Winzige Figuren zeigen Heidelberg ganz groß
Susanne Ochs wirft in ihrer aktuellen Ausstellung einen augenzwinkernden Blick auf ihre Wahl-Heimat Heidelberg

Ochs nutzt gerne Wortspiele als Anregungen für ihre Miniatur-Fotos - wie bei diesem Werk, das sie "Herz zeigen" getauft hat. Gemeinsam mit den anderen Bildern ist es bis Dezember in der Ausstellung zu sehen. Foto: Hentschel
Von Sophie Krischa
Heidelberg. "Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren." Diese berühmte Liedzeile, die eigentlich von Fred Raymond stammt, trifft wohl genauso gut auf Susanne Ochs zu, die nun auch eines ihrer Bilder dem Lied widmet. Die Liebe der Wahl-Heidelbergerin zur Stadt wird nicht zuletzt in ihrer aktuellen Fotoserie "Heidelzwerge - Ganz Groß" deutlich, die sie ab Donnerstag im Augustinum zeigt. Liebevoll setzt sie Miniaturfiguren, so groß wie eine Stecknadel, vor idyllischer Heidelberger Umgebung groß in Szene. "Bei der Kulissenauswahl habe ich sehr darauf geachtet, dass jeder erkennen kann, wo das Foto aufgenommen wurde. Dadurch entsteht automatisch ein Bezug zum Bild", erklärt Ochs.

Künstlerin Susanne Ochs vor drei ihrer Kunstwerke im Augustinum. Immer an ihrer Seite: Hund Oskar. Foto: Hentschel
Anders als vielleicht gedacht, richtet sich das Bild jedoch nicht nach dem Set. "Meistens steht am Anfang ein Wortspiel oder der Bildtitel. Erst dann überlege ich mir, wie ich das Ganze bildlich inszenieren kann."
So entstand zum Beispiel das Foto "Schlossbeleuchtung". Das Feuerwerkspektakel, welches dreimal jährlich nicht nur Heidelberger anlockt und in seinen Bann aus kunterbunten Funken zieht, war nur schwer fotografisch umzusetzen. Deshalb entschied sich Susanne Ochs für eine etwas andere Schlossbeleuchtung. Auf dem Bild zu erkennen ist verschwommen, aber dennoch unverkennbar das Schloss, eingetaucht in die warmen Farben der Abendsonne. Davor, den Rücken der Kamera zugewandt und auf die beschriebene Szenerie blickend, drei winzige Figürchen - genau wie alle andere Miniatur-Protagonisten im Maßstab 1 zu 87. "Ich habe mir überlegt: "Wie kannst du die Beleuchtung noch darstellen?" Dann kam die Idee, die Abendsonne als Beleuchtung zu nutzen".
So schafft die Künstlerin einen nicht zu leugnenden Zusammenhang zwischen Werk und Titel. "Die Bilder sind ohne ihre Unterschriften eigentlich unvollständig. Erst durch sie erhalten die Fotos ihr Augenzwinkern, ihren Charme", so Ochs. Dies kann man genauso gut bei dem Foto "Herz zeigen" beobachten. Ein kleiner Mann offenbart seiner Auserwählten sein Herz.
Genau darum geht es der Künstlerin: "Situationsgeschichten" schaffen. Die Bilder sollen ihren eigenen Inhalt haben, dem Betrachter etwas erzählen. Das bedarf eines langen Prozesses mit jeder Menge Planung. "Natürlich könnte ich die Fotos in perfektem Licht schießen und anschließend hinein photoshoppen. Mir ist aber wichtig, die Szenen echt und zum Anfassen abzulichten. Da kommt es dann schon mal vor, dass ich stundenlang am selben Ort stehe und versuche, das perfekte Foto zu schießen."
Insgesamt umfasst das Projekt einen Zeitraum über vier Jahre. Von 2015 bis heute war Ochs immer wieder mit der Kamera in ihrer Wahl-Heimat unterwegs: "Es kam auch schon vor, dass ich unbedingt ein Bild vor einem bestimmten Herbstbaum machen wollte. An dem Tag, an dem ich ursprünglich da war, passte das Licht nicht. Als ich am nächsten Tag wiederkam, lagen alle Blätter bereits auf dem Boden. Also musste ich ein ganzes Jahr warten, bis ich endlich zu meinem Bild kam." Das Warten hat sich gelohnt. Entstanden sind zahlreiche Makro- und Nahfotografien, die Heidelberg von seiner Schokoladenseite zeigen.
Das war jedoch nicht genug - letztes Jahr fuhr die Künstlerin, natürlich mit Miniaturfiguren und Hund Oskar im Gepäck, von Garmisch bis nach Sankt Peter-Ording und besuchte weitere Orte in Deutschland, die bei Touristen aus dem In- und Ausland nicht nur bekannt, sondern auch sehr beliebt sind. Auf dieser Reise erlebten die winzigen "Germinis" - wie sie die Figuren bei diesem Projekt nannte - viele Abenteuer: Beispielsweise streifen sie auf lebendigen Bildern durch die deutsche Hauptstadt, vergnügen sich auf dem Oktoberfest, machen eine Wattwanderung und fahren mit der Zahnradbahn auf die Zugspitze.
Inspiriert wurde Susanne Ochs von ihrem Vater. Der habe schon in ihren frühen Kindheitstagen das Haus mit seinen Miniaturfiguren gefüllt. Aber auch das berühmte "Miniaturwunderland" in Hamburg dient als klares Vorbild. Daran erinnert als kleine Anekdote das letzte Bild der Ausstellung: Eine der Figuren, gekleidet in Gefängniskluft, bricht vor dem Miniaturmuseum aus dem Boden aus - in der Hand hält sie einen winzigen Hammer.
Info: Die Ausstellung ist vom 19. September bis zum 10. Dezember im Foyer des Augustinum, Jaspersstraße 2, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Ein Kalender mit allen Bildern ist bei Schmitt & Hahn erhältlich.