"Wenn es dunkel wird, geht niemand gerne nach Mannheim"
Erstmals hat ein Institut die Umlandbewohner zur City befragt. Kritisiert werden unter anderem Mobilität, Sicherheit und mangelnde Sauberkeit.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Die meisten Menschen aus den Umlandgemeinden kommen der Einkaufsmöglichkeiten wegen in die Innenstadt, das ist die gute Nachricht für die Händler und Gastronomen. Die schlechte: Die City hat in den vergangenen Jahren aus Sicht der Gäste um mehr als ein Drittel an Attraktivität verloren. Das sind zwei zentrale Ergebnisse einer Besucherumfrage des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln.
Zum ersten Mal überhaupt hat es eine bisherige "Black Box" geöffnet und untersucht, warum Menschen aus dem Umkreis von 30 Kilometern – Heidelberg und Ludwigshafen ausgeklammert – nicht oder nicht mehr in die Quadrate kommen. Ihre Meinung ist wichtig, weil sie zu einem großen Teil über eine hohe Kaufkraft verfügen und dadurch über die künftigen Shoppingmöglichkeiten mit entscheiden.
Es gibt viele Gründe, eine Innenstadt zu besuchen, der wichtigste ist für Mannheim mit 59 Prozent das Einkaufen. Bei drei weiteren liegen andere Zentren, insbesondere Heidelberg, vor den Quadraten. Das sind die Gastronomie, das Freizeit- und Kulturangebot und das Verweilen. IFH-Projektmanager Jens Gödde sieht darin einen Beleg, dass diese Städte vielfältiger sind. Fast zwei Drittel der Umlandbewohner kommen mindestens gelegentlich nach Mannheim, 38 Prozent der Befragten dagegen seltener oder nie, weshalb sie in der Studie als "Nicht-Besucher" definiert werden.
Die erste Gruppe gibt der City im Durchschnitt die Note 2,4, die kleinere und "schwer reaktivierbare" (Gödde) eine 3,6. Beide Lager nehmen Veränderungen wahr, die überwiegend negativ sind: "mehr Armut", "ein rein funktionelles Einkaufen", "weniger individuell und anonym", "Symbol der großen Kette von Geschäften" oder "Wenn es dunkel wird, geht niemand gerne nach Mannheim".
Was vom Bummel abhält beziehungsweise den Besuchern konkret missfällt, hat das Institut ebenfalls abgefragt. Die vier größten "Barrieren" sind demnach teure Parkgebühren, schlechtes Vorankommen mit dem Pkw, hohes Auto- und Verkehrsaufkommen, schlechte Erreichbarkeit der City mit dem eigenen Wagen. Oben auf der Liste stehen auch mangelnde Sauberkeit und ein unzureichendes Sicherheitsgefühl. "Nicht-Besucher" stören sich an mangelnden Fahrradabstellmöglichkeiten.
Obwohl die City-Gänger der Innenstadt gerade noch ein gutes Zeugnis ausstellen, gibt es auch hier Handlungsbedarf. Denn nur 35 Prozent der Befragten fühlen sich in der Innenstadt wohl. Dieser Wert ist nach Einschätzung Göddes "alarmierend". Gerade wenn die Besucher eine Anfahrt von bis zu 30 Kilometer auf sich nähmen, wollten sie "Positives und Schönes" erleben. Es hapert also an der Aufenthaltsqualität. Die will die Stadt erhöhen und hatte sich davon Erkenntnisse durch den ein Jahr dauernden Verkehrsversuch mit Autosperren in der Fressgasse und der Kunststraße erhofft.
IHK-Präsident Manfred Schnabel sagt, dass sich nach dem Abbau der Hindernisse die Stimmung unter den Händlern wieder bessere. Sein Fazit: Die Aufenthaltsqualität lasse sich durch mehr Grün oder Erlebniswochenenden – von denen es drei in diesem Jahr gab – heben, und nicht dadurch, "indem man etwas behindert und einschränkt".
Die Innenstadtwirtschaft habe ihre Hausaufgaben gemacht, vor allem der Einzelhandel sei hervorragend aufgestellt. "Jetzt brauchen wir rasch bessere Rahmenbedingungen", fordert Schnabel. Lutz Pauels, der Vorsitzende der Werbegemeinschaft Mannheim-City, nennt das Sicherheitsempfinden der Kunden in der dunklen Jahreszeit eines der größten Probleme.
Die Stadt will dieses unter anderem mit einer Waffenverbotszone erhöhen. Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) darf über deren Einführung entscheiden, zuvor will er sich noch ein Meinungsbild von den Stadträten im Ausschuss für Ordnung und Sicherheit einholen.
Wie Schnabel drückt auch Hendrik Hoffmann aufs Tempo. Der Vizepräsident des Handelsverbands Nordbaden und Zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim City betont, die Unternehmen brächten sich bereits konstruktiv ein, wenn es um die Aufwertung der Innenstadt gehe. Mit der kommunalen Gestaltungssatzung würden ihnen jedoch Hindernisse bei der Bespielung des öffentlichen Raums vorgegeben, die nicht mehr zeitgemäß seien.
"Deshalb ist es gut, dass diese Vorschrift überarbeitet werden soll. Das muss schnellstmöglich passieren und darf sich nicht über Monate hinziehen", so Hoffmann.