Theater Heidelberg

Wenn der Papa mit dem Sohne in der "Zauberflöte" spielt

Anselm und Wilfried Staber spielen zusammen in Mozarts "Zauberflöte" am Theater - Der Große hat Lampenfieber, der Kleine bleibt cool

08.09.2017 UPDATE: 09.09.2017 06:00 Uhr 4 Minuten, 3 Sekunden

Eines ist klar: Anselm Staber will auch mal Opernsänger werden. Damit wird er wohl in die Fußstapfen seines Vaters Wilfried treten. Gemeinsam singen die beiden aktuell in zwei Versionen der Zauberflöte am Theater - hier in "Erzähl mal, Papa(geno)". Foto: Taake

Anselm und Wilfried Staber spielen zusammen in Mozarts "Zauberflöte" am Theater - Der Große hat Lampenfieber, der Kleine bleibt cool

Von Anica Edinger

Es war im September 1998. Wilfried und Nicole sangen gemeinsam im Chor der Musikhochschule im österreichischen Graz. Beide brauchten den Schein fürs Studium - und daher probten sie nun für Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Zauberflöte". "Da fand ich sie schon toll", schwärmt Wilfried Staber noch heute. Fast 20 Jahre später leben die beiden gemeinsam in Leimen, sie sind verheiratet, haben zwei Kinder - und eines spielt in ihrem Leben noch immer eine Rolle: die Zauberflöte.

Denn Wilfried Staber singt sie noch immer. Nicht mehr in Graz und nicht mehr mit seiner Frau - sondern im städtischen Theater gemeinsam mit seinem zwölfjährigen Sohn Anselm. Wenn in der kommenden Woche also die Saison in Heidelberg wieder beginnt, gibt Wilfried Staber in "Die Zauberflöte" an neun Terminen den Sarastro, Sohn Anselm singt dabei den Dritten Knaben. Und auch in der Kinderversion des Werks - "Erzähl mal, Papa(geno)!" - stehen beide gemeinsam auf der Bühne: Der Große spielt den Papageno, der kleine seinen Sohn Filiusgeno. Quasi wie im echten Leben.

"Für uns ist das nicht schwierig, zu spielen. Denn wir geben uns auch im Alltag mal ein Bussi", berichtet Wilfried Staber. Und Anselm ergänzt: "Es macht mir noch mehr Spaß, weil Papa mit dabei ist." Überhaupt: Der Zwölfjährige weiß schon ziemlich genau, wo es für ihn im Leben hingehen soll: "Ich will auch Opernsänger werden." Er stehe einfach gerne auf der Bühne, um zu singen. Oper findet er "spannend". Und: "Die Kostüme, das Zusammenspiel mit dem Orchester und den anderen auf der Bühne macht mir sehr viel Spaß", sagt Anselm. Und sein Vater bemerkt: "Ich hätte mich das als Kind nicht getraut." Noch heute habe er mit Lampenfieber vor den Auftritten zu kämpfen - "und Anselm ist meistens ganz cool", so der 44-Jährige.

Wilfried Stabers Weg zur Oper war nicht ganz so geradlinig, wie der seines Sohnes wohl sein wird: Er wurde im österreichischen Fohnsdorf geboren und studierte nach dem Abitur zunächst Elektrotechnik in Graz. Daneben habe er zwar in mehreren Chören gesungen, doch als er Gesang studieren wollte, habe man ihm gesagt, er sei noch nicht bereit dazu. Also studierte Staber zunächst Stimm- und Sprachheilkunde. "Ich dachte, wenn ich schon nicht selbst Sänger werden kann, möchte ich anderen dabei helfen." Schließlich landete er irgendwann als Radiosprecher beim ORF, "das habe ich zwei oder drei Jahre gemacht, dann wurde es mir zu oberflächlich". Er ging zum Musical, wirkte in mehreren Produktionen an der Freien Bühne Arena Graz mit - und schnupperte erstmals Opernluft bei einem Kindermusical an der Grazer Oper. "In der Kantine hat man meinen Namen ausgerufen: ,Staber zur Bühne bitte.‘ Das fand ich toll." 1996 nahm er das Studium in Graz auf, den Abschluss machte er schließlich im Jahr 2004 bei dem renommierten Professor Josef Loibl an der Hochschule für Musik und Theater in München. Sein erstes Engagement direkt nach dem Studium: Theater und Orchester Heidelberg. Am 22. Juli 2005 wurde Anselm hier geboren. Den Anruf bekam Staber, als er gerade mitten in den Proben zu "Don Giovanni" war. Heute singt Anselm in eben dieser Oper im Kinderchor - am 21. Oktober ist Premiere.

