Gewitter über der Region

Unwetter traf vor allem Mannheim (Update, plus Fotogalerie)

Die Feuerwehr rückte hier in der Nacht zu mehr als 100 Einsätzen aus - Heidelberg kam glimpflich davon

07.08.2019 UPDATE: 07.08.2019 18:15 Uhr 5 Minuten, 1 Sekunde
Die Feuerwehr beim Einsatz in Mannheim. Foto: PR Video

Von Carsten Blaue

Rhein-Neckar. Die Unwetterfront, die in der Nacht zum Mittwoch über die Region zog, hat vor allem Mannheim stark getroffen. In Bensheim musste ein Musik-Festival geräumt werden. Bei Karlsruhe erschwerte die Witterung die Suche nach einem vermissten Schwimmer in einem Baggersee. Später wurde er tot aufgefunden. Heidelberg sowie die Städte und Gemeinden in der Umgebung kamen glimpflich davon. In der Gegend rund um Wiesloch sowie im Neckar-Odenwald-Kreis blieb es bei Regenfällen, die keine Schäden anrichteten.


Ganz anders in der Quadratestadt. Die Mannheimer Feuerwehren hatten in knapp sechs Stunden 102 Einsatzstellen abzuarbeiten. Schluss damit war erst am Mittwochmorgen um 2.30 Uhr. Bis dahin hatten Starkregen und Sturmböen vor allem im Süden der Stadt zahlreiche Bäume umgeknickt. Diese beschädigten geparkte Autos und blockierten Straßen - etwa in der Augustaanlage, rund um die Christuskirche und auch am Nationaltheater.

Der Farlachtunnel musste aufgrund der Wassermassen kurzzeitig komplett gesperrt werden. Diese drückten zudem Gullideckel heraus, überfluteten Straßen oder drangen in Keller ein. Der Sturm deckte darüber hinaus Teile von Dächern ab. Die Aufräumarbeiten zogen sich bis zum gestrigen Vormittag hin. Nach ersten Schätzungen betrug der Sachschaden rund 230.000 Euro. Verletzte wurden nicht gemeldet. Insgesamt waren 130 Feuerwehrleute im Einsatz.


Deren Kameraden in Ludwigshafen hatten hingegen nur mit 18 Einsatzstellen zu tun. In Ilvesheim liefen ebenfalls zahlreiche Keller voll, und auch hier wurde ein Auto von einem umstürzenden Baum getroffen. In Ladenburg beschädigte der Sturm das Sonnensegel auf der Festwiese am Wasserturm. Einzelne Unwettereinsätze meldeten Edingen-Neckarhausen, Heddesheim und Schriesheim. Die Kameraden der Weinstadt halfen auch im benachbarten Dossenheim, das schlimmer getroffen wurde.

Auch interessant
Süden und Südwesten: Sommergewitter treffen Deutschland - Unfälle auf Autobahn

Heidelberg kam am Dienstagabend bei dem Unwetter fast ungeschoren davon. Der Leiter der Berufsfeuerwehr, Georg Belge, berichtete von einem einzigen Einsatz: In Neuenheim war ein Keller vollgelaufen, um den sich die dortige Freiwillige Feuerwehr kümmerte. "Im Gegensatz zum Samstag vor einer Woche sind wir verschont worden", so Belge. An jenem 27. Juli wurde die Berufsfeuerwehr zu 60 Einsätzen, vor allem in der Süd- und der Weststadt, gerufen. Auch im Polizeipräsidium Mannheim verweist man darauf, dass es in Heidelberg im Gegensatz zu Mannheim sehr ruhig gewesen sei.

Unterdessen besteht in Handschuhsheim weiterhin ein Problem mit Matsch und Schotter nach Starkregen, wie eine Anwohnerin der RNZ bestätigte. Wie bereits vor zwölf Tagen seien auch Dienstagabend größere Mengen Matsch durch die Steckelsgasse zur Handschuhsheimer Landstraße gespült worden, wo es sich vor einem Haus staute: "Das schoss die ganze Gasse herunter." Das sei kein neues Phänomen, allerdings mahnen die Anwohner in den Hangbereichen an, dass die Stadt sich mehr um die Grundstücke und die geschotterten Wege kümmern solle.

