Schwellenhaushalte können sich Preise nicht mehr leisten
Doch kein Wohneigentum für sie. Zehnte Wohnungen in neuen Quartieren werden nicht mehr vergünstigt verkauft.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Wer in Heidelberg eine Wohnung sucht, braucht in der Regel viel Glück oder viel Geld. Während es für Menschen mit sehr wenig Geld zumindest die Möglichkeit gibt, sich für eine öffentlich geförderte Wohnung zu bewerben, gibt es für eine andere Gruppe kaum Angebote.
Die sogenannten Schwellenhaushalte verdienen nämlich gerade so viel, dass sie für Sozialwohnungen nicht in Frage kommen – aber eben auch so wenig, dass sie es auf dem freien Wohnungsmarkt extrem schwer haben.
Um Schwellenhaushalten zu helfen, hatten Stadt und Gemeinderat eigentlich entschieden, dass jede zehnte Wohnung, die auf den Konversionsflächen in der Südstadt und in Rohrbach neu entsteht, an diese Haushalte verkauft wird – und zwar für einen Preis zehn Prozent unterhalb des Marktwertes. Eigentlich – denn mit steigenden Baukosten und Zinsen funktioniert das Modell nicht mehr.
Am Mittwoch dürfte der Gemeinderat deshalb das Ende dieses Instrumentes beschließen. Stattdessen soll die Zahl der öffentlich geförderten Mietwohnungen ebenso steigen wie die, der frei vermieteten.
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Schon im Januar 2021 kamen bei der RNZ Beschwerden auf, dass die neuen Wohnungen für die Zielgruppe viel zu teuer seien. Damals kostete eine 93-Quadratmeter-Wohnung bereits rund eine halbe Million Euro. Und eine vierköpfige Familie, für die sie geeignet wäre, darf nicht mehr als 90.500 Euro brutto pro Jahr verdienen, um dafür in Frage zu kommen.
Dennoch wurden 120 der Wohnungen in der Südstadt bis zum Jahr 2022 verkauft – vor allem an Schwellenhaushalte, die am oberen Rand der Einkommensgrenzen lagen und über ein entsprechendes Eigenkapital verfügten.
Doch seit Anfang 2022 sind zwei Dinge geschehen: Die Zinsen für Kredite haben sich vervielfacht und gleichzeitig hat der Krieg in der Ukraine dazu geführt, dass die ohnehin schon hohen Baukosten weiter gestiegen sind.
Wer in die Definition Schwellenhaushalt passt, kann sich seitdem auch die geförderten Eigentumswohnungen nicht mehr annähernd leisten. Oder wie es Wolfgang Polivka, Leiter des städtischen Konversionsamtes vergangene Woche im Konversionsausschuss ausdrückte: "Geförderter Wohnraum für Schwellenhaushalte ist gerade nicht der Zielgruppe zuzuführen."
Nun schlägt die Verwaltung vor, das Modell vorerst zu beerdigen. Die restlichen 240 Wohnungen, die in der Südstadt noch gebaut und verkauft werden sollten, sollen stattdessen jeweils zu 50 Prozent zu geförderten und zu frei vermieteten Wohnungen werden. Auf dem Hospitalgelände sollen so ebenfalls 28 Sozialwohnungen mehr entstehen.
Damit erreiche man zwar nicht das Ziel, mehr Menschen den Kauf einer Eigentumswohnung zu ermöglichen, bedauerte OB Eckart Würzner. Aber dafür biete man mehr günstigen Mietwohnraum an. "Und später – wenn die Bedingungen besser werden – ist ein Verkauf an Schwellenhaushalte immer noch möglich."
Einen höheren Anteil an Sozialwohnungen, wie ihn die SPD prüfen lassen wollte, hält Gerald Kraus, Prokurist der städtischen Wohnungsgesellschaft GGH, die auf beiden Konversionsflächen selbst Wohnungen baut, nicht für umsetzbar.
Denn um die Landesförderung dafür zu erhalten, brauche es mittlerweile deutlich mehr Eigenkapital als vor dem Krisenjahr 2022. "50 Prozent geförderter Wohnraum ist das Maximum. Mehr ist nicht machbar", so Kraus. Vor allem könne man aber nur mit dem frei vermieteten Wohnraum den Schwellenhaushalten, um die es ja gehen sollte, überhaupt ein Angebot machen. "Die haben ja per Definition keinen Anspruch auf eine geförderte Wohnung."
Dieses Argument überzeugte auch die allermeisten Stadträte – am Ende stimmten bis auf eine Nein-Stimme und eine Enthaltung ausnahmslos alle zu. Doch die Gemeinderäte pochten darauf, dass diese frei vermieteten Wohnungen – zumindest bei der Erstvermietung – auch ausschließlich an Schwellenhaushalte vergeben würden.



