Der Radschnellweg ist schon "erlebbar"
Das Regierungspräsidium bot informative Radtouren auf der bevorzugten Trasse zwischen Heidelberg und Mannheim an. Offene Fragen blieben dennoch.

Von Carsten Blaue
Heidelberg/Mannheim. In rund 80 Minuten werden Radfahrer die Strecke zwischen Mannheim und Heidelberg später bequem bewältigen können, wenn der 23 Kilometer lange Radschnellweg fertig ist. Dieses Mal dauerte die Tour im Ganzen fast sieben Stunden. Denn das federführende Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) und die Planer nahmen sich ausgiebig Zeit, um rund 100 Interessierten die bevorzugte Strecke in zwei Etappen zu zeigen und ihre Anregungen aufzunehmen. Dabei wurde deutlich, dass die Trasse viele Stärken hat. Doch es gibt auch problematische Abschnitte, und noch sind nicht alle Fragen geklärt.
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> Der Stand der Dinge. Die Vorzugstrasse steht seit Sommer vergangenen Jahres fest und befindet sich in der Detailplanung. Diese soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Mitte 2022 beginnt das Planfeststellungsverfahren, verbunden mit der Ausführungsplanung. Zu diesem Zeitpunkt wird auch klar sein, welche Streckenabschnitte keiner Planfeststellung bedürfen und quasi vorgezogen realisiert werden können. Das dürfte zum Beispiel für die Umwidmung von Straßen in Fahrradstraßen gelten – und davon gibt es auf der Strecke einige. Ein Wermutstropfen für die Mannheimer Buga-Macher: Bis zur Bundesgartenschau im Jahr 2023 wird nach jetzigem Stand der Dinge kein Abschnitt der Radschnellverbindung fertig sein. Auch in Mannheim nicht.
> Was die Planer zur Trasse sagen. Sie nahmen die Bürger zunächst vom neuen Verkehrsknoten L 597/L 637 bei Neu-Edingen nach Heidelberg mit, damit sie die Vorzugsroute "erleben" können, wie es Axel Speer, der Leiter des Straßenplanungsreferats im RP, ausdrückte. Die zweite Etappe führte vom Ladenburger Industriegebiet nach Mannheim. Die Querspange der L 597 samt neuer Neckarbrücke zwischen Ladenburg und Neu-Edingen wird erst noch gebaut, konnte also nicht Teil des "Erlebnisses" sein. Und eigentlich sollte es nicht Radschnellweg, sondern Radkomfortweg heißen, meinte Katrin Zima vom Planungsbüro "Schüßler Plan".
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Ein spezieller Fahrbahnbelag werde verbaut, und mit einer Breite von bis zu fünf Metern gebe es genug Platz für die Radler. In Teilen wird die Strecke beleuchtet. Zudem soll die Linienführung möglichst direkt sein. Aber: "Wir können nicht überall gerade durchschießen", so Zima. Das geben die Verkehrs- und Eigentumsverhältnisse nicht her. Außerdem müssen die Radfahrer wohl etwa 30 Mal anhalten unterwegs. Dennoch seien die "Verlustzeiten" vertretbar. Das hätten Berechnungen ergeben.
Längs der Strecke werden für die Radfahrer schon mal Parkplätze geopfert. Auch Büsche und Bäume müssen weichen, werden im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen aber an anderen Stellen wieder ersetzt. Neu gepflanzt wird entlang der Strecke auch. "Tabula Rasa machen wir jedenfalls nicht", so Ingenieur Daniel Seitz von "Schüßler Plan".
> Wo der Radschnellweg Stärken hat. Grundsätzlich wird der Abschnitt zwischen Ladenburg und Mannheim der attraktivere sein. Die Straßen, die zu Fahrradstraßen umgewidmet werden sollen, aber dennoch Auto- und Schwerlastverkehr einbeziehen müssen (etwa in Feudenheim oder im Pfeifferswörth), sind hier breiter als im östlichen Streckenteil zwischen Neu-Edingen und Heidelberg. Dafür ist dieser etwas gerader in der Linienführung. Und an der Mannheimer Straße in Wieblingen soll der Radschnellweg nun doch volle vier Meter breit werden – zuzüglich zweieinhalb Meter Fußweg. Diese Lösung wird zumindest geprüft, ebenso für die weitere Trasse entlang der B 37 bis zum Bismarckplatz.