Die Familie blieb zunächst nur drei Jahre in Heidelberg. Dann zog es sie einige Jahre nach Köln; zur Spielzeit 2009/10 kehrte Wilfried Staber wieder zum Sänger-Ensemble des hiesigen Theaters und Orchesters zurück. Zwischendurch sang er fast überall in der Republik: in Mannheim, Karlsruhe, Koblenz oder auch in Bremen. Für eine Inszenierung ging sogar nach Kapstadt. Wie ein roter Faden zieht sich dabei eines durch Stabers Karriere: Mozarts "Zauberflöte". Über 100 Mal hat er sie schon gesungen - nicht nur in Heidelberg, sondern auch am Opernhaus in Köln oder bei den Bregenzer Festspielen. "Es ist meine meistgespielte Oper", sagt der Bass. Auch für Anselm spielt die Zauberflöte eine ganz besondere Rolle: Schließlich nimmt sie mit den beiden Inszenierungen am Theater schon jetzt einen großen Teil seines jungen Lebens ein. Neben seinem Engagement an der städtischen Bühne spielt Anselm auch Klavier. Zudem singt er im Chor in Leimen - und auch am St.-Raphael-Gymnasium in Neuenheim, wo er zur Schule geht, ist er beim Schulchor mit dabei. "Ich bin ziemlich verplant unter der Woche", sagt er gelassen. Stress? Kennt er nicht. "Ich habe auch noch Zeit, meine Freunde zu treffen", so der Zwölfjährige. Musik höre er auch privat - und das wahnsinnig viel. Auch klassische - Anselm verpasst keines der Konzerte der Heidelberger Philharmoniker - aber natürlich vor allem modernere Sachen, am liebsten Techno oder Dubstep. Papa Wilfried weiß: "Wenn beide Elternteile einen künstlerischen Beruf ausüben, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eines der Kinder in diese Fußstapfen tritt, bei fast 100 Prozent."

Dabei hat der Sohn dem Vater schon jetzt eines voraus: Während Anselm sich den Text einmal durchliest und ihn dann schon drauf hat, muss Papa Wilfried länger büffeln. Vorzugsweise in der Straßenbahn. Denn dann bleibt auch nachher mehr Zeit, daheim die Zeit mit der Familie zu genießen. "Ich bin ein Familienmensch", sagt Wilfried Staber. Und im Zweifel würde er sie auch der Karriere vorziehen. Doch glücklicherweise ist die Situation in Heidelberg komfortabel: Staber kann nachmittags zu Hause bei den Kindern sein, bevor er abends auf der Bühne steht. Er hat ein festes Engagement, ist zufrieden mit seinen Rollen - und für Gastauftritte ist das Theater immer bereit, den Sänger auszuleihen. "Das ist nicht selbstverständlich", weiß er. Erst dieses Jahr gab er so ein gefeiertes Debüt als Ochs auf Lerchenau im Rosenkavalier am Theater Koblenz. Staber liebt seinen Job. Er sagt: "Wenn ich zum Theater fahre, habe ich überhaupt nicht das Gefühl, arbeiten zu gehen." Denn: "Ich stehe einfach wahnsinnig gern auf der Bühne - und habe den Luxus, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben."

Am 15. September ist Wilfried Staber im Marguerre-Saal des Theaters in der "Zauberflöte" auf der Bühne zu sehen. Einen Tag später, am 16. September, feiert die Kinderversion des Stücks mit Anselm und seinem Vater Premiere. Langweilig wird den beiden dabei nie. Wilfried Staber sagt: "Die Zauberflöte ist die perfekte Mischung aus würdevoll und trotzdem lustig." Und wenn er seinen Anselm auf der Bühne sieht, dann fließen auch schon einmal die Tränen - einerseits aus Freude, aber natürlich auch, weil er unheimlich stolz auf seinen Sohn ist.

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