Das hat der neue Nachtbürgermeister vor
Nachtbürgermeister Robert Gaa will die "Szene" gerade in Corona-Zeiten stärken - Idee: Freiflächen für spontane Events

Von Manfred Ofer
Mannheim. Dass Mannheim für Freunde der Nachtkultur ein gutes Pflaster ist, hat sich längst herumgesprochen. In dieser Hinsicht sei die Metropole zwischen Rhein und Neckar so etwas wie "die Kleine unter den Großen", findet Robert Gaa bei einem Gespräch im angesagten Ausgehviertel Jungbusch. Der 30-Jährige weiß, wovon er spricht. Seit August bekleidet er das Amt des Nachtbürgermeisters. Und als solchem ist ihm die Stärkung der lokalen Kulturszene ein Bedürfnis.
"Den Gedanken, mich für das Amt zu bewerben, hatte ich schon länger", sagt Gaa, während er in seinem Kaffee rührt. Der werde hier besonders gut gemacht, meint er und blinzelt in die Sonne. "Wenn erst mal der Herbst da ist und sich das Nachtleben mehr ins Innere verlagert, werden viele Gastronomen vor neuen Herausforderungen stehen", glaubt Gaa. Noch sei das Sitzen im Freien kein Thema, doch was danach kommen könnte, bereite vielen Betreibern in Zeiten von Corona Sorgen. Gaa bemüht sich stets, ein offenes Ohr für deren Anliegen zu haben.
Neben den Interessen der Gastronomen sind das auch die der Nachtschwärmer. Die kämen in jüngster Zeit auch von weiter her verstärkt in den Jungbusch, der sich bei ihnen als Partymeile einen Namen gemacht hat. Spätestens da kommen für Gaa auch die Wünsche der Anwohner ins Spiel, die natürlich ein Recht auf ihre Ruhe hätten. Es sei eine Gratwanderung, zwischen den unterschiedlichen Interessen zu vermitteln. Doch das Engagement lohne sich, davon ist der Nachtbürgermeister überzeugt.
Der Grund, weshalb er sich für den Job beworben habe, sei mit seinem Wunsch verknüpft, etwas Nachhaltiges für das kulturelle Leben in der Stadt zu schaffen. Seine Stelle war im Frühjahr von Startup Mannheim – inzwischen Next Mannheim – ausgeschrieben worden. Die damit verbundenen Themen hätten ihn, der unter anderem schon als DJ gearbeitet hat, sofort angesprochen. Also versuchte er spontan sein Glück – und wurde genommen. Im August beerbte er seinen Vorgänger Hendrik Meyer als Nachtbürgermeister.
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Er wolle als Mittler zwischen den Protagonisten der Nachtkultur und der Stadt fungieren und dabei das Beste für alle erreichen. Unter anderem möchte er die erfolgreichen Projekte seines Vorgängers weiterführen. Dazu gehören zum Beispiel das Konzept der "netten Toilette", das im Ausgehviertel die Nutzung von Pissoirs in Restaurants und Bars auch ohne Konsumzwang ermöglicht, die Pfandkisten-Stationen als Ausdruck der Solidarität mit sozial Bedürftigen und die Fortsetzung der internationalen "Nachtökonomie-Konferenz" in Mannheim.
Auf die Frage, was für Projekte ihm mit Blick auf seine Amtszeit am Herzen lägen, spricht Gaa unter anderem von Freiflächen, die für spontane Events geschafft werden sollen. Solche Areale könnten von der Stadt unter bestimmten Auflagen genehmigt werden, darunter falle etwa ein nicht-kommerzieller Charakter der Veranstaltungen. Hinzu kämen die Verfügbarkeit von sanitären Anlagen, das Erstellen eines Gefahrengutachtens und die Wahrung der Anwohnerinteressen. Intelligent und empathisch umgesetzt, könnte man so viel mehr Menschen die Chance geben, das kulturelle Leben in ihrer Stadt aktiv mitzugestalten, Künstlern eine Plattform geben und durch die Auftritte auch das Sterben von Clubs verhindern.
Pragmatisch gesehen, biete die Stärkung der lokalen Szene auch ökonomische Vorteile. "Junge Fachkräfte ziehen bevorzugt in Städte, in denen sie ein breites kulturelles Angebot finden", sagt Gaa. Darin sehe er viele Chancen. Mannheim, das im bundesweiten Vergleich einen Platz im oberen Drittel bei jungen Start-ups einnehme, könne von so einer Dynamik sicherlich profitieren.
Auch einen "Lärmschutzfonds" hält Gaa für sinnvoll. Aus dem besagten Topf könnten Gastronomen in ihren Schallschutz investieren, was mitunter eine sehr teure Angelegenheit sei. Die Finanzierung könne zum Beispiel über ein Kulturförderprogramm erfolgen. Voraussetzung dafür sei die Anerkennung von Musikclubs als Kulturstätten.
"Wenn ich überlege, wie viele Arbeitsplätze in der Veranstaltungsbranche zu finden sind, macht das doch Sinn, die Ansiedelung neuer Musikclubs und damit die Kultur in der Stadt zu fördern", spinnt der Nachtbürgermeister den Gedanken weiter. Bei seinem Engagement treibt ihn vor allem auch immer wieder die Frage an, wem eigentlich die Stadt gehöre? "Für mich sind das die Menschen, die hier leben", lautet seine Antwort.
Aus diesem Grund sei es ja auch so wichtig, mehr Beteiligungschancen zu schaffen. "Mannheim hat als eine vergleichsweise kleine Großstadt so viel Kultur zu bieten", sagt Gaa auch mit Blick auf Institutionen wie zum Beispiel die Popakademie, die vielen Festivals und eine pulsierende Künstlerszene. Das alles sei es wert, gefördert zu werden. Dafür will er sich in den zwei Jahren seiner Amtszeit verwenden.



