"Wir fahren im Moment im Nebel"

So wirkt sich die Corona-Krise auf die Weiße Flotte in Heidelberg aus

Saisonstart verschoben - Hoffnung auf schnelle Beruhigung der Lage

03.04.2020 UPDATE: 05.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden
Karl Hofstätter ist Geschäftsführer der Weißen Flotte und hat in den letzten Jahren massiv in seine Schiffe investiert. Foto: Alex

Von Timo Teufert

Heidelberg. Am Samstag hätten die Schiffe der Weißen Flotte wieder von der Anlegestelle am Neckarstaden – unterhalb der Stadthalle – ablegen sollen. Doch die Corona-Krise führt dazu, dass sich die Winterruhe für das Unternehmen verlängert. Welche Auswirkungen das hat, erklärt Geschäftsführer Karl Hofstätter im Interview.

Herr Hofstätter, heute hätte eigentlich die Saison der Weißen Flotte beginnen sollen. Wie fühlen Sie sich?

Es ist eine surreale Situation. Angesichts des tollen Wetters der letzten Wochen haben wir auf den Saisonstart hingefiebert, denn das ist nach den zehrenden Wintermonaten eine wichtige Einnahmequelle. Doch jetzt dürfen wir nicht fahren. Ich bin verunsichert, weil man einfach nicht weiß, was vor uns liegt und mache mir große Sorgen, auch um unsere 35 festangestellten Mitarbeiter. Letzte Nacht habe ich zwei Stunden wach gelegen und alle möglichen Szenarien durchgespielt. Doch das Problem ist so groß, dass man es gar nicht zu Ende denken kann. Die Situation ist einfach nicht fassbar.

Was bedeutet es denn für die Weiße Flotte, dass sie wegen der Corona-Krise nicht ablegen darf?

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Vor uns lag ein supertoller Saisonstart: Wir hatten so viele Charter-Aufträge von Unternehmen, die ihre Veranstaltungen bei uns machen wollten, dass es bei der Königin Silvia bis in den Herbst kaum noch freie Termine mehr gab. Jetzt mussten wir die Charterfahrten bis in den Mai hinein absagen. Auch die Bustouristen, die bei uns Linienfahrten fest gebucht hatten, kommen nicht. Wenn wir jetzt ein oder zwei Monate einen Ausfall haben, können wir das verkraften. Dauert es länger, ist die Frage, ob wir im Sommer so viel Umsatz erwirtschaften können, dass wir über den Winter kommen? Wir sind ein Saisonbetrieb: Im Sommer futtern wir uns den Winterspeck an.

Was hatten Sie denn alles geplant?

Wir haben drei neue Mottofahrten im Programm und für die Fahrt "Mord an Bord" konnten wir ein neues Ensemble gewinnen. Jetzt müssen wir versuchen, die ersten Mottofahrten zu verschieben. Johann Lafer kommt im Winter aber wieder an Bord.

Und wie läuft jetzt der Betrieb bei Ihnen?

Im Büro haben wir derzeit nur eine Notbesetzung, unsere Auszubildenden werden weitergebildet und der Rest der Mannschaft ist seit 1. April in Kurzarbeit. Wir wollen im April das Kurzarbeitergeld noch auf 80 Prozent aufstocken, ob wir das noch im Mai können, weiß ich aber nicht. Die 70 bis 80 Saisonkräfte für den Sommer haben wir noch nicht eingestellt, wir könnten sie ja gar nicht bezahlen. Wir versuchen, unsere Liquidität möglichst lange aufrecht zu erhalten und haben deshalb auch die Soforthilfen beantragt. Die sind bei uns aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Sie brauchen also Ihre Fahrgäste...

Natürlich. Wir leben von vielen Menschen, die mit unseren Schiffen fahren. In der schönen Zeit verdienen wir das Geld, auch mit Tagesfahrten nach Bad Wimpfen, zu Events wie "Rhein in Flammen" oder zur Schlossbeleuchtung. Im Winter kann ich außer für Events niemanden aufs Schiff locken. Deshalb sind ein schöner Frühling und ein nicht so heißer Sommer wichtig für uns. Es gibt eine alte Fahrgastschiffer-Weisheit: Wenn Ostern nichts ist, muss Pfingsten was werden, sonst wird die ganze Saison nichts mehr.

Wann wollen Sie denn nun loslegen?

Ich muss ehrlich sagen, wir fahren im Moment im Nebel. Wir hatten mal das Ende der Osterferien anvisiert. Wir hoffen darauf, dass wir unter Auflagen wieder fahren dürfen. Aber vermutlich wird sich unser Saisonstart noch weiter nach hinten verschieben. Die Vorbereitungsarbeiten an den Schiffen haben wir im März erledigt, unsere Flotte und unsere Mannschaft sind sofort einsatzbereit. Von einem Tag auf den anderen könnten wir wieder fahren.

Fürchten Sie, dass die Krise auch nach einem Ende noch Auswirkungen auf die Weiße Flotte haben wird?

Ich denke schon, dass es dauert, bis die Auslastung wieder stimmt. Es könnte natürlich unsere Rettung sein, dass viele Leute dann nicht ins Ausland in den Urlaub fahren und stattdessen daheim in der Region etwas unternehmen. Im Gegensatz zur Kreuzfahrtindustrie hatten wir auch bei der Wirtschaftskrise 2008/09 positive Effekte.

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