Der Streit um den Mietspiegel geht in die nächste Runde
Vermieterverein "Haus und Grund" unterstützt Klage gegen den Mannheimer Mietspiegel - OB Kurz kritisiert das Vorgehen scharf

Von Wolf Goldschmitt
Mannheim. Aus der Klage gegen den städtischen Mietspiegel ist ein Politikum geworden. Zeigt die Absicht, den Mannheimer Kompass für Mietkosten zu kippen, soziale Kälte oder ist der Versuch, mehr Geld zu machen, legitim? Nach Ansicht des Mannheimer Vorsitzenden des Vermietervereins "Haus und Grund", Josef Piontek, müssten die Mieten in der Quadratestadt im Durchschnitt 70 Cent höher liegen, als die Kommune derzeit erlaube.
Beim Mannheimer Mietspiegel handelt sich um einen "qualifizierten Mietspiegel" im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der auf wissenschaftlicher Basis erstellt wird und der bisher von den Interessenverbänden und der Rechtsprechung akzeptiert wird. Die aktuell gültige Version ist der 22. Mietspiegel der Stadt. Dieser sei verfälscht, weil die Stadt die Wohnungen der kommunalen Gesellschaft GBG mit in die Preiskalkulation einberechne. Das sei eine Mogelpackung, denn die GBG biete ihre Wohnungen aus sozialen Gründen absichtlich günstiger an als gewerbliche Vermieter. Der Mietspiegel läge ohne die Einbeziehung von Sozialwohnungen nämlich deutlich höher, glaubt Piontek. Sein Verein unterstützt deshalb die Musterklage eines Mannheimers beim Amtsgericht. Der will seinen Quadratmeterpreis für eine Wohnung in Feudenheim von 7,07 auf 8,26 Euro pro Quadratmeter erhöhen, doch der Mieter weigert sich.
Völlig konträr bewertet Oberbürgermeister Peter Kurz die Ausgangslage und reagiert auf die Klage entsetzt. "Es gibt Nachrichten, die glaubt man erst einmal nicht: In einer Zeit steigender Wohnungsnot und deutlich steigender Mietpreise in den Großstädten beteiligt sich der Verband ’Haus und Grund’ an einer Klage, die es ermöglichen soll, höhere Mietsteigerungen als nach Mannheimer Mietspiegel möglich durchzusetzen", verkündet Kurz auf seiner Facebook-Seite.
Völlig verkannt werde dabei, dass Wohnungen kein Wirtschaftsgut wie jedes andere seien. Die derzeitigen Mieten seien laut Kurz unbestritten für Vermieter auskömmlich. Worum es "Haus und Grund" gehe, sei schlicht die weitere Erhöhung des Gewinns von Vermietern beziehungsweise die Refinanzierung spekulativer Preise beim Erwerb von Bestandsimmobilien, schreibt der OB. Das Agieren von "Haus und Grund" sei vor dem Hintergrund bezahlbaren Wohnraums für alle Einkommensschichten gesellschaftspolitisch verantwortungslos.
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Energisch tritt auch der Mannheimer SPD-Vorsitzende, Wolfgang Katzmarek, den Versuchen entgegen, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass es sich bei der eingereichten Klage gegen den Mietspiegel um ein juristisches Problem handeln würde: "Das soll verharmlosen und den Menschen Sand in die Augen streuen."
Wenn ein Vermieter klagt, sei das eine juristische Auseinandersetzung. Wenn sich ein Interessenverband wie "Haus und Grund" hinter die Klage stelle, diese unterstütze und daraus eine Musterklage mache, werde das zum Politikum, und es gehe nicht mehr nur um die Klärung einer Rechtsfrage. Hier solle der Mannheimer Mietspiegel im Interesse der Hausbesitzer angegriffen und das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter belastet werden. Katzmarek sieht durch diese Aktion die bisherige Haltung der SPD zur GBG bestätigt: Die GBG müsse im städtischen Eigentum bleiben und dürfe auf keinen Fall privatisiert werden, so seine Schlussfolgerung.