Mannheimer Stadtbahnen

Mängelliste der Barrierefreiheit ist lang

AG: "Wir wollen mitfahren können" - RNV will alle Interessen abwägen

17.12.2018 UPDATE: 18.12.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden

Die Mitglieder der AG Barrierefreiheit sorgen sich, dass mobilitätseingeschränkte Fahrgäste in den neuen Stadtbahnen Probleme haben könnten. Foto: Gerold

Von Harald Berlinghof

Mannheim. Für Rollstuhlfahrer sind Rampen, die auf 90 Zentimeter Länge einen Höhenunterschied von sieben Zentimetern aufweisen, nur schwer zu bewältigen. Treppenstufen sind Hindernisse, die nur Mithilfe der Mitmenschen überwunden werden können. Klappsitze nehmen den Rollifahrern wichtigen Platz weg, und der Blindenhund hat keinen eigenen. Die Mängelliste der AG Barrierefreiheit bezüglich der von der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) bestellten Stadtbahnen ist lang. Vor allem bedauert man, nicht rechtzeitig in die Planung mit einbezogen worden zu sein. "Die Fehler sind schon bei der Ausschreibung passiert", sagt Bernd Kittendorf, aktiver Mitstreiter der Arbeitsgemeinschaft.

Doch aus Sicht der RNV, die 80 neue Bahnen bei Skoda bestellt hat und 250 Millionen Euro investiert, gibt es gute Gründe für die Auswahl: Man habe sich für die Drehgestellbahn entschieden, weil sie energieeffizienter, leiser und haltbarer sei - insgesamt also wirtschaftlicher als Niederflurbahnen mit fast starren Achsen, erklärt ein RNV-Sprecher. Letztere ruckeln in Kurven stärker, quietschen und schleifen die Gleise schneller ab. Durchgängige Niederflurbahnen hätten ebenfalls Probleme für Menschen mit Rollator oder Rollstuhl mit sich gebracht.

Bernd Kittendorf überzeugen die Vorteile der Drehgestellbahn, die ab 2021 durch Mannheim rollen soll, jedoch nicht: "Das sieht auf den ersten Blick barrierefrei aus, ist es aber nicht", erklärt er. Der Niederflurbereich für Gehbehinderte sei zu klein, außerdem seien sie auf geneigten Flächen angesiedelt. "Da wurde eher gemacht als gerechnet", wirft er der RNV vor und ist auch besorgt, dass abgestellte Koffer Rollstuhlfahrern den Weg versperren könnten. Man habe versucht, allen gerecht zu werden, beteuert der Unternehmenssprecher. "Unser Anspruchsdenken ist ganz einfach: Wir wollen mitfahren können", unterstreicht Kittendorf. Überzogen sei das aus seiner Sicht nicht.

Man habe sich mit der AG Barrierefreiheit getroffen und deren Forderungen aufgenommen, erklärt der RNV-Sprecher - und nicht nur mit der AG Barrierefreiheit. Insgesamt zwölf Gruppen - darunter der Badische Sehbehindertenverein, der Arbeitskreis Barrierefreiheit Heidelberg sowie die Behindertenbeauftragten von Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen und des Rhein-Neckar-Kreises - haben das 1:1-Modell der Straßenbahn besichtigt. Sie konnten mittels Fragebögen ihre Meinung abgeben.

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220 Anregungen aus dem Dialogverfahren wurden in das Pflichtenheft einbezogen. Darin werden die neuen Rhein-Neckar-Trams abschließend und präzise sowohl technisch und konzeptionell von der Ausführung des Wagenkastens über diverse mechanische und elektronische Bauteile bis hin zur Dimensionierung einzelner Schrauben beschrieben und festgelegt.

Man sei mit Skoda im Gespräch, versichert der RNV-Sprecher. Es gelte, die unterschiedlichsten Interessen abzuwägen. Beim Feintuning ließe sich aber noch einiges ändern, zum Beispiel bei der Anordnung der Sitzplätze im Niederflurbereich. Auch die Positionierung und Ausführung von Haltestangen zählt dazu. Das grundsätzliche Konzept der Drehgestelltechnik stehe aber fest.

Die AG Barrierefreiheit indes fordert ein weiteres Treffen im Januar oder Februar mit den Verantwortlichen. "Mit diesen Bahnen bringt man den öffentlichen Personennahverkehr jedenfalls nicht nach vorne", ist Bernd Kittendorf überzeugt.

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