Awo-Seniorinnen gefeiert, mit Sombreros protestiert (Fotogalerie)
Die Buga-Premiere am Mittwoch ging ohne Zwischenfälle und unter viel Applaus über die Bühne.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Keine Sombreros beim Awo-Ballett? Von wegen! Was der Seniorinnentanzgruppe aus Rheinau auferlegt worden ist, muss ja nicht fürs Publikum gelten. Und so haben zehn rüstige Pfälzerinnen aus Dannstadt-Schauernheim mexikanische Kopfbedeckungen im Internet bestellt – und sich damit am Mittwoch auf den Weg nach Mannheim gemacht. Zur Hauptbühne der Bundesgartenschau. "Wir wollen damit protestieren und unsere Solidarität ausdrücken", sagt Gabriele Naurock, 75 und eine der Damen, die in etwa dem gleichen Alter wie die auftretenden "Buga-Omis" sind.
Kulturelle Aneignung? Naurocks Sportkameradin Elke Maier hat da eine klare Meinung. "Quatsch", raunt sie. "Dann dürfte man auch keine Spaghetti mehr essen." Während sich die Stuhlreihen immer mehr und vor allem mit älteren Menschen füllen, trifft auch Gerhard Mandel ein. Der langjährige Leiter des Mannheimer SWR 4-Studios und jetzige Vorsitzende des Buga-Freundeskreises will eigentlich "neutral" sein, sagt dann aber mit Blick auf die Diskussion um das Awo-Ballett sarkastisch: "Man bekommt eine Menge tolle Werbung in allen Kanälen." Nachdenklich schiebt er fragend hinterher, ob eine Bundesgartenschau der richtige Ort für eine große gesellschaftliche Debatte ist. Einer glänzt glücklicherweise durch Abwesenheit: Ballermann-Barde Ikke Hüftgold hat seine Ankündigung, die Frauen zu "verstärken", nicht wahr gemacht und erspart allen eine peinliche Show.
Und dann geht es los. Erika Schmaltz huscht hinter dem seitlichen Vorhang hervor. Sichtlich gerührt freut sich die Leiterin des Balletts, "dass so viele gekommen sind". Schmaltz lädt die geschätzt 600 Zuschauerinnen und Zuschauer nach Paris ein und schickt unter rhythmischem Klatschen des Publikums ihre 13 Mit-Revuetänzerinnen auf die Bühne – mit dezentem Federkopfschmuck, rotem Shirt oder Bluse und schwarzer Hose. Zum Warmmachen drehen die Frauen Pirouetten und wagen Tangoschritte, als musikalische Begleitung darf natürlich Mireille Mathieu nicht fehlen. Aus den Boxen schallt ihr Gute-Laune-Hit "Hinter den Kulissen von Paris." Und auch das Awo-Ballett hat Spaß.
Nach dem Trip in die Stadt der Liebe ist erst mal Umziehen angesagt, was angesichts des Alters der Damen ein paar Minuten länger dauert. Die Pause überbrückt das singende Awo-Mitglied Michael Kußmann, selbst ernannter "Hahn im Korb", und stimmt so ziemlich alle gängigen deutschsprachigen Lieder an, die irgendetwas mit Blumen zu tun haben. Für Erika Schmaltz soll es bei ihrer zweiten Ansage zwar nicht rote Rosen regnen, dafür kündigt sie eine modische Zeitreise an. Nacheinander betreten die Frauen wieder die Bühne, die erste mit Steinzeitkostüm und ...
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Von Alexander Albrecht
Mannheim. Keine Sombreros beim Awo-Ballett? Von wegen! Was der Seniorinnentanzgruppe aus Rheinau auferlegt worden ist, muss ja nicht fürs Publikum gelten. Und so haben zehn rüstige Pfälzerinnen aus Dannstadt-Schauernheim mexikanische Kopfbedeckungen im Internet bestellt – und sich damit am Mittwoch auf den Weg nach Mannheim gemacht. Zur Hauptbühne der Bundesgartenschau. "Wir wollen damit protestieren und unsere Solidarität ausdrücken", sagt Gabriele Naurock, 75 und eine der Damen, die in etwa dem gleichen Alter wie die auftretenden "Buga-Omis" sind.
