Bauern fühlen sich diskriminiert
"Wir zehren unsere Böden nicht aus": In Ladenburg beklagen sie das schlechte Image ihrer Branche in Zeiten des Volksbegehrens

Die Landwirte Jochen Köhler, Steffen Linnenbach und Paul Wolf (v. l.) stehen in einem Ladenburger Feld, auf dem Senfpflanzen blühen. Sie sind von den positiven Effekten des Zwischenfruchtanbaus überzeugt. Foto: Sturm
Von Axel Sturm
Ladenburg. Die Sprecher der 15 noch bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe, Steffen Linnenbach und Jochen Köhler vom Ladenburger Bauernverband, und der älteste Ladenburger Landwirt Paul Wolf (84), haben schon bessere und atmosphärisch angenehmere Zeiten erlebt. "Zu viele Menschen kritisieren unseren Berufsstand und es wird suggeriert, dass die Landwirtschaft alleine für unsere Umweltprobleme verantwortlich ist", sagt Linnenbach.
"Diskriminiert" fühlt sich gar Jochen Köhler, der nicht verstehen kann, dass die Landwirtschaft derzeit ein so schlechtes Image hat. Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" hat auch für Paul Wolf das Fass zum Überlaufen gebracht. Mit den Zielen den Artenschutz voranzubringen, können sich die drei Landwirte "voll und ganz identifizieren". Aber der Weg, der durch das Volksbegehren eingeschlagen werden soll, sei "existenzbedrohend für die landwirtschaftlichen Betriebe".
"Wir zehren die Böden auf unseren Feldern nicht aus, sondern wir betreiben aktiv Umweltschutz", unterstreicht Linnenbach. In Ladenburg hätten die Landwirte alle kapiert, dass es nur mit und nicht gegen die Natur funktioniert.
Auf Ladenburger Gemarkung - und dies sei in der Region eine Besonderheit - wird der sogenannte Zwischenfruchtanbau betrieben. Schon jetzt blühen zahlreiche Felder gelb und weiß, obwohl die Getreide- und Maisernte seit Wochen eingebracht ist. Die Zwischenfruchtsaaten werden von den Landwirten nach der Ernte gesät. Je nach Art der Zwischenfrucht friert die Pflanze über Winter ab oder wird im Spätherbst geerntet oder im Januar gemulcht.
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Bis zu 100 Euro pro Hektar kosten die Saatmischungen, aus denen schon in wenigen Wochen bunte Ackerflächen entstehen. Grünfuttererbsen, Winterwicken, Senf, Ölrettich, Phacelia, Sonnenblumen, Hafer und Buchweizen sind Pflanzen, die die Felder in rund drei Wochen zu einer Augenweide machen.
Doch nicht der optische Effekt sei der Grund für die Investition, sagen die drei Experten. Eine Landwirtschaft die auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichten will, sei auf Effekte aus dem Zwischenfruchtanbau angewiesen, meinte Paul Wolf, der auf all seinen Äckern in Ladenburg und auf Handschuhsheimer Gemarkung Aussaaten eingebracht hat. Der gelbblühende Senf steht bereits in voller Blüte, und Wolf ist mit dem Wachstum der Pflanzen zufrieden. In diesem Jahr sorgte die feuchte Witterung für das gewünschte Wachstum - im letzten Jahr hingegen war es auch im Spätsommer extrem trocken, sodass die Zwischenfruchtsaaten erst gar nicht keimten.
Linnenbach sagt, dass mit dieser umweltschonenden Methode eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit erreicht wird. Mit dem Anbau einer Zwischenfrucht komme Leben in den Boden, meinte Paul Wolf. Über die Pflanzen wird Energie gespeichert und in Form von leicht umsetzbarer organischer Substanz den Mikroorganismen im Boden als Nahrungsgrundlage zur Verfügung gestellt. Durch die Bodenbelebung werden die Wachstumsbedingungen für die nächste Aussaat verbessert.
Alle Pflanzenfamilien sind auf eine Stickstoffversorgung aus dem Boden angewiesen und durch eine genau abgestimmte Zwischenfruchtpflanzung wird der Stickstoffhaushalt optimiert. Außerdem werden die Nährstoffe gebunden, sodass sie nicht ins Grundwasser gelangen können. Apropos Nahrungsgrundlage: Auch im Spätsommer und Herbst brauchen Bienen und alle anderen Insekten Nahrung. An warmen Spätsommer- und Herbsttagen, wenn die Saat aufgegangen ist, ist das Summen und Brummen unüberhörbar, wenn Spaziergänger an den blühenden Feldern entlang laufen.
Und noch einen positiven Effekt hat der Zwischenfruchtanbau. Er kann nämlich einen entscheidenden Beitrag zur Unkrautregulierung leisten, sodass weniger Spritzmittel eingesetzt werden müssen. Die hochwachsenden Pflanzen entziehen Unkräutern und Disteln das Licht, und ihr Wachstum wird verhindert.
Auch die Humusbildung, ein Messfaktor wie fruchtbar die Böden sind, wird von der Zwischenfruchtpflanzung positiv beeinflusst. "Noch vor zehn Jahren betrug die Humusschicht auf unseren Äckern 15 Zentimeter. Heute haben wir Flächen, auf denen wir 40 Zentimeter Humus haben", berichtet Paul Wolf. Auch das sei ein positiver Effekt der Zwischenfruchtsaaten.
Im Januar haben die Pflanzen übrigens ihre Schuldigkeit getan. Dann wird der natürliche Dünger in die Böden eingepflügt. Auf diese Weise schaffen die Ladenburger Landwirte so umweltschonend wie möglich die Grundlage, damit im Sommer der Mais, die Zuckerrüben oder das Getreide reichlich geerntet werden können.