Ein Rettungsring für Studierende in der Krise
Der Studierendenrat kritisiert die Corona-Hilfen: zu wenig sei im Topf, zu viele würden vernachlässigt und die Belastung durch Schulden sei zu hoch. Der Rat hat das eigene Notlagenstipendium aufgestockt und sucht Unterstützer.

Von Hans Böhringer
Heidelberg. Die Coronakrise stürzt Studierende in finanzielle Not. Durch Einschränkungen in der Gastronomie und beim Einzelhandel haben viele ihre Nebenjobs verloren, Miete und Gebühren laufen aber weiter. Normalerweise arbeiten etwa zwei Drittel neben dem Studium, mehr als die Hälfte dieser Erwerbstätigen gibt an, davon abhängig zu sein – so die "Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks" von 2016.
Um Studienabbrüche wegen Geldmangels zu vermeiden, schnüren nun verschiedene Institutionen Hilfspakete. Das Bundesministerium für Forschung und Bildung verspricht zinslose Studienkredite bis März 2021 sowie eine Aufstockung der Nothilfefonds der Studierendenwerke mit einer Gesamtsumme von 100 Millionen Euro. Für April und Mai bietet das Land Baden-Württemberg bedürftigen Studierenden bis zu 450 Euro pro Monat – als zinsloses Darlehen.
Diese Angebote stoßen jedoch auf Kritik: Zu wenig im Topf, zu viele Vernachlässigte und zu groß die Belastung durch die Schulden, findet die Studierendenvertretung der Uni Heidelberg. Der Studierendenrat (Stura) hat daher die Kapazität seines eigenen Notlagenstipendiums erweitert. Dieser Zuschuss soll finanzielle Engpässe für bis zu drei Monaten überbrücken, je nach Bedarf gibt es einen monatlichen Betrag bis zum aktuellen Bafög-Höchstsatz.
"Sich mit Anfang 20 zu verschulden, ist eine Zumutung." So sieht Annalena Wirth, Pressereferentin des Sturas, das Hilfsprogramm des Landes. Das Stua-Notlagenstipendium diene als schnelle Hilfe ohne Zusatzbelastung gerade für diejenigen, die sonst durch das Raster fallen würden. 50 Anfragen sind nach Angaben Wirths seit März eingegangen – mehr als im gesamten Vorjahr. Viele kämen von ausländischen Studierenden, denn die seien mit 1500 Euro Semestergebühren zusätzlich belastet.
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"Die letzte Option wäre, mein Appartement zu vermieten und bei einer Freundin einzuziehen", berichtet eine Studentin am Südasieninstitut, die anonym bleiben möchte. Sie studiert im letzten Mastersemester, da sie aus Bangladesch kommt, muss sie Studiengebühren zahlen. Sie erzählt, sie habe eine Petition für die vorübergehende Streichung der Studiengebühren unterschrieben und außerdem gehofft, dass es jetzt eine Mietminderung für die Wohnheime gebe – beides vergebens. Die Studentin beschreibt, wie mit der Krise ihre Lebensgrundlage weggebrochen ist: Der Arbeitsvertrag für ihren Nebenjob sei nicht verlängert worden, ihre Familie in Bangladesch kämpfe ebenfalls mit den wirtschaftlichen Folgen und könne ihr nicht helfen. "Bisher gibt es vom Staat kein Hilfspaket für uns internationale Studierende, nur Kredite", erklärt sie. Daher habe sie sich für das Notlagenstipendium des Sturas beworben.
Bei der Aufstockung des Stipendiums habe der Stura Glück gehabt, meint Pressereferentin Wirth: Da die unter normalen Umständen ebenfalls angebotenen Zuschüsse für Exkursionen nun hinfällig seien und viele Veranstaltungen wegfielen, habe man Finanzmittel umlagern können. So sei der Geldtopf von 30.000 Euro auf 105.000 Euro gewachsen. "Trotzdem", sagt Wirth, "reicht das nicht." Der Stura ruft deshalb Unternehmen und Privatleute zur Spende auf, um das Stipendium auszuweiten.
Info: Mehr Infos zur Spende finden sich auf der Internetseite des Sturas unter www.stura.uni-heidelberg.de/angebote/notlagenfonds oder per E-Mail an finanzen@stura.uni-heidelberg.de.



