Flüchtling in Tompkins-Barracks geschlagen und getreten

Sicherheitsdienst-Mitarbeiter wegen Körperverletzung verurteilt

Amtsgericht verurteilte 28-Jährigen zu Bewährungsstrafe und 80 Stunden Sozialarbeit - "Sie haben Ihre Machtstellung missbraucht"

19.09.2017 UPDATE: 21.09.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Schwetzingen. (cwe) Seit Beginn der Flüchtlingswelle in EU-Staaten aus Ländern rund um das Mittelmeer werden Sicherheitsdienste eingesetzt. Hier soll und muss es um freundliche Begleitung und Sicherheiten gehen, die eine oft lange Wartezeit auf Anerkennung überbrücken helfen. So auch ähnlich geschehen in der ehemaligen US-Kaserne Tompkins-Barracks, die von Stadt und Land als Auffangstelle für Flüchtlinge und Asylbewerber genutzt werden. Auch hier verrichtet ein privater Sicherheitsdienst von bis zu 30 Mitarbeitern seinen Dienst zur Sicherheit der Neuankömmlinge, die meist ohne Deutschkenntnisse eintreffen.

Wegen der Sprachprobleme gehen auch manche Dinge nicht so glatt ab, wie sie sollen. Besonders wenn etwa 30 Security-Leute rund 500 Asylbewerber rund um die Uhr betreuen sollen. Ein eklatanter Fall mit dem Anklagepunkt "Gefährliche Körperverletzung" wurde nun am Amtsgericht unter Vorsitz von Richterin Daniele Schrade behandelt. Dabei soll ein leitender Security-Mitarbeiter, 28 Jahre alt und türkischer Nationalität, bei der Essensausgabe in der Kantine einen syrischen Bewohner mit Faustschlägen auf den Kopf und Tritten daran gehindert haben, sein Essen zu bekommen.

Als Grund nannte der Sicherheitsmann über Dolmetscher: "Zuerst ist der Mensch durch die Ausgangstüre hereingekommen, dann hat er sich geweigert, in der Warteschlange anzustehen, wie alle anderen auch. Geschlagen habe ich ihn nicht, sondern er hat mich in die Hand gebissen und mit Armstößen mein Nasenbein verletzt, sodass es blutete, als ich ihn aufforderte, noch einmal durch die richtige Türe hereinzukommen!"

Als Beweis für die Unschuld des Angeklagten waren acht Zeugen geladen. Außer zwei Polizeibeamten vom Hockenheimer und Schwetzinger Revier waren alle anderen Zeugen türkischer Abstammung, meist ohne ausreichende Deutschkenntnisse, doch einige seit Monaten trotzdem im Dienst der Sicherheitsfirma. So war es nicht verwunderlich, dass auf alle Fragen von Gericht und Staatsanwaltschaft, ob der Angeklagte den Asylanten geschlagen habe mit "Nein" oder "Weiß nicht mehr, ist schon eineinhalb Jahre her" geantwortet wurde.

Allerdings stellten die Aussagen der beiden Polizeibeamten, die auch von oft rüden Umgangsformen der Security mit Asylanten berichteten, die Geschichte total anders hin: "Die Frauen von der Essensausgabe und Zeugen draußen haben im Protokoll bestätigt, dass es ein Gerangel mit Faustschlägen und Fußtritten zwischen Security-Mitarbeitern und dem Syrer gegeben habe, als sie ihn ins Zimmer für "nicht gehorsame Asylanten bringen wollten." Fotos und verlesene Protokolle setzten dicke Ausrufezeichen hinter die Aussagen der beiden Beamten.

Im Antrag der Staatsanwaltschaft hieß es folgerichtig: "Der Angeklagte hat zwar bestritten, den Kläger geschlagen und getreten zu haben, doch die Zeugenaussagen der Polizeibeamten zeigen ein ganz anderes Bild: Hier wurde getreten und geschlagen, von den Zeugen der Security als Kollegenversion verneint. Sieben Monate auf Bewährung (drei Jahre) und 80 Stunden soziale Arbeit sind hier angemessen!"

Trotz Beteuerungen des Angeklagten ("Ich bin unschuldig") lautete das Urteil von Richterin Schrade: "Mit sieben Monaten auf Bewährung und 80 Stunden Sozialarbeit für Rechtspflege werden die Übergriffe als ,Gefährliche Körperverletzung‘ gesehen. Es ist schon erschreckend, wie sich manche sogenannte Security-Mitarbeiter als ,kleine Diktatoren‘ aufspielen und damit ihre momentane Machtstellung missbrauchen!"

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.