Nicht nur praktisch und sicher, sondern auch schön wird die Trasse entlang des Neckarkanals bei Ladenburg und Ilvesheim. Hier hängen an den Gartenzäunen direkt an der "Promenade" zwar immer noch die Protestschilder der Anwohner. Immerhin haben sie aber erreicht, dass der Radweg an den Kanal verlegt wird und der Fußweg entlang ihrer Grundstücke verläuft. Ursprünglich sollte es umgekehrt sein. Auch beim Uniklinikum in Mannheim wird der Radschnellweg am Neckar schön. Die breite Promenade, die Rad- und Fußverkehr trennt, gibt es dort schon jetzt. Allerdings sind die Beläge noch nicht besonders komfortabel.
Gefährliche Kreuzungen wie an der Banater und Ilvesheimer Straße in Feudenheim oder an der Querung der L 637 zwischen Edingen und Wieblingen werden durch neue, gerade Unterführungen entschärft. Weiteres Plus: Der "Schlenker" an der A 5 bei Wieblingen entfällt. Dafür wird auch die Autobahn mit einer kerzengeraden Unterführung passiert. Eine ebenfalls sichere Lösung haben die Planer für die Überquerung des Neckars in Mannheim gefunden. Hier wird auf der Ostseite eine Fahrradbrücke an die Friedrich-Ebert-Brücke angesetzt.
Wo immer es geht, werden sich Radfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr nicht ins Gehege kommen. Gutes Beispiel dafür ist Edingen. Hier bekommt die Trasse am RNV-Bahnhof einen breiteren Querschnitt – neben einem landwirtschaftlichen Weg. Was passieren kann, wenn sich Traktoren und Radfahrer ins Gehege kommen, erlebten die Teilnehmer der Tour im strömenden Regen: Es wurde eng, zudem war die Fahrbahn verschmutzt von der Arbeit im Maisfeld und daher gefährlich glatt und uneben.
> Wo die Trasse Schwächen hat. Vor allem in den Ortsdurchfahrten, also überall dort, wo sich die Radfahrer und Fußgänger den Verkehrsraum weiterhin mit Autos teilen müssen (und das ist gerade in Feudenheim und Wieblingen nicht selten der Fall). Zwar legen die Planer mit der Ausweisung von Fahrradstraßen fest, wer den Vorrang hat. Konflikte oder Risiken scheinen aber unvermeidbar.
Besonders knifflig wird es in der Odenwald- und der Spessartstraße in Feudenheim (dort ist zudem eine Grundschule) sowie in Wieblingen in der Adlerstraße (hier sollen sogar die Parkplätze vor den Häusern wegfallen) und in der Liselottestraße. An deren Ende müssen die Radfahrer zudem die Mannheimer Straße kreuzen, um auf die dem Neckar zugewandte Seite zu kommen. Auch breite Furten und eine Beschilderung sollen diese Stelle entschärfen. Ein Teilnehmer sagte aber: "Morgens haben Radler hier keine Chance."
In Mannheim wird es vor allem bei den Sportvereinen am Neckarplatt eng, wo in Zukunft der Radschnellweg Heidelberg-Mannheim auf die Trasse Mannheim-Weinheim treffen wird. Hier müssen Parkplätze weiterhin erreichbar sein, gerade auch für Zuschauer während des Spielbetriebs. Im Pfeifferswörth hätten sich die Radler einen Weg entlang des Neckars gewünscht. Doch in Abwägung mit den Eingriffen in die Natur haben die Planer darauf verzichtet. Unklar ist auch noch, wie der Radverkehr über den Kurpfalzkreisel in die Quadrate geführt wird.
An einigen Stellen lässt sich darüber hinaus nicht der volle Radschnellweg-Standard in Sachen Breite und Ausbau realisieren – etwa am "Blindenbad" in Ilvesheim oder an der Stettiner Straße. Und auch eine durchgängige Beleuchtung wird es nicht geben. Weil das neue Biodiversitätsstärkungsgesetz zur Reduzierung der Lichtverschmutzung verpflichte, wie es hieß. Schließlich monierte der Wieblinger Landwirt Rainer Treiber, dass die Bauern gleich doppelt belastet seien. Sie würden Grund und Boden durch die Trasse verlieren und durch die geplanten Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur. Ein weiteres Manko der Strecke: Ladenburg wird nur an der westlichen Peripherie angebunden.
> Die Kosten. Diese lassen sich noch nicht genau beziffern, weil zunächst die Bauwerke wie Unterführungen berechnet werden müssen. Grob geschätzt wird die Radschnellverbindung wohl 40 Millionen Euro kosten. Ein Viertel davon werden für die Bauwerke veranschlagt.