Der "Stern des Anstoßes" leuchtet nicht zu hell
Davon ist der Baurechtsamtschef des Rhein-Neckar-Kreises nach einem Vor-Ort-Besuch überzeugt.

Von Axel Sturm
Ladenburg. Der Streit um den wohl größten Mercedes-Stern der Welt, der vom Dach eines Mannheimer Hochhauses auf das Gelände des Automuseums Dr. Carl Benz versetzt wurde, ist immer noch nicht beigelegt. Einige Anwohner lassen sich jetzt anwaltlich vertreten. Ihr Ziel: Der Stern des Anstoßes soll versetzt oder ganz abgebaut werden. Sie ärgern sich darüber, weil Museumsbesucher nicht nur das neue "Wahrzeichen", sondern auch die dahinterliegenden Wohnhäuser fotografieren. Zum anderen ärgern sie sich an der "Strahlkraft" des Sterns, der bis 21 Uhr leuchtet.
Museumsinhaber Winfried A. Seidel ist nach wie vor der Meinung, dass die Probleme auf dem "kleinen Dienstweg" zu lösen sind. Er sieht sich im Recht, habe er sich doch an alle Auflagen gehalten. Und immerhin hat Seidel 20.000 Euro in das Projekt investiert. Der Stern wurde restauriert, mit Energieleuchten ausgestattet und im Juni aufgestellt.
Seidel hat mittlerweile eine "Folien-Schutzwand" hinter dem Stern errichtet, damit die Häuser dahinter nicht mehr fotografiert werden können. Außerdem hat er einen Standort für Bildaufnahmen seitlich der Attraktion mit dem Hinweis gekennzeichnet, dass nur aus diesem Blickwinkel geknipst werden darf.
"Die Museumsgäste halten sich an unsere Anweisungen, und ich hoffe, dass dies auch die Anwohner anerkennen", sagt Seidel der RNZ. Fakt ist, dass der Museumschef vom Baurechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises eine Baugenehmigung für die Installation erhalten hat. "Ich habe mich an alle Vorgaben gehalten – daher ist es ärgerlich, dass mir einige Nachbarn jetzt Schwierigkeiten machen wollen", so Seidel. Um sich ein Bild vor Ort zu machen, hat Baurechtsamtschef Ralf Schmidt das Museum jetzt an einem Abend gegen 21 Uhr besucht.
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Auf Anfrage der RNZ sagt er, dass die Behörde die Baugenehmigung erteilt hatte, nachdem Seidel einige verlangte Änderungen umgesetzt habe. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass die 7,50 Meter hohe Installation noch höher gebaut werden sollte. Auch traf Seidel auf Weisung des Amts Vorkehrungen, damit der Stern nicht allzu grell leuchtet. Die Behörde schränkte außerdem die "Leuchtzeiten" ein. Um 23 Uhr muss die Anlage ausgeschaltet werden. All diese Vorgaben hat Seidel akzeptiert.
Er schaltet die Beleuchtung sogar zwei Stunden früher, um 21 Uhr, ab. Aus seiner Sicht eine Geste, um den Streit mit den Nachbarn möglichst schnell beizulegen. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Selbst ein Schlichtungsgespräch, zu dem Bürgermeister Stefan Schmutz eingeladen hatte, brachte keine Annäherung.
Für den Leiter des Baurechtsamts ist die Sache nach dem Vor-Ort-Besuch klar: Blendwirkung und die Raumausleuchtung sind aus seiner Sicht nicht zu beanstanden. "Dass von dem Stern eine Belästigung ausgeht, sehe ich nicht. Aus unserer Sicht ist die Sache unproblematisch", sagt Schmidt, der Einwände und Einsprüche der Nachbarschaft nun prüfen und dokumentieren will.
Entscheiden wird eine Kommission, die sich aus Mitgliedern der Fachbehörde und des Baubezirks zusammensetzt. Das könne allerdings noch einige Tage dauern, erklärt Schmidt. Wobei der Leiter des Baurechtsamts darauf hinweist, dass die Anwohner vor dem Erteilen der Genehmigung keine Änderungswünsche vorgetragen hatten. "Diese hätten wir natürlich geprüft", sagt Schmidt.
