Schluss mit der Angeberei: Polizei geht gegen "Poser" vor

In den vergangenen zwei Wochen hat die Polizei 22 Autos und 3 Motorräder aus dem Verkehr gezogen - Weitere Kontrollen geplant

15.08.2016 UPDATE: 16.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

"Schaufahren" durch die Innenstadt. Dieser Fahrer eines aufgemotzten BMW erhält von den Passanten nur ein müdes Lächeln. Foto: Gerold

Von Julie Dutkowski

Mannheim. Sie sind meist jung, männlich und wollen zeigen, was sie unter der Haube haben. Mit speziell aufgemotzten Autos kurven sie durch Mannheims Straßen, lassen am Luisenring den Motor aufheulen, fahren mit röhrendem Auspuff durch die Bismarckstraße, knattern mit ihren Motorrädern vorbei an den Cafés in der Kunststraße oder zeigen am Wasserturm, dass ihr Rennbolide selbst im Stand mächtig brummen kann.

Diese Angeber, auch "Poser" genannt, sorgen seit Wochen wieder für Ärger bei Passanten und Anwohnern. Die Mannheimer Polizei will nun wieder verstärkt gegen diese Lärmbelästigung vorgehen. Wie, das stellte sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Stadtverwaltung vor.

Unnützes Hin- und Herfahren innerhalb Ortschaften ist laut Straßenverkehrsordnung (StVO) eigentlich ohnehin schon verboten, sofern es Anwohner belästigt. Reicht das nicht? Das "Gehabe" zu unterbinden, sei gar nicht so einfach, wie Erster Bürgermeister Christian Specht erklärte. "Manche der Boliden kosten deutlich über 200.000 Euro. Da schmerzen zehn bis 20 Euro Bußgeld nicht", erklärte dazu Dieter Schäfer, Direktor der Mannheimer Verkehrspolizei.

Darum hat sich die Polizei andere Möglichkeiten überlegt, gegen die "Poser" vorzugehen. In einer groß angelegten Kontrolle, die vor zwei Wochen begonnen hat, haben die Beamten bereits 22 Autos und drei Motorräder aus dem Verkehr gezogen und angezeigt. Durch das Umrüsten der Fahrzeuge war deren Betriebserlaubnis erloschen. Für die Halter entstehen damit Kosten in Höhe von mindestens 1000 Euro, die unter anderem für Gutachten, Rückbau des Tunings, Bußgeld oder eine spätere neue Zulassung anfallen. Der Rückbau einer Auspuffanlage kann in manchen Fällen sogar bis zu 10.000 Euro kosten.

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Auch die Mithilfe der geplagten Anwohner und Passanten ist gefragt, appellierte Specht. 216 Hinweisen aus der Bevölkerung sind die Beamten bereits nachgegangen. 65 E-Mails sind eingegangen, 144 Fahrzeuge wurden identifiziert, 34 davon fielen mehrfach auf. Rund die Hälfte dieser "Poser" hatten Mannheimer Zulassung, der Rest kam von auswärts. Bei den Fahrern handele es sich zum Großteil um "junge Männer mit südosteuropäischem Migrationshintergrund", wie Schäfer sagte.

Zudem soll eine "Gelbe Karte" als Abschreckung dienen. Anhand des Kennzeichens ermittelt die Polizei die Adresse des Autohalters und verschickt Postkarten mit der Aufforderung "STOP Posing". In einem Schreiben wird er aufgefordert, dies künftig zu unterlassen.

Unter den aufgerüsteten Autos befanden sich laut Schäfer viele ältere Modelle, aber auch Limousinen hochpreisiger Automarken oder Rennboliden wie Ferrari oder Lamborghini. Erwischt hat die Polizei beispielsweise einen BMW M5 mit vier Auspuffrohren. "Wenn die aufheulen, tut’s richtig weh", erklärte Verkehrspolizist Schäfer. Die Schmerzgrenze für Körperverletzungen liege bei 120 Dezibel. Beim BMW waren es 124 Dezibel. "Ab 125 Dezibel kann das Trommelfell platzen."

In einem Audi A8 wiederum befand sich ein Active Sound Booster. Dieser leitet ein verstärkendes Rohr zum Auspuff. "Das klingt dann wie ein aggressiver Ferrari", erklärte Schäfer. Das Problem: Eingebaut hat ihn der Hersteller. Ganz legal. Dennoch: Die Sonderausstattung ist nicht im Straßenverkehr erlaubt.

Wogegen die Polizei allerdings nur schwer vorgehen könne, seien Sportwagen wie Ferrari oder Lamborghini. "Die haben eine immense Lobby", so Schäfer. Das Startgeräusch eines Ferrari etwa sei mit 117 Dezibel so laut wie ein Düsenjet. Sogenannte Auspuffklappen in Sportwagen werden sogar nach europäischer Norm vom TÜV eingetragen. Zum Vergleich: Der Grenzwert für Fahrzeuge liegt laut TÜV Nord bei 74 Dezibel im dritten Gang.

250 Unterschriften hat Specht gestern von Anwohnern entgegengenommen. Ihnen reicht es. Tatsächlich haben die Kontrollen der vergangenen Wochen aber schon Wirkung gezeigt, wie ein anwesender Bewohner erzählt. "Die Aufenthalts- und Wohnqualität in der Innenstadt darf nicht unter rücksichtslosem Autolärm leiden", sagte Specht. Und die Polizei kündigte an, die Aktion zu wiederholen. Auch Platzverweise unter Androhung von Zwangsgeld sollen ausgesprochen werden. Bis Ende September soll es weitere Kontrollen geben. "Wir bleiben dran", versprach Schäfer.

Info: Wer mithelfen möchte, kann Verstöße an mannheim.vd@polizei.bwl.de melden. Möglichst mit Nennung von Kennzeichen, Ort und Uhrzeit.

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