Jedes Genre kann man "jazzen"
Richie-Beirach-Quartett und Spitzen-Geiger Gregor Hübner zeigten Tempo und Gefühl in der Alten Wollfabrik

Das Richie-Beirach-Quartett und Stargeiger Gregor Huebner (M.) haben die Sinne ihrer Zuhörer in der Alten Wollfabrik berührt. Foto: Lenhardt
Schwetzingen. (cwe) Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums von "Enjoy Jazz" erlebten Besucher in der Kulturarena von Schwetzingen, der Alten Wollfabrik, eine neue Dimension improvisierter Jazzmusik. In feiner Konzertatmosphäre grüßte für den Mitveranstalter, der Jazzinitiative Schwetzingen, Manfred Kern: "Jetzt hat es endlich geklappt, Enjoy Jazz ist auch hier angekommen."
Die fünf extrem versierten Musiker um Richie Beirach am Piano, Christian Scheuber (Percussion), Joscha Dietz (Bass), Regina Litvinova (Syntheziser) und Teufelsgeiger Gregor Hübner legten gleich ordentlich los. Über zwei Stunden spielten sie Jazzversionen von Bartók über Blues bis zum hochexplosiven Sinti-Rock und stimmten so auf den offiziellen Schwetzinger Enjoy-Jazz-Abend am kommenden Wochenende ein.
Feine Dialoge entstanden zwischen Piano und Geige bei der Bartók-Pathetique Nummer 6, rauschten durch Soli zwischen Bass-, Synthesizer- und Percussion-Breaks - swingende Takes erklangen im Wechsel durchs Quartett. Zum Teil waren die Tonfolgen in ihrem wahnsinnigen Tempo beim Zuhörer lediglich als gesamte Masse hörbar.
Durch Blickkontakte der Künstler auf der Bühne verbanden sich die Soli und Parts zwischen Changes, Stopps und langsamen Finals - mit den für Jazz klassischen Quint-Sept-Akkorden inklusive. Anschließend Meditation bei Eigenkompositionen mit Violine und Flügel, im Feature mit Gregor Hübner, manchmal unisono zu den Tasten, dann wieder mit furiosem Pizzicato - das Staunen im Saal hörte nicht auf, der Applaus auch nicht. Auch am Mikrofon landete Richie Beirach zu seinen Songs herzerfrischende Zugaben: "That’s Jazz, you love it or not!" Manchmal gab es in der Wollfabrik von den fünf Jazzern richtig Druck, dann ging es wieder balladenmäßig ins Herz - Dialoge der Instrumente im Wahnsinnstempo, oder eben zart gestreichelt. Auch das Feature-Solo über drei Minuten vom Drummer in Bestform ordnete sich, ganz weich zu einem Schluss, der totalen Harmonie.
Das war auch der bleibende Eindruck am Ende: Zum Einen gab es beim Power-Programm des Richie-Beirach-Quartetts mit Gregor Hübner kräftig auf die Ohren, zum Anderen streichelten Eigenprodukte des Pianisten wie der Song "Heimweh" als Musszugabe alle Sinne in der Wollfabrik. Pianist Beirach fasste zusammen: "Unsere Seelen wollen in Offenheit erzählen, was möglich und machbar ist."



