"Wir Mexikaner mögen die Deutschen einfach"
Studentin Vanesa Guadarrama absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Region - Am Sonntag schlägt ihr Herz für beide Teams

Studentin Vanesa Guadarrama schwenkt zwar die mexikanische Flagge, aber am Sonntag wünscht sie sich ein Unentschieden. Das Spiel will sie im Marstallhof anschauen. Foto: Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Die Fußball-WM läuft, weltweit schauen sich die Fans Spiele an und feuern "ihr" Land an. Doch überall gibt es Menschen, die sich die Entscheidung für einen Favoriten nicht leicht machen. Vanesa Guadarrama ist eine von ihnen. Zwar gerät die 25-Jährige ins Schwärmen, wenn sie von ihrem Heimatland spricht, aber seit zehn Monaten lebt die Studentin in der Region - und Deutschland hat sie schon immer fasziniert. Für wen sie am morgigen Sonntag sein wird? "Mein Herz schlägt für beide Seiten", sagt sie und lacht: "Ich hoffe auf ein Unentschieden."
Eigentlich lebt Guadarrama in Toluca, einer Stadt mit einer halben Million Einwohnern in der Nähe von Mexiko-Stadt, und studiert dort Industrie-Design. Schon früh entdeckte sie jedoch ihre Begeisterung für die deutsche Kultur, die Musik und die Sprache. Also belegte sie Deutschkurse und bewarb sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Metropolitan International School mit Sitz in Heidelberg. Nun arbeitet sie seit August 2017 in deren dreisprachigem Kindergarten in Viernheim. "Ich wollte schon immer hierher kommen, und das war eine gute Gelegenheit."
Guadarrama ist ohnehin überzeugt, dass die Mittelamerikaner und die Mitteleuropäer gut miteinander auskommen. "Wir Mexikaner mögen die Deutschen einfach", betont sie. Die Kulturen seien zwar verschieden, aber passten doch gut zusammen. Das Gefühl habe sie schon bei den vielen Deutschen gehabt, die sie in ihrem Heimatland getroffen habe. Hier sei es zwar schwierig gewesen, deutsche Freunde zu finden, aber "ich war überrascht, dass die meisten nicht so kalt sind, wie man überall sagt". Sie sei etwa nach wenigen Wochen von Hamburg in die Region gezogen, mit einem riesigen Koffer - "und ich bin ziemlich klein". "Aber viele Menschen haben mir ihre Hilfe angeboten."
Fragt man sie nach Mexiko, spricht die 25-Jährige von den natürlichen Reichtümern des Landes, von den schönen Stränden, den Wüsten, dem Urwald. "In meiner Stadt gibt es sogar einen Vulkan." Aber sie weiß auch um das schwierige Image, das ihr Land im Rest der Welt hat: "Das organisierte Verbrechen ist sehr stark. Das weiß jeder", erklärt sie verärgert. "Aber nicht jeder in Mexiko ist schlecht oder kriminell!" Im Gegenteil: Vor allem junge Menschen machten sich derzeit für eine Wende stark, für ein Ende des Drogenhandels und der Korruption. "Das Problem ist aber, dass die Stimme der Regierung in Mexiko lauter ist als die des Volkes." Eine richtige Demokratie habe es dort nie gegeben.
Auch interessant
Das Spiel ihres Heimatlandes gegen die deutsche Auswahl will Guadarrama am Sonntagnachmittag im Marstallhof verfolgen - gemeinsam mit anderen Mexikanern aus Heidelberg und Umgebung, die sich über Facebook koordiniert haben. Und wie weit kommt "El Tri", wie die Nationalmannschaft Mexikos genannt wird? "Bis ins Finale natürlich", sagt die Studentin und lacht laut: "Wir Mexikaner sind optimistisch."