Mannheimer Baustelle in T4/T5: Zeugnisse der Vergangenheit freigelegt

Bei Vorarbeiten zur Neubebauung der Quadrate T 4/T 5 wurden Reste der Festungsmauer und Fundamente von Wohnhäusern aus dem 18. Jahrhundert freigelegt

10.02.2016 UPDATE: 11.02.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Ausgrabungsleiter Dr. Klaus Wirth von den Reiss-Engelhorn-Museen vor der Grabungsstelle in T 4. Im Hintergrund freigelegte Hausfundamente aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Foto: vaf

Von Gerhard Bühler

Seit 2012 liegen die Innenstadtquadrate T 4 und T 5 der ehemaligen Sickingerschule brach. In einer weiteren Informationsveranstaltung stellten die Stadtverantwortlichen nun den Bürgern den aktuellen Stand der Planungen vor. Im April will die städtische GBG mit dem Bau von Wohnungen und einem Kinderhaus auf T 4 starten, im Spätsommer ein Privatinvestor mit einem großen Wohnbauprojekt im Bereich T 5 folgen. Bis dahin gehört das Gelände den Archäologen. Freigelegt wurden mittlerweile Reste der einstigen Festung und von Häusern des 18. Jahrhunderts.

Die für T 4/T 5 vorgesehene Neubebauung, in deren Planung auch die Bürger mit einbezogen wurden, befinde sich auf gutem Weg, wie die anwesenden Bürgermeister Christian Specht (CDU) und Lothar Quast (SPD) deutlich machten. Sowohl zur städtebaulichen Gestaltung der beiden Quadrate wie zur konkreten künftigen Bebauung hatte die Stadt Architektenwettbewerbe durchgeführt.

Auf dem etwa 10 000 Quadratmeter großen Areal der ehemaligen Sickingerschule entstehen über 200 Miet- und Eigentumswohnungen aller Größen. Die GBG wird auf T 4 neben Wohnungen ein städtisches Kinderhaus errichten. Daneben entsteht ein neuer öffentlicher Platz. Auf T 5 will das Unternehmen Pfeil Projektentwicklung aus Walldorf mit zehn verschiedenen Haustypen hochwertigen Wohnraum schaffen. Innenhöfe und Dächer sollen begrünt werden.

Seit einiger Zeit sind die Archäologen der Reiss-Engelhorn-Museen (rem) damit beschäftigt, den im Boden verborgenen Zeugnissen der Vergangenheit nachzuspüren. Wie bereits zuvor erwartet, stieß man auf Reste der einstigen Festung Mannheim. Freigelegt wurde in mehreren Metern Tiefe eine etwa 2,70 Meter breite Sandsteinmauer. "Zwei dieser mächtigen, parallel verlaufenden Mauern bildeten die Einfassung eines dazwischen aufgehäuften, riesigen Erdwalls", erläutert Grabungsleiter Dr. Klaus Wirth von der rem-Abteilung Archäologische Denkmalpflege. Dieser Wallabschnitt zwischen zwei "Bastionen" wird vom Fachmann "Courtine" genannt.

Gefunden wurde eine gut erhaltene Straße mit Pflasterung und Randsteinen, ihre Entstehungszeit schätzt Wirth auf etwa 1880. Die "Kleine Wallgasse", so ihr Name, verlief diagonal durch T 4 und folgte dem Verlauf des Festungswalls. Nicht weit wurden Kellerfundamente von sechs Wohnhäusern freigelegt. "Reste der frühesten Bebauung datieren wohl um 1725", meint Wirth. Unter den Kellerfundamenten befinden sich Auffüllschichten aus Bauschutt und Asche. "Nach dem Ende es Pfälzischen Erbfolgekriegs 1689 wurde mit dem Schutt der zerstörten Stadt das bis dahin morastige Gelände aufgefüllt, um neues Bauland zu gewinnen", erläutert der Archäologe.

Aus dieser Schicht stammen auch die bisher gemachten Funde, vor allem Gefäßscherben des 17. und 18. Jahrhunderts. Darunter waren Importwaren wie Fayencen vom Maingebiet und Steinzeug aus dem Westerwald.

Bis März wird hier noch genau vermessen, fotografiert und vor allem nach barocken Gegenständen gegraben. Danach geht es nach ersten Baggerarbeiten auf T 5 weiter. Erwartet wird die Fortsetzung der Festungsmauern der "Courtine". Unklar ist, wo genau in T 6/U 6 sich die nächste "Bastion" anschließt. "Wir können hier dem verschütteten Gedächtnis der Stadt nachspüren", freut sich Wirth und ist gespannt, was in T 5 zutage treten wird. Mit Infotafeln soll auch die interessierte Öffentlichkeit über den Stand der archäologischen Arbeiten informiert werden. Ferner sind Führungen über die Grabungsstelle geplant.

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