Polizei und Ordnungsamt wollen Sperrzeiten mehr kontrollieren
Gesundheitsamtsleiter appelliert trotz sinkender Infektionszahlen zur Vorsicht. Nächste Impfaktion findet im Jungbusch statt.

Von Olivia Kaiser
Mannheim. Mit einer stabilen Inzidenz von unter 20 startet Mannheim in die erste Hitzewelle. Doch trotz sinkender Infektionszahlen und immer mehr Zweitgeimpften dürfe man "jetzt nicht übermütig werden", warnte Peter Schäfer, der Leiter des Gesundheitsamts, am Donnerstag im Hauptausschuss auf die Frage, ob er schon einschätzen könne, wann die Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen fallen könnte. "Wir sind noch mitten im Pandemiegeschehen und erst seit einer Woche bei einer Inzidenz von unter 35", sagte er und gab zu bedenken, dass man zudem noch nicht wisse, wie sich die weitgehenden Lockerungen auf das Infektionsgeschehen auswirkten.
Ein wenig Sorge macht Oberbürgermeister Peter Kurz das Partygeschehen: "Es gibt keine Ausnahmen für EM-Veranstaltungen", stellte er klar. Für die Partyhochburgen Jungbusch und Neckarwiese gilt freitags und samstags zwischen 23 und 6 Uhr ein Alkoholkonsum und -verkaufsverbot. Am vergangenen Wochenende hatte es im Jungbusch aufgrund lautstark feiernder Menschen zahlreiche Anwohnerbeschwerden gegeben. Polizei und Ordnungsdienst wollen jetzt den Kontrolldruck nach Mitternacht erhöhen, auch was Sperrzeiten angeht. Kurz setzt zur Entlastung auch auf Ersatzveranstaltungen wie den Nachtmarkt (siehe Artikel unten). Dass junge Leute sich auf Freiflächen wie der Neckarwiese treffen, lasse sich jedoch nicht unterbinden.
Aber es gibt auch Grund zur Freude: Vorsichtig optimistisch war Schäfer, als er die aktuellen Zahlen vorstellte. Derzeit gibt es in der Stadt 244 Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind – inklusive der zehn Neuinfektionen vom Donnerstag. 18 Covid-19-Patienten werden stationär in einem der drei Krankenhäuser behandelt, sechs von ihnen auf einer Intensivstation. Die Inzidenz liegt bei 15,9. Aktuell gibt es sechs Ausbruchsherde: drei Cluster im betrieblichen, zwei im familiären Bereich und einen Ausbruch in einer medizinischen Einrichtung. "Wir haben derzeit kein Cluster in Schule oder Kita", so Schäfer.
In der Woche vom 31. März bis 6. Juni fanden im Stadtgebiet 130.000 Schnelltests statt. Circa 16 Prozent der getesteten Personen waren auch nach einem PCR-Test positiv. Man könne sagen, dass circa ein Sechstel des Infektionsgeschehens über die Schnelltestungen erkannt werde – ein wertvoller Baustein in der Pandemieeindämmung. Wenn das Gesundheitsamt Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei den Schnelltestzentren bekomme, werde dem nachgegangen, betonte dessen Leiter. Generell kontrolliert ein externer vom Land beauftragter Dritter die Testzentren. "Wir als Gesundheitsamt sind aber für die Hygienekontrolle zuständig, und da haben wir auch ein Auge drauf." Aufgrund eines Kundenhinweises sei es zu einer Entlassung in einem Testzentrum gekommen.
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"Wenn wir die Holzhammer-Methode, also Schließungen im Herbst, vermeiden und die Pandemie unter Kontrolle halten wollen, dann muss weiterhin in den Betrieben sowie in Schulen und Kitas getestet werden", betonte Kurz. Ebenso wichtig sei die Kontaktnachverfolgung. Zudem müsse man genau hinschauen, wenn bereits Anfang August die ersten Urlauber wieder zurückkehren.
Etwas schleppend geht es im Impfzentrum voran. Dort erhalten zwar laut Peter Kurz etwa 1800 Menschen pro Tag eine Injektion, allerdings handle es sich fast nur um Zweitimpfungen. Noch sei unklar, wie es mit dem Impfzentrum und den mobilen Teams nach dem 15. August weiter geht. Derzeit laufen die Verhandlungen mit der Landesregierung.
Einen Erfolg sieht der Rathauschef in den dezentralen Impfaktionen in den Stadtteilen: "Mit 11.749 Impfungen haben wir unsere Quote um drei Prozent erhöht." Aktuell findet eine Kampagne im Stadtteil Rheinau statt. Dort kommt unter anderem der Impfbus der RNV zum Einsatz. In der kommenden Woche ist der Jungbusch an der Reihe. Man habe weitere Stadtteile im Visier, doch alles hänge von den Impfstofflieferungen ab, betonte Kurz.
SPD-Stadtrat Thorsten Riehle erklärte, dass man mit den dezentralen Aktionen viele Bürger erreiche, es aber auch in sich geschlossene Gruppen gebe, in die nur schwer vorzudringen sei. "Das sind Leute, die verunsichert sind, weil sie nicht wissen, was genau passiert", so Riehle. Einer weiteren Werbekampagne stand der OB jedoch skeptisch gegenüber. Ob das helfe, sei fraglich: "Wir haben festgestellt, dass eine direkte Ansprache am wirksamsten ist." Oft ließen sich besorgte Menschen impfen, wenn eine Vertrauensperson sich habe impfen lassen und dann davon berichte.



