Überraschende Funde in der Sternwarte
Bei Sanierung ist eine Camera Obscura aufgetaucht. Die Rostschäden machen alles teurer.

Bei der Sanierung der Alten Sternwarte gab es schon jetzt Überraschungen:. "Es sind zwei unerwartete, bauhistorische Funde aufgetaucht," berichtete Finanzdezernent Christian Specht gestern bei der Begehung der Baustelle. Sie kamen zum Vorschein, als das Dach der Alten Sternwarte geöffnet wurde. Denn auf der Dachplattform kamen Reste einer kreisrunden Sandsteinoberfläche mit einem runden Stein in der Mitte zutage. Die Restauratoren vermuten darin die Überbleibsel einer Beobachtungsstation der Barockzeit.
Ferner entdeckten die Arbeiter ein Fundament aus Backsteinen, das in der Zeit zwischen den Weltkriegen eine "Camera Obscura" getragen haben könnte. Ein Gebilde, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine beliebte Attraktion gewesen sei. Hinter der Bezeichnung verbirgt sich ein winziges Loch in der Wand eines abgedunkelten Häuschens. Über diese Öffnung wurde ein Bild der Umgebung ins Innere projiziert. Ähnliche Lochkameras findet man heute noch unter anderem im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt.
"Die Funde werden derzeit noch von Experten untersucht", so Specht, der allerdings auch eine schlechte Nachricht parat hielt. So genannte Distanzhalter sind der Kern des Übels, der den Restauratoren zu schaffen macht. "Beim Mauern der Sandsteine hat man es damals wohl sehr gut gemeint und anstelle von Schieferstücken Eisenstücke als Distanzhalter verwendet", erklärte Restaurator Roger Thamm. Das Problem dabei ist die Korrosion. Dabei dehnen sich die Eisenstücke derart aus, dass sie die aufeinander liegenden Steine förmlich anheben, teilweise um das Zweieinhalbfache der einstigen Dicke der Distanzhalter. Das Ergebnis: Druckrisse und Abplatzungen. Die eisernen Distanzhalter müssten nun aufwendig entfernt werden, so Thamm weiter.
Aber sie sind nicht die einzigen Übeltäter, die für böse Überraschungen gesorgt haben. Auch die Maueranker, die dazu da sind, dass das Gebäude quasi nicht auseinander driftet, seien laut Thamm stark verrostet. Diese werden nun mit modernen Edelstahlankern ergänzt. Zudem berichtete der Restaurator von Rissen in tragenden Balkonkonsolen, von verrosteten Geländern, von rissigem Mörtel oder von teils sehr wackeligen Brocken in der Fassade. "Es war also höchste Zeit, die Sanierung anzugehen", meinte er abschließend.
Dennoch blickte Bürgermeister Specht positiv in die Sanierungszukunft: "Es sieht alles ganz gut aus. Wahrscheinlich können wir die Arbeiten an der Außenfassade wie geplant Anfang 2014 abschließen." Rund eine Million Euro seien dafür eingeplant, die sich das Land Baden-Württemberg (470.000 Euro), die Stadt Mannheim (300.000 Euro) und das "Aktionsbündnis Alte Sternwarte" sowie der Verein Stadtbild Mannheim (230.000 Euro) teilen. Allerdings steht bereits der zweite Bauabschnitt an. Denn auch das Innere der Alten Sternwarte muss dringend saniert werden, wofür weitere 700.000 Euro vonnöten sind. Dabei werden Installationen, Türen und Fenster erneuert.
Die Alte Sternwarte zählt zu den ältesten noch existierenden Bauwerken Mannheims. Erbaut wurde sie in den Jahren 1772 bis 1774 nach den Plänen von J. C. Lachner im barocken Stil. Auf Anregung des Astronomen Christian Mayer hin stimmte Kurfürst Carl Theodor damals dem Neubau zu. Das Gebäude wurde nach seiner Fertigstellung durch Mayer und seine Nachfolger bis 1880 als Sternwarte genutzt. Bekannte Gäste waren unter anderem Wolfgang Amadeus Mozart oder Thomas Jefferson, die sich seinerzeit sogar ins Gästebuch eingetragen haben. Seit 1945 werden die fünf Geschosse der Sternwarte von Mannheimer Künstlern als Ateliers genutzt, teilweise heute noch.