Kulturelle Aneignung? Naurocks Sportkameradin Elke Maier hat da eine klare Meinung. "Quatsch", raunt sie. "Dann dürfte man auch keine Spaghetti mehr essen." Während sich die Stuhlreihen immer mehr und vor allem mit älteren Menschen füllen, trifft auch Gerhard Mandel ein. Der langjährige Leiter des Mannheimer SWR 4-Studios und jetzige Vorsitzende des Buga-Freundeskreises will eigentlich "neutral" sein, sagt dann aber mit Blick auf die Diskussion um das Awo-Ballett sarkastisch: "Man bekommt eine Menge tolle Werbung in allen Kanälen." Nachdenklich schiebt er fragend hinterher, ob eine Bundesgartenschau der richtige Ort für eine große gesellschaftliche Debatte ist. Einer glänzt glücklicherweise durch Abwesenheit: Ballermann-Barde Ikke Hüftgold hat seine Ankündigung, die Frauen zu "verstärken", nicht wahr gemacht und erspart allen eine peinliche Show.
Und dann geht es los. Erika Schmaltz huscht hinter dem seitlichen Vorhang hervor. Sichtlich gerührt freut sich die Leiterin des Balletts, "dass so viele gekommen sind". Schmaltz lädt die geschätzt 600 Zuschauerinnen und Zuschauer nach Paris ein und schickt unter rhythmischem Klatschen des Publikums ihre 13 Mit-Revuetänzerinnen auf die Bühne – mit dezentem Federkopfschmuck, rotem Shirt oder Bluse und schwarzer Hose. Zum Warmmachen drehen die Frauen Pirouetten und wagen Tangoschritte, als musikalische Begleitung darf natürlich Mireille Mathieu nicht fehlen. Aus den Boxen schallt ihr Gute-Laune-Hit "Hinter den Kulissen von Paris." Und auch das Awo-Ballett hat Spaß.
Nach dem Trip in die Stadt der Liebe ist erst mal Umziehen angesagt, was angesichts des Alters der Damen ein paar Minuten länger dauert. Die Pause überbrückt das singende Awo-Mitglied Michael Kußmann, selbst ernannter "Hahn im Korb", und stimmt so ziemlich alle gängigen deutschsprachigen Lieder an, die irgendetwas mit Blumen zu tun haben. Für Erika Schmaltz soll es bei ihrer zweiten Ansage zwar nicht rote Rosen regnen, dafür kündigt sie eine modische Zeitreise an. Nacheinander betreten die Frauen wieder die Bühne, die erste mit Steinzeitkostüm und Knochenhaarreif, die letzte als Agnetha von Abba.
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Schmaltz selbst legt einen umjubelten, flotten Charleston aufs Parkett. "Jetzt tanze mer no äner", ruft sie ins Mikrofon. Das Publikum ist nun langsam auf Betriebstemperatur und wippt zu den Klängen von "Girls, Girls, Girls" der Sailors mit. Schließlich läuft im dritten Part das Traumschiff zur Weltreise und Melodie der TV-Dauerserie aus. Schmaltz hat sich in ein Matrosen-Kostüm geworfen. Rund um den Globus legt das Ballett unzählige Zwischenstationen mit Tanzeinlagen zu Schlagern ein. Steppend in Irland, mit Holzschuhen in den Niederlanden, Sirtaki in Griechenland, Samba in Brasilien. Schließt man kurz die Augen, fühlt man sich in die Zeiten der Samstagabendunterhaltung im Fernsehen mit Peter Frankenfeld oder Hans-Joachim Kulenkampff zurückversetzt.
Die Gruppe hält sich streng an die mit der Buga vereinbarte Kleiderordnung. Als "Mexico" von den Les Humphries Singers anklingt und die Frauen mit Poncho, aber ohne Sombrero erscheinen, bricht Jubel aus und erhebt sich ein großer Teil der Besucher von seinen Sitzen. Minutenlanges Klatschen am Ende – und man muss schon ein Herz aus Stein haben, um den Frauen den Beifall zu missgönnen. "Sie machen uns glücklich", freut sich Erika Schmaltz. "Empfehlen Sie uns weiter", bittet sie und schiebt mannemerisch-schnoddrig nach: "Wenns Ihne net gefalle hat, dann vergesset sie uns äfach." Hinterher kann sie sich vor Medienvertretern kleine Spitzen gegen die Buga-Organisatoren nicht verkneifen. "Ich hatte noch nie was von kultureller Aneignung gehört. Wir haben uns schon immer verkleidet, und früher hat sich niemand daran gestört."
Das sieht Ballett-Mitglied Marianna Nannig genauso. Die frühere Sportlehrerin ist froh, "dass wir endlich zeigen konnten, was wir da eigentlich machen".