Aber immerhin: Nachdem die RNZ mehrfach über die Matschmassen berichtet hatte, wurden sie am Mittwoch in aller Frühe beseitigt, so die Anwohnerin: "Um 7.30 Uhr war alles weg." Die Feuerwehr wurde aber zu diesem Einsatz nicht gerufen, so Belge: "Das ist Sache des Tief- und des Forstamtes. Das letzte Mal waren wir hier 2016 vor Ort."


Land unter auch in der Dossenheimer Hauptstraße. Hierfür reichten 30 Minuten Starkregen aus. Foto: Feuerwehr

Es waren nur etwa 30 Minuten - aber diese genügten, um der Feuerwehr Dossenheim eine Nachtschicht zu bescheren. Am Dienstagabend gegen 21 Uhr hatte der Himmel seine Schleusen derart über der ehemaligen Steinbrechergemeinde geöffnet, dass sich die Hauptstraße in ihrer gesamten Breite in einen Bach verwandelte. Nach einer halben Stunde war der Starkregen vorbei - und die Wehrleute hatten 26 Einsätze abzuarbeiten. Ein Diebstahl erschwerte ihnen zusätzlich die Arbeit.

Stefan Wieder war am Mittwochmorgen noch ganz heiser. Der Kommandant hat nur drei Stunden geschlafen, weil er zuvor geschäftlich nach Hamburg hatte reisen müssen. Während er der RNZ am Telefon von den Ereignissen der Nacht berichtet, sind seine Kameraden weiter am Schuften. "Wir wurden morgens erneut gerufen", sagt Wieder: "Der Rathauskeller ist ebenfalls überflutet worden."

Damit ist die Verwaltungszentrale nicht allein: In rund 15 Häuser waren die Wassermassen eingedrungen. "Auch der katholische und der evangelische Kindergarten sind betroffen", so Wieder. In den Betreuungseinrichtungen stand das Wasser fünf Zentimeter hoch. "Die Kindergärten sind aber noch nutzbar, es sind glücklicherweise keine großen Schäden entstanden", meint der Kommandant.

Zur Unterstützung der Dossenheimer Ehrenamtlichen waren auch Kameraden aus Schriesheim angerückt, sodass 35 Wehrleute bis um 1 Uhr im Einsatz waren. Das Ganze zog sich auch deshalb in die Länge, weil der Wehr einer von sechs Wassersaugern gestohlen wurde. Die Wehrleute hatten das Gerät im Wert von etwa 1500 Euro kurz nach Mitternacht in der Bahnhofstraße abgestellt. Dort hatten sie gerade einen Einsatz beendet und das Logistikfahrzeug sollte den Sauger abholen und zum nächsten Einsatzort bringen. "Aber als das Fahrzeug kam, war der Sauger nicht mehr da", ärgert sich Wieder.

Doch damit nicht genug: Im Lindenweg ist ein Baum umgestürzt und es hat einen Geröllabgang gegeben, sodass die Wehrleute die Schauenburgstraße freiräumen mussten. Dazu waren auch mehrere Gullydeckel durch die Wassermassen herausgedrückt wurden und in der Anne-Frank-Straße war eine Baustellenabsperrung auf die Straße gekracht.


Die Feuerwehr in Sandhausen rückte derweil etwa zur selben Zeit wie die Dossenheimer Kollegen zu einer Baustelle in der Hauptstraße aus, bei der laut Polizei womöglich ein Blitzeinschlag einen Brand ausgelöst hat. Um das Feuer zu löschen, reichte zwar ein Löschfahrzeug mit sieben Mann, doch wie Einsatzleiter Jörn Waldschmidt auf RNZ-Nachfrage berichtet, sei die Feuerwehr gerade noch rechtzeitig gewesen, um ein Übergreifen der Flammen auf das Nachbargebäude zu verhindern.

