Mannheim: CDU-Abgeordnete inspizieren "Problem-Immobilien"

Quartiermanager Gabriel Höfle zeigte CDU-Abgeordneten die verwahrlosten Häuser in der Neckarstadt-West. Ein Wohnungsaufsichtsgesetz könnte die Lösung sein.

15.01.2015 UPDATE: 15.01.2015 05:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Quartiermanager Gabriel Höfle (4.v.r.) beim Spaziergang durch die Neckarstadt-West. Foto: Gerold
Von Julie Dutkowski

An einem schönen Sommertag kann es am Neumarkt im Multikultiviertel Neckarstadt-West richtig voll werden. 20.000 Menschen aus über 100 Nationalitäten leben hier. Sie strömen dann aus ihren Häusern auf den einzigen zentralen Platz in ihrem Viertel. "Sie wollen raus aus ihren teils stark verschimmelten Wohnungen und die frische Luft genießen", erzählt Gabriel Höfle. Der Quartiermanager führt eine Gruppe CDU-Abgeordneter durch sein Viertel. Sie sind im Rahmen der Fraktionsklausur in Mannheim und wollen sich ein Bild von der Lage machen.

Etwa 40 bis 50 sogenannte Problemimmobilien gibt es noch in Mannheim, erklärt Peter Albrecht, Polizeirevierleiter der Neckarstadt. Bis vor ein paar Jahren waren es so viele allein in der Neckarstadt. Vor allem Bulgaren wohnen in solchen Immobilien. In Mannheim leben insgesamt rund 8300 Menschen aus Bulgarien und Rumänien - plus Dunkelziffer. Oft sind sie vor bitterer Armut in ihren Heimatländern geflohen.

Höfle zeigt den Besuchern ein leer stehendes Haus, das gerade saniert wird. "Hier wurden Matratzen schichtweise vermietet", erzählt Revierleiter Albrecht. War einer bei der Arbeit, habe sich der andere schlafen gelegt - und anders herum. "Und bei jedem hat der Vermieter 150 Euro bar kassiert." Der Quartiermanager macht auch Werbung für seinen Stadtteil, der sich "im Aufbruch" befinde. So ziehe das Kulturfest "Lichtmeile" seit rund sechs Jahren Tausende Menschen an. "Hier leben viele Kreative." Trotz des Lichtblicks entwickle sich derzeit aber ein kriminelles Niveau, dem er als Quartiermanager allein nicht mehr Herr werden könne.

Weiter geht es in die Elfenstraße. Zu Höfles erster Problemimmobilie als Quartiermanager. Dort haben im Jahr 2007 in einem Hinterhaus über 100 Bulgaren in prekärsten Verhältnissen gehaust. Mehr als 20 Quadratmeter seien komplett verschimmelt gewesen. "Der Dreck auf dem Boden lag zentimeterhoch." In der Wohnung habe er einen Vater angetroffen, der seinem Kind Taschentücher in die Ohren gesteckt hatte. Er wollte so verhindern, dass dem Kind beim Schlafen Kakerlaken ins Ohr krabbeln, erzählt Höfle. Der Vermieter sei ein Mittelständler aus einer renommierten Mannheimer Familie gewesen. Er habe zum Aufschwung der Stadt beitragen wollen, wie er später erklärte. Die Miete hat er bar kassiert, an der Steuer vorbei. Als er einmal die Bewohner nicht antraf, weil sie über Weihnachten in Bulgarien waren, habe er sofort das Schloss ausgetauscht.

Bernhard Lasotta, der integrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, zeigt sich im Anschluss an den Rundgang bestürzt. "Ich könnte nachts nicht schlafen, wenn ich solche Wohnungen vermieten würde", sagt er. "Wo bleibt das Gewissen der Vermieter?" Ein Wohnungsaufsichtsgesetz, das es in Hessen etwa schon gebe, könne Abhilfe schaffen, so Lasotta. "Bei konkreten Hinweisen hätte man dann eine Handhabe." Bislang gebe es nur über das Baurecht Möglichkeiten, einzugreifen. "Wenn das Dach bis über die Straße hängt, kann man reingehen."

Höfle ist es wichtig, dass sich Politiker "egal welcher Couleur" ein Bild vor Ort machen. Er erhofft sich "endlich Ergebnisse in der Politik, die nicht nur die Kommunen, sondern auch die betroffenen Quartierleiter handlungsfähiger machen". Er fordert neben dem Gesetz auch sozial begleitende Maßnahmen. "Da ist bislang aktiv nichts passiert."

Albrecht appelliert daran, genau hinzuschauen und mögliche Problemimmobilien zu melden. Er erinnert an die Brandkatastrophe in der Innenstadt vor einem Jahr, bei der drei bulgarische Kinder ums Leben kamen. Ursache war ein Defekt in einer Stromleitung. "Uns dürfen nicht noch mal drei Kinder verbrennen."

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