Vier heftige Fälle vor Gericht
Es geht um gefälschte Rezepte, eine Unfalltragödie, Missbrauch und Erpressung

Rhein-Neckar. (alb/tk/lsw) Vier spektakuläre Prozesse werden aktuell vor verschiedenen Gerichten geführt oder sind bereits zu Ende gegangen. Die zugrunde liegenden Straftaten spielten sich größtenteils im Rhein-Neckar-Kreis ab.
> Deal nach Deals: Im Prozess um eine Bande, die Rezepte gefälscht und teure Medikamente ergaunert haben soll, haben sich das Heidelberger Landgericht, die Staatsanwaltschaft und die vier Angeklagten auf einen Strafrahmen verständigt. Das teilte der Vorsitzende Richter Markus Krumme in der Verhandlung mit. Das Quartett und ihre Verteidiger haben im Gegenzug Geständnisse angekündigt. Zuvor war der Prozess für ein sogenanntes Verständigungsgespräch unterbrochen worden.
Die drei Männer erwartet demnach jeweils eine Haftstrafe zwischen dreieinhalb und sechseinhalb Jahren. Die angeklagte Frau muss laut dem Gericht mit einer Strafe von einem Jahr und neun Monaten bis zwei Jahren und sechs Monaten rechnen. Ein solcher Deal ist in der Strafprozessordnung geregelt. So sollen lange Verfahren verkürzt, Prozesse effizienter gestaltet und Täter zügig bestraft werden. Im Gegenzug können die Strafen etwas milder ausfallen.
Die Angeklagten im Alter von 28 bis 41 Jahren sollen sich vor allem zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 mit den Rezepten hauptsächlich ein Wachstums- und Hormonpräparat erschlichen haben und suchten dazu unter anderem Apotheken in Heidelberg, Neckargemünd und Ilvesheim auf. Das Medikament kostet pro Packung mehr als 4700 Euro. Im Anschluss sollen sie das Mittel mit viel Gewinn vor allem an Abnehmer aus der Bodybuilder-Szene verkauft haben. Den Angeklagten werden Verstöße gegen das Anti-Doping-Gesetz sowie Urkundenfälschung und Betrug vorgeworfen.
Die Staatsanwaltschaft legt der Bande in unterschiedlicher Besetzung insgesamt 39 Taten zur Last, die sie nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch in Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern begangen haben soll. Dabei ist laut Staatsanwalt Christoph Gehrmann ein Schaden von knapp 200.000 Euro entstanden.
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Ursprünglich sollte die Große Strafkammer gegen fünf Angeklagte verhandeln. Das Verfahren gegen einen 32-Jährigen wurde jedoch zu Beginn des Prozesses abgetrennt, da er wegen anderer Taten in einem tschechischen Gefängnis sitzt. Für den Prozess sind vier weitere Verhandlungstage bis Mitte Juli vorgesehen.
> Fünf Jahre Haft für zwei Vergewaltigungen: Mit einem alten Bekannten hat es jetzt das Landgericht Mannheim zu tun bekommen. Der heute 28-Jährige war bereits im April vergangenen Jahres zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden – weil er im Juli 2018 eine 49-jährige Frau an einer entlegenen Stelle im textilfreien Bereich des Weinheimer Freizeitbads Miramar vergewaltigt hatte. DNA-Spuren des Mannes entdeckten die Ermittler auch an einem anderen Tatort.
Rund einen Monat vor dem Übergriff in Weinheim soll der Angeklagte eine 15-Jährige im Mannheimer Luisenpark missbraucht haben. Der hochverschuldete Mann gab die Tat weitgehend zu und will eine Therapie machen, weshalb das Landgericht die Gesamtfreiheitsstrafe "nur" auf fünf Jahre hochschraubte. Der 28-Jährige und das Opfer hatten zunächst gemeinsam im öffentlich zugänglichen Teil des Parks einen Joint geraucht. Dann jedoch zog der mutmaßliche Sexualstraftäter seine Hose herunter und drängte die Jugendliche in ein Gebüsch.
> Geldstrafe und viele Dramen: Viele Menschen erschüttert hat ein schwerer Unfall im Kraichgau am 18. September 2019 beim Rastplatz auf der "Eschelbacher Höhe". Ein damals 71-Jähriger war mit seinem Kleinlaster in einen Ford Fiesta gekracht: Die beiden Insassinnen in dem Auto, eine 80-Jährige und ihre Tochter (51), waren sofort tot. Der schwer verletzte Unfallverursacher wurde mit dem Hubschrauber in eine Klinik geflogen. Das Amtsgericht Sinsheim hat den Mann jetzt wegen zweifacher fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 30 Euro und einem zweimonatigen Fahrverbot verurteilt.
Der Fahrer des Kleinlasters wollte nach einer Rast schnell wieder auf die Straße und preschte vom Parkplatz in Richtung der B 292. Hierbei schnitt er den Randstein – wie ermittelt wurde mit Tempo 59 –, verriss das Steuer und kam in den Gegenverkehr. Die Richterin sagte, der Kleinwagen mit den beiden Frauen sei regelrecht "abgeschossen" worden.
Der 71-Jährige bessert seine Rente mit Kurierfahrten auf und gab an, aus mehreren Gründen mobil bleiben zu müssen. Sowohl er und seine Frau sind zu hundert Prozent schwerbehindert. Das Paar drückt nach dem Kauf eines Bauernhauses hohe Schulden, außerdem unterstützt es die Tochter. Die 43-Jährige lebt mit ihren drei Kindern in Afrika.
> In Keller eines Motorradclubs verschleppt: Wegen erpresserischen Menschenraubs müssen sich aktuell drei Männer vor dem Heidelberger Landgericht verantworten. Die Anklage wirft ihnen vor, ihr Opfer im Oktober 2019 in den Keller eins Motorradclubs im Gewerbegebiet Rohrbach-Süd verschleppt zu haben. Das Trio soll von dem Mann laut einer Zeugenaussage 10.000 Euro gefordert haben, weil er angeblich den Hauptangeklagten und den Motorradclub bei der Polizei "verpfiffen" hatte. Ehe er in den Keller gebracht wurde, rief er von einem Wieslocher Parkplatz aus einen Freund an und bat ihn dringend um 2000 Euro. Dieser informierte daraufhin die Polizei. Dann klickten die Handschellen.
Update: Mittwoch, 24. Juni 2020, 10.41 Uhr