Universität Heidelberg

Auf einen Schlag doppelt so viele Doktoranden

Die Uni Heidelberg zählte erstmals durch und stellte fest: Es sind knapp 8000 - Neues Hochschulgesetz soll ihnen mehr Rechte geben

03.12.2017 UPDATE: 04.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden

Im Sommer feierten Medizin-Doktoranden mit Rektor Bernhard Eitel (in Gelb-Schwarz) vor der Neuen Universität ihre Doktorwürde. Foto: Uni HD

Von Denis Schnur

Heidelberg. Als die Universität Heidelberg vor drei Jahren damit begann, ihre Doktoranden zentral zu erfassen, dachte man im Rektorat, dass 3000 bis höchstens 5000 junge Forscher dort promovieren. "So hatten wir geschätzt", erinnert sich Prof. Óscar Loureda Lamas, der im Rektorat für die Doktoranden zuständig ist. Doch je länger die Registrierung dauerte, desto klarer wurde, wie weit man daneben lag - und mittlerweile weiß man: 7958 Menschen arbeiten derzeit an der Uni an ihrer Doktorarbeit - also ein paar Tausend mehr als erwartet.

Prof. Óscar Loureda Lamas ist im Rektorat für die Doktoranden zuständig. Foto: Hentschel

Dass das Rektorat so weit daneben lag, klingt seltsam. Doch derzeit ist die Ruperto Carola bundesweit die einzige Universität, die überhaupt eine Gesamtzahl ihrer Doktoranden angeben kann. An anderen Hochschulen gibt es noch keine zentrale Erfassung. Denn bislang galt: Für eine Promotion sind vor allem Doktorvater oder Doktormutter verantwortlich, daneben die Fakultät, die gute Rahmenbedingungen schaffen soll. Die Universität als Institution spielte keine große Rolle.

Hintergrund

> 7958 Menschen arbeiten derzeit an der Uni Heidelberg an ihrer Dissertation, darunter 2600 Mediziner in Heidelberg und 1000 an der Medizinischen Fakultät Mannheim. Die Biowissenschaftler sind mit 1150 Doktoranden stark vertreten.

> Etwa 3000 davon sind derzeit

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> 7958 Menschen arbeiten derzeit an der Uni Heidelberg an ihrer Dissertation, darunter 2600 Mediziner in Heidelberg und 1000 an der Medizinischen Fakultät Mannheim. Die Biowissenschaftler sind mit 1150 Doktoranden stark vertreten.

> Etwa 3000 davon sind derzeit als Promotionsstudenten eingeschrieben, um vom Studentenstatus zu profitieren.

> 1200 Doktoren beenden jährlich ihre Promotion an der Uni Heidelberg, 2007 waren es noch 900. Deutschlandweit sind es aktuell etwa 28.000.

> 27 Prozent der Doktoranden stammen aus dem Ausland. Vor allem an der Philologischen Fakultät (38 Prozent) sowie an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (34) und der Physik-Fakultät (33) ist ihr Anteil hoch.

> 3 bis 4,6 Jahre dauert es in der Regel von der Anmeldung bis zum Erreichen des Titels. Sozial- und Geisteswissenschaftler brauchen im Schnitt etwas länger (3,8 bis 4,6 Jahre) als Naturwissenschaftler (3 bis 4 Jahre). dns

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Das zeigt, dass die Wertschätzung für den wissenschaftlichen Nachwuchs bisher nicht gerade groß war, wie auch Loureda findet: "Das sind die besten Köpfe für die Wissenschaft und standen nie im Fokus." Zumindest im universitären Umfeld soll sich das ändern. Die zentrale Erfassung war nämlich kein Selbstzweck, sondern soll Grundlage für eine Qualitätsverbesserung der Ausbildung im Rahmen des Projektes "HeiDocs" sein. "Wir sind bundesweit die erste Uni, die ein umfassendes Programm hat, an allen Fakultäten die Rahmenbedingungen zu verbessern", so Loureda.

Professoren und Fakultäten blieben zwar für alles, was die Forschung betrifft, die alleinigen Ansprechpartner der Promovierenden, aber die Universität will sie darüber hinaus mit besserer Betreuung, besseren Strukturen und einem größeren Kursangebot unterstützen. Interne Stipendien der Uni sollen zudem denen helfen, bei denen die Promotion länger dauert als etwa die Förderung durch reguläre Stipendien. Auch die Mobilität der Nachwuchsforscher soll erhöht werden - durch Zuschüsse, die Forschungsaufenthalte oder den Besuch von Konferenzen im Ausland ermöglichen. Zwei Millionen Euro investiert die Universität in das Programm.

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Zudem bezieht sie die Doktoranden auch in ihren eigenen Gremien mehr ein, als es das Hochschulgesetz verlangt. Seit zwei Jahren gibt es einen beratenden Vertreter im Senat der Universität. Auch in den Fakultäten selbst bekommen die Doktoranden mehr Mitspracherecht. "Mehr lässt das Gesetz bislang nicht zu", erklärt Loureda.

Geht es nach Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, ändert sich das im nächsten Jahr: Eine Reform des Landeshochschulgesetzes soll regeln, dass die Doktoranden neben Studenten, Professoren und dem Mittelbau eine eigene Statusgruppe an den Universitäten darstellen - mit allen Rechten und Pflichten. Für Loureda wäre das ein wichtiger Schritt, der viel "politischen Mut" verlange und "ein qualitativer Sprung in Deutschland" sei.

Aktuell sind die Doktoranden aufgeteilt: Viele sind an der Uni angestellt, etwa als Dozenten - sie zählen als Mitarbeiter. Knapp die Hälfte ist als Student eingeschrieben und der Rest bei externen Institutionen angestellt. Für Loureda ist die Zusammenfassung in einer Gruppe sinnvoll, denn die Doktoranden seien nicht bloß Mitarbeiter und erst recht keine Studenten: "Die Promotion ist die erste Phase der Forschung, nicht die letzte der Ausbildung."

Deshalb müsse nach der institutionellen Anerkennung, wie sie die geplante Gesetzesreform leiste, auch die soziale folgen. Denn gerade die Doktoranden, die nicht an der Uni angestellt, haben oft mit Problemen zu kämpfen: Viele leben von Stipendien, die ihnen rund 1000 Euro im Monat bringen. Eine Krankenversicherung ist darin nicht enthalten. Zudem zahlen sie nicht in die Rentenkasse. Der Großteil braucht einen Nebenjob, der häufig die Promotion verlängert. Für Loureda muss deshalb noch viel passieren für den Forscher-Nachwuchs: "Man kann nicht der wissenschaftlichen Elite der Gesellschaft solche prekären Bedingungen anbieten."

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