Mannheimer Hospizdienst "Clara"

"Ich mache keine Sterbebegleitung, sondern Lebensbegleitung"

Bei dem Kinder- und Jugendhospizdienst unterstützen die Ehrenamtlichen die ganze Familie.

27.07.2022 UPDATE: 27.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden
Haben nicht nur die schwer kranken Kinder, sondern auch die Familien im Blick: Wiltrud Arnold (von links), Stefanie Schnitzler und Margret Stein-Geib. Foto: Gerold

Von Volker Endres

Mannheim. Wiltrud Arnold erzählt Geschichten von Tragik, Trauer und Schwere, aber auch von Mut, Freude und Lebenslust: "Ich mache keine Sterbebegleitung, sondern ich mache Lebensbegleitung." Arnold ist eine der aktuell 15 ehrenamtlichen Begleiter im ambulanten ökumenischen Kinder- und Jugendhospizdienst Clara, der vor 15 Jahren gegründet wurde. Sie begleitet schwer erkrankte Kinder, deren Geschwister oder auch die Familien. "Die Arbeit bereichert", sagt sie.

"Die Schicksale sind unfassbar. Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die sich in dieser Form um Andere kümmern", erklärt Jürgen Wassow. Er hat den Blick von außen. Seine Mannheimer Motorradfahrer Vereinigung ist einer von drei dauerhaften Unterstützern des Hospizdiensts und kann sich an den Anfang der Zusammenarbeit erinnern.

Man habe den Film "Ungeküsst zurück" angeschaut, "da sind bei uns Rockern nur noch die Tränen geflossen". Im Auftrag des Caritasverbands hat der Mannheimer Regisseur Stefan Hillebrand einen Dokumentarfilm gedreht, in dem sich Schülerinnen und Schüler zwischen zehn und 18 Jahren mit dem Themenfeld Sterben, Tod und Trauer auseinandersetzten – es ist da Arbeitsfeld der Ehrenamtlichen von Clara.

2007 brachten das Diakonische Werk und der Caritasverband Mannheim den ambulanten Dienst Clara auf den Weg, seit 2022 wird die Einrichtung vom Diakonischen Werk getragen. "Wir haben uns damals bewusst für einen ambulanten Hospizdienst entschieden", erzählt Kirsten de Vos, Pressesprecherin der Evangelischen Kirche Mannheim, und erinnert sich an die Anfänge. Credo sei damals wie heute: "So viel Krankenhaus wie nötig, so viel zu Hause wie möglich."

Auch interessant
Ambulanter Kinderhospizdienst NOK: Die verbleibende Zeit mit Leben füllen
Kinderkrebstag: Haare ab für krebskranke Kinder (plus Video)
Neckar-Odenwald-Kreis: Ambulantes Kinderhospiz präsentiert seine Arbeit
Hintergrund

In Deutschland leben rund 50.000 Kinder und Jugendliche mit einer lebensverkürzenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Kinder- und Jugendhospizarbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Kinder und Jugendlichen und ihre Familien auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Im

[+] Lesen Sie mehr

In Deutschland leben rund 50.000 Kinder und Jugendliche mit einer lebensverkürzenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Kinder- und Jugendhospizarbeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Kinder und Jugendlichen und ihre Familien auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Im Unterschied zu den Hospiz- und Palliativangeboten für schwerstkranke und sterbende Erwachsene ist es eine Besonderheit der Kinder- und Jugendhospizarbeit, dass die Familien auf Wunsch ab der Diagnose und nicht nur in der letzten Lebensphase begleitet werden. mb

[-] Weniger anzeigen

Das galt damals, das gelte auch noch heute, bekräftigt Margret Stein-Geib, zuständige Abteilungsleitung im Diakonischen Werk. Denn nach der umfassenden Ausbildung sind die Ehrenamtlichen vor allem in den Familien tätig, begleiten Kinder, die Elternteile verloren haben, in der Trauer, sind Ansprechpartner für Geschwisterkinder, die in der Pflege eines erkrankten Kinds in der Aufmerksamkeit häufiger zu kurz kommen, oder sind ganz einfach da. "Wir helfen dabei, den Pflegealltag der erschöpften Familien zu gestalten, schauen nach Kurmöglichkeiten, unterstützen bei der Suche nach ambulanten Palliativteams", zählt Arnold auf. "Und wir verlieren dabei nicht den Blick auf das gesunde Kind."

Sie erinnert sich dabei an einen Jungen, dessen Zwillingsbruder tödlich erkrankt ist. Seit drei Jahren spielt, lacht und singt sie gemeinsam mit dem Jungen, der damit Kraft sammeln kann, um wieder in sein trauerndes Umfeld zurückzukehren. Das wissen auch die Eltern zu schätzen: "Für die Mutter ist diese Zeit ein Geschenk."

Dabei haben die Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendhospizarbeit einen entscheidenden Vorteil gegenüber Hospizdiensten für Erwachsene: "Wir dürfen die Familien ab der Diagnosestellung begleiten." Bei Erwachsenen greife die Hospizarbeit erst ab der Diagnose "Austherapiert". "Auf diese Weise bekommen wir Jahre geschenkt", verdeutlicht Clara-Koordinatorin Stefanie Schnitzler. Eine wichtige, eine wertvolle Zeit. Sterbe- und Lebensbegleitung sowie die Begleitung während der Trauerbewältigung seien für die betroffenen Familien nicht nur eine Brücke zur Normalität, sondern vor allem christliche Kernaufgabe, erklärt Stein-Geib.

Eine Arbeit, die allerdings nicht immer auskömmlich finanziert ist. Denn während die Sterbebegleitung teilweise noch durch die Krankenkassen getragen werde, ist die Trauerbegleitung auf Unterstützung angewiesen. Stefanie Schnitzler ist froh, dass Clara mit dem Rotary Club Mannheim Brücke, der Motorrad Vereinigung sowie der "Riedle und Daum"-Stiftung zumindest drei langjährige kontinuierliche Partner an der Seite hat, denn der Bedarf sei unglaublich groß. So werden aktuell 13 Familien von den 15 Ehrenamtlichen begleitet. "Wir haben eine Warteliste von Familien", sagt Stefanie Schnitzler. Immerhin sechs neue Ehrenamtliche durchlaufen gerade die Ausbildung. Arbeit genug in der Begleitung ist auch für sie sicher vorhanden.

Info: Kontakt und Infos zum ökumenischen Kinder- und Jugendhospizdienst Clara (M 1, 1) gibt es telefonisch unter 0621/2800 03 51 oder per E-Mail an oek.kinderhospizdienst@diakonie-mannheim.de.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.