Update: Donnerstag, 22. Oktober 2020, 19.45 Uhr
Mannheimer Mercedes-Stern sorgt für mächtig Ärger in Ladenburg
Von Axel Sturm
Ladenburg. In der Römerstadt am Neckar gibt es ein symbolträchtiges "Monument", das derzeit für mächtig Ärger sorgt. Es ist der Mercedes-Stern, der viele Jahre auf einem Mannheimer Hochhaus strahlte, und der kürzlich im Hof des Automuseums Dr.-Carl-Benz wieder aufgebaut wurde. Museumsinhaber Winfried Seidel hatte den Stern quasi vor der Schrottpresse gerettet. Im Juni wurde das beleuchtete Markensymbol des Autokonzerns dann offiziell eingeweiht.
Die 7,5 Meter hohe Werbeanlage wurde im Hof des Museums so platziert, dass sich sechs Nachbarn in der dahinterliegenden Daimlerstraße massiv gestört fühlen. Der Sprecher der Kritiker, Peter Pack, erklärte der RNZ bei einem Vororttermin, weshalb sich immer mehr Widerstand gegen das Bauwerk formiert. "Unsere Privatsphäre wird verletzt. Museumsbesucher, die den Stern fotografieren, lichten unsere Gärten ab. Sogar unsere Schlafzimmer werden fotografiert", berichtete Pack, der rechtliche Schritte ankündigte. In einem Wohn- oder Mischgebiet dürften Werbeanlagen in dieser Dimension nicht aufgestellt werden. Für die Anwohner ist die Korrektheit des Genehmigungsverfahrens "zweifelhaft", und daher werden sich Anwälte nun damit beschäftigen.
"Wir haben ein Monstrum vor die Nase gesetzt bekommen, das unsere Persönlichkeitsrechte verletzt", findet Pack. Er nannte beim Vororttermin einige Beispiele. Seitdem der Stern aufgestellt wurde, habe sich das Besucheraufkommen im Museum deutlich erhöht. Es gibt immer wieder Diskussionen mit fotografierenden Besuchern, die nicht verstehen wollen, dass die Privatbereiche hinter dem Stern nicht fotografiert werden dürfen. "Man wird oft angepöbelt", berichtete Pack, was insbesondere eine Familie betrifft, deren Reihenhaus nur wenige Meter entfernt von der Werbeanlage steht. Die Familie hatte ihre Bedenken gegen das Bauwerk der Stadtverwaltung mitgeteilt. "Die kommerziellen Interessen des Museumsinhabers waren für die Stadt wohl wichtiger", vermutet Pack.
Er ist auf die Stadt nicht gut zu sprechen. Seine Fragen wurden von Bürgermeister Stefan Schmutz nicht beantwortet, und er erhielt keine Einsicht in das Genehmigungsverfahren. Für ihn ist es rechtlich fragwürdig, wie die ganze Sache abgelaufen ist. Pack berichtete, dass der Stern in den Abendstunden beleuchtet wird, und die Anwohner sehen nicht ein, weshalb sie "das Flutlicht" ertragen sollen. Das Licht werde zwar gegen 23 Uhr ausgeknipst aber eine Umweltbelastung stelle die Lichtquelle allemal dar.
Immerhin habe es die Verwaltung geschafft, eine Art Schlichtungsgespräch zu organisieren. Dass das Treffen im Museum und nicht auf neutralem Boden stattfand, gefiel Pack ebenso wenig wie die unvollständige Einladungsliste. Er wurde gar nicht eingeladen, obwohl auch er betroffen von den "Belästigungen" ist. Pack ging trotzdem hin und war nach dem Treffen frustriert. Die Forderung, den Stern wieder abzubauen, waren für den Museumsinhaber nicht akzeptabel.
