500 Flüchtlinge in Sinsheimer Messehalle: Stadt fühlt sich überrumpelt
Ab Freitag werden mindestens 500 Flüchtlinge in einer Sinsheimer Messehalle untergebracht - OB Jörg Albrecht: "Enttäuscht darüber, dass wir im Vorfeld nicht eingebunden wurden"

Das Sinsheimer Messegelände unweit der Rhein-Neckar-Arena aus der Vogelperspektive. Foto: Stadt Sinsheim
Von Stefan Hagen
Sinsheim/Rhein-Neckar. Die Stadt Sinsheim fühlt sich überrumpelt: Am Dienstagnachmittag seien sowohl die Stadtverwaltung als auch der Rhein-Neckar-Kreis von einem Anruf des Ministeriums für Integration Baden-Württemberg überrascht worden, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Stadt sei mitgeteilt worden, dass ab dem kommenden Freitag mindestens 500 Flüchtlinge in der Messehalle 6 temporär untergebracht würden. Zudem sei signalisiert worden, dass nach der ersten Anfangsphase in dieser bedarfsorientierten Erstaufnahmeeinrichtung bis zu 1000 Flüchtlinge einquartiert werden könnten.
Die Art und Weise dieser "Informationspolitik" seitens des Landes bringt Oberbürgermeister Jörg Albrecht mächtig auf die Palme. "Wir sind enttäuscht darüber, dass wir im Vorfeld nicht eingebunden wurden", lässt er via Pressemitteilung mächtig Dampf ab. Sowohl von Seiten des Landes Baden-Württemberg als auch von Seiten des Messebetreibers der Halle 6 sei keine Transparenz hergestellt worden.
Die Gelegenheit hierfür hätte sich spätestens am vergangenen Wochenende ergeben, legt Albrecht nach und nimmt Integrationsministerin Bilkay Öney ins Visier. Zu diesem Zeitpunkt habe Öney gemeinsam mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Funk vor Ort in Sinsheim die Flüchtlingsunterkunft im Fohlenweideweg besucht. Rhein-Neckar-Kreis als auch Stadtverwaltung seien hierüber nicht informiert worden. "Ein Signal beziehungsweise Hinweis wäre spätestens hier angebracht gewesen", ärgert sich der Oberbürgermeister.
Einmal in Fahrt, legt Albrecht nach: "Es ist darüber hinaus auch schwer zu glauben, dass die Integrationsministerin am Wochenende nichts von dieser beabsichtigten Maßnahme wusste, da das Land Baden-Württemberg bereits seit geraumer Zeit mit dem Messebetreiber der Halle 6 in Verbindung steht." Sollte sie tatsächlich keine Informationen von ihrem Ministerium gehabt haben, sei dessen Arbeitsweise generell zu überdenken.
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Sinsheim sei bereits heute mit 600 Unterbringungen der größte Flüchtlingsstandort im Rhein-Neckar-Kreis. Erst kürzlich sei das neue Domizil im ehemaligen Gebäude der Bodenseewasserversorgung von 120 Flüchtlingen bezogen worden. Deshalb habe man gedacht, dass die Quote für Sinsheim zunächst erfüllt sei und zuvor andere Kommunen an der Reihe wären, schreibt Albrecht weiter.
Überhaupt müsse die Bevölkerung bei einem solch sensiblen Thema rechtzeitig mitgenommen und informiert werden. "Das fehlt hier völlig und ist nicht akzeptabel", spricht Albrecht Klartext. Mit dieser fehlenden Informationspolitik könne man die Ängste der Bevölkerung nicht abbauen und Vertrauen in die Politik schaffen.
Beim Rhein-Neckar-Kreis geht man indes davon aus, dass die Messehalle in Kürze wieder geräumt werde, wie das in der Karlsruher DM-Arena auch der Fall gewesen sei, teilte Kreissprecherin Silke Hartmann auf Anfrage mit. Das Ministerium habe mitgeteilt, "dass es sich um eine zeitlich befristete Unterbringung handelt", weil die Messehalle in absehbarer Zeit für andere Verpflichtungen benötigt würde. Einzelheiten hierzu, insbesondere was die Dauer der Belegung betreffe, habe das Integrationsministerium dem Kreis nicht mitgeteilt., sagte Hartmann. Man habe das Integrationsministerium aber auf die Situation in Sinsheim und die besondere Belastung der Großen Kreisstadt durch die vorläufige Unterbringung der Flüchtlinge in Kreiseinrichtungen - an drei Standorten leben über 600 Asylbewerber - hingewiesen, betonte die Kreissprecherin.
Bürgermeister Jörg Albrecht traut allerdings dem Braten nicht so recht. "Auch wenn derzeit von einer vierwöchigen Unterbringung die Rede ist, habe ich die Sorge, dass die Durchführung der Sinsheimer Job- und Ausbildungsbörse am 26. September in der Messehalle 6 in Gefahr ist", teilt er mit. Die Stadtverwaltung Sinsheim werde hier alles nur erdenklich Mögliche tun, damit diese Messe stattfinden könne.



