten gehört zu den wichtigsten im Südwesten.

Insgesamt 77 Videokameras sollen demnächst die öffentlichen Bahnhofsbereiche, Bahnsteige und ihre Zugänge überwachen. Die schon im Dezember 2014 bekannt gewordenen Pläne (die RNZ berichtete) stellten mehrere Bahnvertreter jetzt im Sicherheitsausschuss des Mannheimer Gemeinderats vor. Zuvor hatte die Grünen-Fraktion eine entsprechende Anfrage gestellt.

Gerd Neubeck, Leiter der Abteilung Konzernsicherheit bei der Bahn, sagte, man habe als Reaktion auf den vereitelten Anschlag in Bonn ein bundesweites Programm zum Ausbau der Videoüberwachung mit einem Volumen von 36 Millionen Euro aufgelegt. "In Mannheim und Bremen gibt es bisher keine Kameras. Deshalb stehen die Hauptbahnhöfe in diesen beiden Städten ganz oben auf der Liste", sagte er. Gleichzeitig bekräftigte Neubeck, dass Mannheim kein Kriminalitätsschwerpunkt sei.

Die Bahn interessiert sich nach Angaben ihres Sicherheitschefs vor allem für die mehrere hundert Meter langen Bahnsteige. "Wir brauchen gute Bilder, um zu sehen, was da unter den Sitzbänken steht", sagte Neubeck. Die 77 Kameras seien nicht viel, "um so ein komplexes Gebilde wie den Mannheimer Hauptbahnhof zu überwachen". Die Zahl sei ein Kompromiss. Die für die Gefahrenabwehr zuständige Bundespolizei habe noch mehr Kameras gewollt, verriet Neubeck.

Zusammenlaufen werden die Bilder in der Betriebszentrale der Bahn. Diese ist rund um die Uhr besetzt. "Bahnmitarbeiter beobachten die Livebilder. Aufzeichnen wird aber nur die Bundespolizei",versicherte der Mannheimer Bahnhofsmanager Hans-Jürgen Vogt. Die Bundespolizei dürfe die Bilder 30 Tage lang speichern. Die Bahn habe nur 72 Stunden Zugriff, etwa bei Vandalismus, sagte der Bahn-Datenschutzexperte Alexander Bergfink. Die Verhältnismäßigkeit werde ebenso gewahrt wie das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" von Bahnkunden und Mitarbeitern.

Zur aktuellen Terrorgefahr in Mannheim hatte die RNZ bereits im Dezember eine Anfrage an das Bundespolizeipräsidium in Potsdam gestellt. Doch diese ließ die Pressestelle weitgehend unbeantwortet. In der sehr allgemein gehaltenen schriftlichen Antwort hieß es lediglich: "Bei der Einstufung der Bahnhöfe in Gefährdungskategorien handelt es sich um vertrauliche Informationen, zu denen sich die Bundespolizei grundsätzlich nicht im Detail äußert."

Der Bundesvizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, nannte das Sicherheitsprogramm der Bahn damals einen "Tropfen auf den heißen Stein". Die 36 Millionen Euro stünden in einem krassen Missverhältnis zu den zwei Milliarden Bahnkunden im Jahr. Nach Einschätzung der Gewerkschaft fehlen derzeit 2000 Beamte in den deutschen Bahnhöfen.

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