In dem Gespräch wurde auch ein anderer Punkt thematisiert. Die Anwohner stört auch, dass Veranstaltungen wie Hochzeiten und Geburtstage in den Museumsräumlichkeiten stattfinden. "Der Lärm belästigt die Anwohner", berichtete Pack. "Von Mobbing seitens der Anwohner" spricht hingegen Winfried Seidel, der den aggressiven Ton der Kritiker nicht verstehen kann. Museumsbesucher würden gegen ihren Willen fotografiert und von den Nachbarn "angepöbelt", wenn sie ein Foto vom Mercedes-Stern machen wollten. Seidel sieht sich im Recht, denn er habe sich korrekt verhalten und die geforderte Genehmigung für die Aufstellung des Sterns eingeholt.
Es seien ein Architekt und ein Statiker beauftragt worden, um das 20.000 Euro teure Projekt baurechtlich sauber über die Bühne zu bringen. Sogar das Landesdenkmalamt sei eingeschaltet gewesen. Die Änderungswünsche der Behörden seien umgesetzt worden. Seidel hatte vom Baurechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises schließlich die Baufreigabe erhalten. "Wenn ich als Bürger nicht mehr bauen darf, obwohl eine Baugenehmigung vorliegt, dann stimmt was nicht", meinte Seidel. Er habe auch nie gedacht, dass der Stern zum Zankapfel werden würde. Gespräche mit den Nachbarn seien immer freundlich gewesen – doch nun habe sich das Blatt gewendet. Trotzdem will Seidel weiterhin versuchen, die Sache durch konstruktive Gespräche vom Tisch zu bekommen. Das Schlichtungsgespräch sei allerdings ernüchternd gewesen.
All seine Verbesserungsvorschläge, wie die Einrichtung eines Fotopunkts, damit die Privathäuser der Nachbarschaft nicht mehr im Bild zu sehen sind, oder die Installation einer begrünten Schutzmauer, seien abgelehnt worden. "Die wollen das Museum zerstören", vermutet Seidel, der der RNZ zusicherte, dass er eine gültige Schankgenehmigung habe, um Veranstaltungen durchzuführen. Seidel ist entsetzt, dass die Anwohner Veranstaltungen wie das Museumsfest oder den Weihnachtsmarkt unterbinden wollten. Private Veranstaltungen wie Geburtstagsfeiern würde es nur vereinzelt geben. Die letzte Feier im Museum habe im April 2019 stattgefunden, sagte Seidel der RNZ.
Die Lösung des Konflikts ist aus Sicht des Bürgermeisters nur auf nachbarschaftlichem Wege möglich. Die Platzierung des Mercedes-Sterns sei nämlich auf Grundlage einer rechtmäßig erteilten Baugenehmigung durch die zuständige Baurechtsbehörde, den Rhein-Neckar-Kreis, erteilt worden. Grundlage der Entscheidung bildet der dort gültige Bebauungsplan, der für das denkmalgeschützte Automuseum eine Gemeinbedarfsfläche festsetzt. Eine Beratung im Technischen Ausschuss der Stadt sei nicht erforderlich gewesen, da der Bauantrag dem Bebauungsplan entspreche, sagte Schmutz. Im Zuge des Antragsverfahrens wurden auch die Belange der Anwohner abgefragt. Von 15 Nachbarn haben demnach acht Einwände erhoben. Diese wurden durch die Baurechtsbehörde geprüft und abgewogen.
Aufgrund dieser Rückmeldungen wurde die Höhe des Sockels verringert und auch die Beleuchtung nur einseitig wiederhergestellt. Bei der weiteren baurechtlichen Prüfung durch den Rhein-Neckar-Kreis waren weitere privatrechtliche Belange aber nicht maßgeblich, da diese für das baurechtliche Genehmigungsverfahren nicht relevant sind.
Den Anwohnern sei dies mitgeteilt und gleichermaßen der Rechtsweg aufgezeigt worden, gegen die Genehmigung vorzugehen, erklärte Bürgermeister Schmutz. Dieser Weg sei aber seitens der Anwohner nicht weiterverfolgt worden, sodass die Widerspruchsfrist abgelaufen sei und die Baugenehmigung Rechtskraft erlangt habe, teilte Schmutz mit.