Mannheim

Musik für die Vergessenen Griechenlands

Bei einem Benefizkonzert im Eintanzhaus kamen 4500 Euro für in Griechenland gestrandete Geflüchtete zusammen

14.10.2018 UPDATE: 15.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden

Etwa 200 Zuhörer lauschten Markus Sprengler (r.), der neben vielen weiteren Künstlern in der ehemaligen Trinitatiskirche auftrat. Foto: vaf

Von Andrea Döring

Mannheim. Kalter Wind bläst bald durch die Flüchtlingslager der Ägäis, der Winter steht bevor: Um das Elend der Geflüchteten zu lindern, gaben fast 20 bekannte Musiker aus der Rhein-Neckar-Region am Samstag ein Benefizkonzert im Mannheimer Eintanzhaus in der ehemaligen Trinitatiskirche. Ungefähr 200 Zuhörer waren zu der Veranstaltung gekommen, die "Save Me", das Diakonische Werk und "Mannheim sagt Ja!" organisiert hatten. Mit den drei Gastgebern hatten sich Mannheimer Akteure zusammengeschlossen, die zu Solidarität und humanitärer Hilfe für die Lager auf den griechischen Inseln aufrufen. Das mitreißende Konzert bildete den Auftakt einer Kampagne zum Spendensammeln.

"Herbstblues" war der erste Song des Kabarettisten Arnim Töpel, der wie die anderen Musiker ohne Bezahlung auftrat. Für den bevorstehenden Winter benötigen die Menschen nicht nur Medikamente, Schlafsäcke, wetterfeste Zelte, und Winterkleidung. Die rund 20.000 Geflüchteten, die monate-, teilweise jahrelang in Lagern ausharren, die für 6400 Menschen ausgerichtet sind, brauchen auch Hoffnung. "Wir wurden hier abgestellt, wir wurden vergessen, die ganze Welt hat uns vergessen", zitierte Anette Frener von SAMHI, der Samoshilfe aus Mannheim, einen namenlosen Geflüchteten zwischen den Auftritten.

"Die Geste der Hilfsbereitschaft ist oft wichtiger als das, was an Geld reinkommt", meinte Schlagzeuger Erwin Ditzner, der mit Alexandra Lehmler am Saxofon, Matthias Debus am Bass und Laurent Leroi (Akkordeon) auftrat. Der Abend zeigte, dass Mannheim und die Rhein-Neckar-Region durchaus beides bieten wollen. Die Spenden gelangen über SAMHI und den Münchener Verein Heimatstern direkt zu den Geflüchteten.

"Unsere Heimat ist schee, aber das gilt auch für die aufrechten Menschen, die zu uns kommen", sang Joana. Das alte, sehr ironische Lied ist eine der politischen Botschaften, die auch Künstler wie Adax Dörsam, Bernd Köhler und Joachim Romeis musikalisch und mit Worten engagiert vertraten. Mannheimer Urgesteine waren ebenso dabei wie Künstler aus aller Welt. Auch Markus Sprengler, Fallou Mboge, Brahima Diabaté, Duavel Cesar Acosta, Peter Kassner von Open Word Stage überzeugten das Publikum.

Kurz vor ihrem eigentlichen Konzert bei der Orientalischen Musikakademie Mannheim eröffneten Ross Daly, Yurdal Tokcan und Muhittin Kemal das Konzert. "Wir wollen auch unseren Beitrag leisten", sagte Ali Insan, mit 14 der jüngste der Musiker. Der Künstler mit kurdischen Wurzeln verzauberte die begeisterten Zuhörer mit seiner glasklaren Stimme und seinem gefühlvollen Geigenspiel. Sein Vater Hüseyin und sein Lehrer Akin Demircioglu begleiteten ihn.

"Weil es mir wichtig ist, zu tun, was ich kann, um Menschen in Not zu unterstützen", sagte auch Alexandra Lehmler, eine der wenigen Frauen auf der Bühne, über ihr Engagement. Auf die besonders schwere Lage von Frauen auf der Flucht wies Matthias Weber vom Diakonischen Werk hin. "Im Frauenhaus auf Samos können Frauen in geschützter Atmosphäre duschen", sagte er bei seinem Vortrag über die Lage der Menschen in den Lagern. Und: In Griechenland wie auch in anderen Ländern seien viele Menschen bereit, unentgeltlich zu helfen.

"Hörst du nicht, spürst du nicht, wie sie nach gestern gieren", machte Joana auch den Vormarsch der Populisten in vielen Ländern zum Thema. Wie sie nahmen viele Musiker an diesem Abend mit überzeugenden Argumenten Stellung. Egal, ob links oder rechts: Auf die Frage, wer angesichts des Elends der Geflüchteten in den griechischen Lagern helfen soll, gab Matthias Weber einen Tipp: "Schauen Sie in den Spiegel!" Die Zuhörer haben das beherzigt. Fast 4500 Euro kamen im Eintanzhaus zusammen.

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