Wie der stellvertretende Kommandant erklärt, hatte sich durch den vermuteten Blitzeinschlag ein Schutthaufen mit Baumaterialien entzündet. Eine Herausforderung für die Wehr war die Anfahrt: Um zum Einsatzort zu gelangen, musste die Baustelle in der Hauptstraße umfahren werden.


Im südhessischen Bensheim entschieden sich die Veranstalter nach der Unwetterwarnung am Dienstagabend dazu, das "Vogel in der Nacht"-Musikfestival im Stadtpark zu räumen. Dabei gab es keine Zwischenfälle, alles verlief reibungslos. Keiner der Besucher wurde verletzt.

Rund 30 Minuten, nachdem der Park evakuiert worden war, setzten auch hier Gewitter und schwere Regengüsse ein. Derweil musste das Seekonzert im Neckarbischofsheimer Schlosspark wegen des Gewitters abgebrochen werden. In Wald-Michelbach im Odenwald wurde ein Baum von einem Blitz getroffen und geriet dadurch in Brand.


Rund 85 Kilometer südlich davon, in Weingarten bei Karlsruhe, starb ein 26-Jähriger in einem Baggersee. Der Mann war laut Aussagen der Feuerwehr schwimmen gegangen. Etwa 20 Meter vom Ufer entfernt, habe er seiner Freundin signalisiert, "dass etwas nicht stimmt". Dann sei er untergegangen. Die Frau gab über den Notruf Alarm. Vor Ort verzögerte sich der Einsatz von Booten aufgrund des Unwetters. Später suchten 13 Taucher nach dem Vermissten. Sie fanden den leblosen Körper nach einer Dreiviertelstunde.

Update: Mittwoch, 7. August 2019, 19.52 Uhr


Ettlingen/Mannheim. (dpa/lsw) Unwetter haben in der Nacht zu Mittwoch vor allem in der Nordhälfte Baden-Württembergs Sachschäden angerichtet und den Verkehr beeinträchtigt. Die Polizeipräsidien in Mannheim, Karlsruhe, Ludwigsburg, Stuttgart und Aalen berichteten am Mittwochmorgen von zahlreichen herabgestürzten Ästen und umgestürzten Bäumen, vollgelaufenen Kellern und überfluteten Straßen.

Die Feuerwehr in Mannheim rückte in der Nacht zu mehr als 100 Einsätzen aus. Viele Autos wurden durch umgestürzte Bäume beschädigt, Keller waren voll gelaufen. Der Fahrlachtunnel musste vorübergehend in beide Richtungen gesperrt werden. Die Aufräumarbeiten dauern am heutigen Mittwochmorgen noch an. Die Polizei schätzt nach eigenen Angaben den Schaden auf rund 230.000 Euro. Auch in der Region Heidelberg, vor allem in Dossenheim, ist es zu überfluteten Straßen gekommen, wie das Video der Feuerwehr zeigt: 

In Ettlingen (Kreis Karlsruhe) verursachte ein heruntergerissenes Blechdach einen Schaden von rund 150.000 Euro. Nach Angaben der Polizei flog das rund 150 Quadratmeter große Dach am späten Dienstagabend auf ein benachbartes Autohaus und beschädigte neben dem Gebäude zahlreiche Fahrzeuge.

Wegen vieler abgerissener Äste war die Autobahn 5 bei Karlsruhe in der Nacht für rund sechs Stunden gesperrt. Der Verkehr staute sich vorübergehend über acht Kilometer. Laut einem Sprecher der Polizei stand auch das Wasser auf der Strecke zwischendurch 30 Zentimeter hoch. Ein Auto kam wegen Aquaplaning von der Fahrbahn ab, der Fahrer blieb jedoch unverletzt.

Die Polizeipräsidien in Ludwigsburg und Aalen berichteten von insgesamt drei Autos, die in Gullischächten festhingen, nachdem die Gullideckel durch das Wasser hochgedrückt worden waren. Verletzt wurde dabei laut Polizei aber niemand.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.