Die Stadt trägt blau-gelb als Zeichen der Solidarität
Rund 800 Menschen zeigten am Donnerstagabend Flagge für die Ukraine: "Wir sind heute aufgewacht in einer anderen Welt".

Von Julia Schulte
Es war ein beeindruckendes Bild in dunklen Zeiten: Rund 800 Menschen versammelten sich am Donnerstagabend im Park am Bismarckplatz, um ihre Solidarität mit der Ukraine auszudrücken und ein klares Zeichen gegen Krieg zu setzen. Aufgerufen zu der Friedenskundgebung hatte zwei Tage zuvor – also vor der russischen Invasion in die Ukraine – die Heidelberger SPD gemeinsam mit der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Rhein-Neckar. Mit einem so großen Andrang hatten die Veranstalter da noch nicht gerechnet, sodass der Platz fast nicht ausgereicht hätte für all die Menschen. Überall waren blau-gelbe Flaggen und Plakate zu sehen, auf denen etwa stand: "Europa muss Putin stoppen", "Putin verpiss dich" und "Poland 1939 – Ukraine 2022".
Der 23-jährige Veranstaltungsleiter Gidion Zieten aus dem SPD-Kreisvorstand sagte kurz vor der Kundgebung, dass ein Sicherheitsgefühl verloren gegangen sei, von dem seine Generation gedacht hätte, dass es sich in Europa hält. Jetzt zu sehen, dass es die reale Möglichkeit gibt, dass ein Staat einen anderen angreift, sei "ein Kulturbruch und ein erschütterndes Erlebnis". Der Pressesprecher der SPD Heidelberg, Andreas Woerlein, sagte, man sei bei der Planung der Kundgebung noch nicht davon ausgegangen, dass die Lage so schnell eskalieren würde. Viele andere Parteien hatten sich dem Aufruf zur Kundgebung angeschlossen, sodass viel mehr Menschen als erwartet kamen. Auch die Rednerliste war am Ende lang: Zwölf Menschen traten während der knapp zweistündigen Kundgebung ans Mikrofon.
Den Auftakt machte Ernst Lüdemann, Gründer und Ehrenvorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft. Er bedankte sich bei allen Anwesenden, da jede Zusammenkunft dieser Art der Bevölkerung in der Ukraine zeige, dass sie nicht allein sei. "Wir sind heute aufgewacht in einer anderen Welt", sagte Lüdemann. Besonders viel Applaus erntete er für die Aussage, dass man in Europa und Deutschland heute vor dem Scherbenhaufen einer lange verfehlten Politik stehe. "Aber wir wollen nicht in Zorn zurückblicken auf die letzten acht Jahre, sondern freuen uns jetzt über die klare und geschlossene Haltung gegen den Aggressor Putin."
Der stellvertretende Vorsitzende der Dachorganisation ukrainischer Organisationen in Deutschland, Andri Kaprocki, sagte, dass die Ukrainer von Deutschland jetzt mehr fordern würden als solidarische Worte. "Es braucht auch militärische sowie humanitäre Hilfe."
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Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner war ebenfalls auf den Bismarckplatz gekommen und hielt eine kurze, emotionale Rede. "Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine und senden ein klares Signal aus Heidelberg", sagte er. Man sei bereits in Gesprächen mit Menschen, die für sich und ihre Familien in der Ukraine keinen sicheren Ort mehr sehen und werde ihnen in Heidelberg einen sicheren Hafen bieten.
Die Heidelberger Landtagsabgeordnete und baden-württembergische Wissenschaftsministerin, Theresia Bauer (Grüne), gestand in ihrer Rede Fehler ein. Man habe in der Vergangenheit eine zu weiche Rhetorik angewendet, etwa als die Krim 2014 annektiert wurde. In Heidelberg sei man damals ganz nah dran gewesen, weil sich die Partnerstadt Simferopol auf der Krim befindet. "Wir haben damals fehlende Entschlossenheit gezeigt", so Bauer.
Der Vorsitzende der Heidelberger CDU, Alexander Föhr, sagte, es sei der erste Tag des Endes von Wladimir Putin. "Denn auf Dauer lässt sich der Ruf nach Freiheit nicht unterdrücken", so Föhr. Er erinnerte außerdem an die ukrainischen Soldaten, die einem übermächtigen Staat gegenüberstünden und nun mit allen Mitteln ihr Land verteidigen würden.
Die Stimmung bei der Kundgebung war sehr emotional. Viele hatten sich in die blau-gelben Landesfarben gehüllt. Immer wieder skandierten die Anwesenden für die Ukraine – auf Ukrainisch. Auch von einem plötzlichen Wolkenbruch ließen sich die meisten nicht abschrecken. Hunderte verharrten weiter im Regen – um in Kriegszeiten ein Friedenszeichen zu setzen.