Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim

Im Uniklinikum gab es Lunchpakete und Tiefkühlkost

Die "Wasserkrise" traf die Einrichtung im Neuenheimer Feld schwer, aber man war vorbereitet - Man wollte schon eigene Brunnen ans Netz hängen

07.02.2019 UPDATE: 08.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Nachdem das Trinkwasser auch in allen Kiliken im Neuenheimer Feld wegen der Verunreinigungen abgestellt wurde, wurden laufende Operationen noch zu Ende geführt, aber das Routineprogramm eingestellt. Unser Archiv-Foto zeigt eine Herztransplantation aus dem Heidelberger Universitätsklinikum. Quelle: Uniklinik​

Von Micha Hörnle

Heidelberg. Auch das Uniklinikum war gestern im Ausnahmezustand. Pflegedirektor Edgar Reisch berichtet, wie der Tag bei ihm ablief und wie das Klinikum reagierte.

Wie schlimm war die Situation für das Uniklinikum?

Wir haben gegen 10 Uhr von der Stadt die Nachricht bekommen, dass das Grundwasser verunreinigt ist und man es nicht zum Trinken, zum Reinigen, zum Putzen oder gar zum Händewaschen benutzen darf. Sofort haben wir den Krisenstab für Katastrophenfälle einberufen und festgelegt, was kurzfristig gemacht werden muss. Im ersten Schritt wurden alle Mitarbeiter informiert.

Wie machen Sie das?

Auch interessant
Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim: "Als würde die Welt untergehen"
Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim: So reagierten die Supermärkte in der Stadt
Entwarnung!: Trinkwasser in Heidelberg und Dossenheim darf wieder verwendet werden (plus Video)
Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim: Aufregung um blaues Trinkwasser in Heidelberg und Dossenheim

Über viele Wege: durch E-Mails, durch Informationen im Intranet und zusätzlich geschaltete Warnfenster, sogenannte Pop-ups. Ebenso wurde auf allen PCs eine Tickerleiste geschaltet. Schließlich wurden die wichtigsten Persönlichkeiten über eine Telefonkette angerufen und konnten dann die Information an ihre Teams weitergeben.

Wurde das Uniklinikum vom städtischen Wassernetz getrennt?

Ja, wir haben das Uniklinikum umgehend vom Wassernetz getrennt und zudem unsere eigenen Brunnen für Gebrauchswasser, die beispielsweise Wasser für Toilettenspülungen liefern, auch vom Netz genommen. Wir beziehen den größten Teil unseres Wassers von den Stadtwerken, aber einen Teil unserer Toiletten versorgen wir mit eigenen Tiefbrunnen.

Wie lief es in den Stationen? Ich habe gehört, es gab nichts zu essen.

Natürlich haben wir die Patienten versorgt: Unser Mittagessen, das zeitlich gesehen bereits vor der offiziellen Warnung zubereitet wurde, mussten wir entsorgen. Wir haben an die Patienten Lunchpakete oder aufgewärmte Tiefkühlkost verteilt. Darüber hinaus wurden die Mitarbeiterkantinen zugemacht und keine Heißgetränke wie Kaffee oder Tee ausgegeben, Kaltgetränke gab es nur noch aus Flaschen.

Und die Operationen? Ich habe gehört, sie sollen ausgefallen sein.

Laufende Operationen wurden zu Ende geführt, aber das Routineprogramm wurde eingestellt, weil für die Bodenreinigung nach einer Operation Wasser benötigt wird. Auch wird für Operationen sauberes OP-Besteck benötigt - auch hier geschieht die Reinigung mit Wasser. Bei den Not-Operationen während der "Wasserkrise" konnten wir uns mit Wasser aus Flaschen behelfen.

Wie war denn die Stimmung auf den Stationen?

Wir konnten nicht abschätzen, wie lange die Warnung der Stadt Bestand haben wird, haben eigentlich erwartet, dass die Entwarnung viel früher erfolgt. Dennoch war die Stimmung ruhig und lösungsorientiert. Bei der zweiten Krisensitzung haben wir uns dann die Planungen für die nächsten Tage vorgenommen: Wir haben Wasser in Tanklastzügen und große Mengen an Wasserflaschen geordert. Wir hatten auch überlegt, die nicht benutzbaren Toiletten durch Dixi-Klos zu überbrücken. Als unser Krisenstab auseinanderging, kam dann schließlich die Entwarnung.

Wie katastrophal wäre es denn, wenn am Uniklinikum das Trinkwasser über längere Zeit ausfällt?

Generell sind wir durch Vorratshaltungen vorbereitet, doch trifft uns ein Wassermangel schon an vielen grundlegenden Versorgungsstellen: Reinigen, Kochen, Wäsche, Sterilisieren oder Patientenhygiene. Insofern war ein Konsens der Krisensitzung, alles, was wir unterstützend tun können, zu tun: So wurde bereits ein Institut für Wasserproben beauftragt: Wir wollten unsere Tiefbrunnen kontrollieren und sie bei gutem Ergebnis der Qualitätsprüfung wieder ans Netz nehmen. Wir haben die Situation in Summe gut gemanagt, unser Krisenmanagement hat gut funktioniert.

Gab es denn Anzeichen von Panik oder Beunruhigung?

Gar nichts. Die Telefonzentrale berichtete von mehr Anrufen. Hätte die Situation länger angedauert, hätten wir eine Notfallnummer eingerichtet und unsere Ambulanzen verstärkt. Generell waren wir dank eines kurzen Drahts zu Stadt und den Ämtern gut informiert und konnten entsprechend die Dinge regeln.

Haben ihre Angestellten frei bekommen? Als ich mittags im Neuenheimer Feld war, sah es so aus, als würden die Leute fast fliehen.

Nein, lediglich den Angestellten der Wäscherei haben wir freigegeben, aber das sind ja nur eine Handvoll Leute. Ansonsten haben alle gearbeitet. Aber unabhängig davon: Eine verstopfte Ausfahrt zur Berliner Straße gibt immer.

Weitere Artikel zum Thema gibt es unter www.rnz.de/Trinkwasser

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.