"Schtonk" – Die Fälschung des Jahrhunderts
Auf der Freilichtbühne im Stadtteil Gartenstadt wird in dieser Saison "Schtonk" gezeigt.

Von Manfred Ofer
Mannheim. Viele große Werke wurden bereits auf der Mannheimer Freilichtbühne gezeigt. Klassiker wie Goethes "Faust" oder Bram Stokers "Dracula" gelangten bisher auf den Spielplan – und in diesem Sommer eine Adaption von Helmut Dietls Filmkomödie "Schtonk". Gegründet vor fast 100 Jahren, sehen sich die aktuellen Betreiber der Freilichtbühne wie ihre Vorgänger der Tradition verpflichtet, einem breiten Publikum darstellende Kunst mit Herzblut zu servieren.
Es ist kurz vor 19 Uhr. Thomas Nauwartat-Schultze hat gerade die Eingangstür am Kassenhaus aufgeschlossen. "Gleich geht die Chorprobe los", sagt der Geschäftsleiter des Betreibervereins "Freilichtbühne Mannheim Dramatischer Klub", während er seine Schritte durch die grüne Oase an der Kirchwaldstraße lenkt. Rund 700 Zuschauer finden in dem Halbrund vor der Bühne Platz. Ganz in der Nähe befindet sich auch das "Zimmertheater" für die überdachten Vorstellungen für bis zu 83 Gäste.
Der Chor, den Nauwartat-Schultze leitet, ist ein wichtiger Bestandteil des musikalischen Begleitprogramms der Freilichtbühne. 35 Sängerinnen und Sänger erheben bei den Veranstaltungen ihre Stimmen. Die große Bühne ist im Augenblick noch verwaist. Flankiert wird sie von zwei imposanten Türmen, die zur Kulisse gehören. "Der Turm zu unserer rechten Hand hat dort schon seit 1950 seinen Platz", erzählt Nauwartat-Schultze. Der andere sei vor 20 Jahren aufgestellt worden. Damals begann er seine Arbeit im Vorstand.
Hintergrund
3 mal 2 Karten zu gewinnen
oka. Die Redakteure des Magazins "Stern" witterten 1983 den großen Knüller, als ihnen Konrad Kujau die Hitler-Tagebücher anbot. Doch sie stellten sich als Fälschung heraus, was einen handfesten Medien-Skandal zur Folge hatte.
3 mal 2 Karten zu gewinnen
oka. Die Redakteure des Magazins "Stern" witterten 1983 den großen Knüller, als ihnen Konrad Kujau die Hitler-Tagebücher anbot. Doch sie stellten sich als Fälschung heraus, was einen handfesten Medien-Skandal zur Folge hatte. Helmut Dietl machte aus dem Stoff den Kultfilm "Schtonk" mit Götz George und Uwe Ochsenknecht. Die Bühnenversion zeigt das Ensemble der Freilichtbühne (Kirchwaldstraße 10 in der Gartenstadt) noch bis 13. August immer freitags und samstags um 20 Uhr.
Tickets gibt es mittwochs von 11 bis 12 Uhr und von 18.30 bis 20 Uhr am Kartenhaus sowie jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. Es ist aber auch eine Bestellung per Telefon unter 0621/76 28 100 oder per E-Mail an tickets@flbmannheim.de möglich.
Karten gibt es aber auch mit etwas Glück an diesem Freitag am Telefon: Um 16 Uhr verlost die RNZ für die Aufführung am Samstag, 23. Juli, 3 mal 2 Tickets. Einfach unter der Telefonnummer 06221/519 57 09 anrufen (das Telefon wird direkt nach der Verlosung ausgehängt). Die Karten der drei Gewinner liegen an der Abendkasse bereit.
Zu wissen, das man in einer Umgebung probt und spielt, in der bereits seit Jahrzehnten Theater gemacht werde, sei etwas Besonderes. "Als Mitwirkender kann man förmlich spüren, dass man Teil einer langen Tradition ist", bemerkt er. "Wer hier auf der Bühne steht, macht das aus Freude und Überzeugung". Eine Berufung sei das. Eine, der die Mitglieder des Vereins fast seit einem Jahrhundert nachgehen. Das große Jubiläum steht 2023 an. Die Freilichtbühne ist damit nach dem Nationaltheater eine der ältesten Institutionen für die darstellende Kunst in Mannheim.
Der Ursprung des Vereins liegt jedoch im Arbeiterstadtteil Waldhof. Dort fand im Jahr 1913 die Premiere des ersten Theaterstücks im Franziskus-Saal der katholischen Kirchengemeinde statt, in dem heute die Kulturtage angesiedelt sind. 1950 erfolgte der Umzug an den aktuellen Standort. "Bis zum Kriegsende war das mal ein Schießstand", erzählt der Freilichtbühnenchef. Die einzigen Waffen, mit denen heute noch hantiert wird, sind gesprochene und gesungene Verse, mit denen die Akteure bei ihrem Publikum ins Schwarze treffen.
385 Mitglieder, davon 120 Aktive, zählt der Verein, von denen sich etliche auf und hinter der Bühne engagieren. Ein Schatz, von dem man auch in schweren Zeiten zehren kann, wenn es darum geht, das altehrwürdige Inventar, Kostüme und eine Fülle von Requisiten in Schuss zu halten. "Selbst in der Pandemie konnten wir spielen, wenn auch eingeschränkt", sagt der Geschäftsleiter nicht ohne Stolz. All das geschieht ehrenamtlich.

Um Nachwuchs muss sich der Verein keine Sorgen machen. Von den Mitgliedern sind etwa 40 Kinder und Jugendliche. Die jüngsten Laiendarsteller sind sechs Jahre alt. Alle, die sich für das Amateurtheater interessierten, sind willkommen: "Das Schöne ist ja gerade, das sich jeder bei uns wohlfühlt, weil bei den Vorstellungen der Arbeiter neben dem Literaturprofessor sitzt und beide Spaß daran finden."
Diese Vielfalt spiegelt sich auch im Spielplan wider, an dem jedes Jahr mit frischem Elan gearbeitet wird. "Wir versuchen, eine hohe Bandbreite an Genres abzudecken", sagt Nauwartat-Schultze. Klassisches und modernes Theater, Musicals, Kabarett und Mundartstücke werden in Szene gesetzt. Bei dem aktuellen Kinderstück "Der gestiefelte Kater" traten von Mai bis Juni mehr als 30 Darsteller im "Zimmertheater" auf. Bei "Schtonk!" sind es 25.
Die Leseproben für die Komödie, die auf dem Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher in den Achtzigerjahren basiert, hatten im Oktober begonnen. Im November wurden die Rollen besetzt. Weshalb man sich für dieses Schelmenstück entschieden hat? "Das Skript ist einfach mal was anderes", stellt Nauwartat-Schultze fest. Der Film von Helmut Dietl sei Kult, worin aber auch eine zusätzliche Herausforderung für die Regisseure und Schauspieler liege. "So wie im Film kann man das auf einer Bühne nicht umsetzen, man muss sich dafür schon bewusst vom Original lösen", betont er. Wie das in Mannheim geklappt hat, davon kann man sich freitags und samstags in der Freilichtbühne überzeugen.
Info: www.flbmannheim.de



