Mannheim

Ukrainische Stadt Czernowitz wird zwölfte Partnerstadt

Der Gemeinderat stimmte dem bei einer Sondersitzung am Dienstagabend einstimmig zu.

05.04.2022 UPDATE: 06.04.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
„Das Gute wird das Böse besiegen“: Der Czernowitzer Bürgermeister Roman Klischuk sprach per Videoschalte zur Mannheimer Verwaltungsspitze (unten) und den Stadträten. Foto: vaf

Von Alexander Albrecht

Mannheim. In Zeiten des Krieges hält der Gemeinderat zusammen und sendet bei einer Sondersitzung am Dienstagabend ohne Gegenstimme ein starkes Signal der Solidarität und Hilfsbereitschaft in die Ukraine: Czernowitz wird die zwölfte Partnerstadt Mannheims. Die Metropole nahe der Grenze zu Rumänien hat 265.000 Einwohner – und aktuell rund 50.000 Geflüchtete aus dem eigenen Land aufgenommen. Ein riesiger Kraftakt.

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Der Czernowitzer Bürgermeister Roman Klischuk spricht per Live-Videoschalte zu den Stadträten. "Der Krieg kam ganz plötzlich in jede ukrainische Familie und in jedes ukrainische Haus", sagt er mit ernster Miene. Hunderte Zivilisten seien seit Beginn von Putins Invasion bereits zu Tode gekommen, das Massaker von Butscha am Wochenende müsse man als "Völkermord" bezeichnen. Aktuell lebten die Menschen in Czernowitz in Sicherheit – "auch wenn wir jeden Tag die Sirenen heulen hören", so Klischuk. Die Stadt ist von Angriffen und Kampfhandlungen bisher verschont geblieben, aber auf andere Weise massiv vom Krieg betroffen. "In den ersten zwei Wochen sind Hunderttausende Binnenflüchtlinge auf dem Weg ins Ausland durch Czernowitz gezogen", erinnert sich der Bürgermeister. "Es war schrecklich, das mit anzusehen."

Wer es nicht weiter schafft, bleibt. Rund 50.000 geflohene Landsleute beherbergt die Stadt derzeit: in Wohnungen, Wohnheimen, Hotels, Schulen, Kindergärten und Hallen. "Eine enorme Belastung", sagt Klischuk und bedankt sich für die "überwältigende Hilfe" aus der Kurpfalz. Er hoffe, dass den Mannheimern nie das Leid seines Volkes widerfahre. Seinen Optimismus hat der Bürgermeister noch nicht verloren. "Das Gute wird das Böse besiegen", ruft er dem applaudierenden Gemeinderat zu.

Mannheim ist bereits mit zwei osteuropäischen Kommunen verpartnert, die ebenfalls sehr viele Geflüchtete aufgenommen haben: Bydgoszcz in Polen und die moldawische Hauptstadt Chisinau. Mit Czernowitz bestand bislang eine Kooperation. So arbeiteten die Städte 2020 bis 2021 im Kampf gegen die Pandemie beim Projekt "Together against Covid-19" zusammen. Auf diesem Fundament lässt sich aufbauen.

Der Gemeinderat bringt neben der Städtepartnerschaft Hilfsleistungen in Höhe von einer Million Euro – das sind laut Verwaltungsvorlage 0,06 Prozent des Jahreshaushalts – für Czernowitz, Chisinau und Bydgoszcz auf den Weg. Die Verwaltung hat dafür viele Möglichkeiten der Unterstützung im Auge. Das können Zahlungen an humanitäre Organisationen sein, die das Geld in den drei Städten verteilen. Es können auch finanzielle Mittel direkt an kommunale Unternehmen der kritischen Infrastruktur oder Wohnungsbaugesellschaften fließen. Oder es werden klassische Hilfslieferungen mit Nahrung, Medikamenten oder Notstromaggregaten organisiert und bezahlt.

Oberbürgermeister Peter Kurz erklärt zu Beginn der Sitzung, man habe sich im 21. Jahrhundert weder einen Krieg auf europäischem Boden vorstellen können noch dessen imperialen Charakter. "Wir müssen zutiefst dankbar sein für den Widerstand der Menschen in der Ukraine", sagt der SPD-Politiker. Mit der Partnerschaft und vor allem den Geldern könne, so das Ziel der Stadt, ein Teil der Not gelindert werden.

Ort des Geschehens

Kurz wünscht seinem Amtskollegen, dass Czernowitz weiterhin nicht ins Visier russischer Angriffe gerät und möglichst bald wieder Frieden herrscht. "Dann können wir uns unmittelbar begegnen", so Kurz unter lang anhaltendem Beifall an die Adresse Klischuks. Bei dem Treffen soll auch die Partnerschaft endgültig besiegelt werden, die mit der – zurzeit nicht möglichen – Unterzeichnung des Vertrags in Kraft tritt.

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