Erstsemester mit angeblicher Wohnung in Neuenheim betrogen
2910 Euro für Kein-Zimmer-Wohnung: Der 18-jährige Ben fiel bei "Ebay Kleinanzeigen" einer klassischen Betrugsmasche zum Opfer. Kein Vermieter bei der Schlüsselübergabe.

Symbolfoto: dpa
Von Hannes Huß
Heidelberg. Neue Studierende haben es auf dem Wohnungsmarkt oft besonders schwer. Für sie sind Besichtigungen mit erheblichem Aufwand verbunden, einige von ihnen müssen dafür zunächst aus der Ferne anreisen, sind entsprechend wenig spontan und bedürftig. So auch der 18-jährige Ben. Er verlor 2910 Euro an einen Betrüger.
Auf sein Wohnungsgesuch im Portal "Ebay Kleinanzeigen" antwortete eine Immobilienfirma, sie vermiete eine Ein-Zimmer-Wohnung für 440 Euro warm pro Monat. In Neuenheim, ganz in der Nähe der Pädagogischen Hochschule, schien die Wohnung für den 18-jährigen Lehramts-Erstsemester wie gemacht. Die Zeit drängte auch für ihn, zu diesem Zeitpunkt wohnte er mit neun anderen Personen in einem Hostelzimmer für 50 Euro die Nacht. Die angebliche Mitarbeiterin der Immobilienfirma schickte ihm direkt Fotos der Wohnung und einen Mietvertrag zu. Es sollte alles ganz schnell gehen, sonst würde sie die Wohnung an eine Person aus dem Jobcenter vermieten. Ben wurde aufgefordert, 660 Euro zu überweisen, dann, so hieß es, hätte er die Wohnung sicher.
Heute weiß er, dass das eine klassische Betrugsmasche ist. Denn die vermeintliche Immobilienfirma meldete sich täglich bei ihm, die Überweisung sei nicht angekommen, er müsse nochmals Geld überweisen. Die vorherigen Überweisungen bekomme er natürlich zurückerstattet. Immer wieder traten neue angebliche Probleme auf. Einmal brauchte die Steuerberaterin das Geld, um eine Berechtigung zu erwirken, ein anderes Mal gab es einen Fehler mit der Geschäftspartnerin. Insgesamt 2910 Euro überwies Ben in dem Glauben, so zum Start seines ersten Semesters in Heidelberg eine Wohnung sicher zu haben. Er hat alle seine Überweisungen genau dokumentiert. Als er am Tag der Schlüsselübergabe nochmals 490 Euro überweisen sollte, bat er zuvor die Polizei um Rat. "Die sagten, dass die Website seriös aussehe, mehr konnten sie auch nicht helfen", sagt er.
So überwies Ben zum insgesamt vierten Mal Geld an die vermeintliche Immobilienfirma und ging abends mit seiner Mutter zur Schlüsselübergabe. Dort tauchte allerdings kein Vermieter auf und sie beide realisierten schnell, dass die angebotene Wohnung nicht existierte. Auch auf Anrufe reagierte der angebliche Vermieter nicht mehr. Sie gingen sofort zur Polizei, um Strafanzeige zu erstatten, diese konnte ihnen am späten Samstagabend allerdings nicht sofort weiterhelfen, weswegen die Anzeige erst am Montag aufgenommen wurde. Im Nachhinein ist dem 18-Jährigen klar, dass er einem altbekannten Betrugsmuster aufgesessen ist: "Wäre ich nicht in dieser Lage gewesen, hätte ich natürlich kein Geld überwiesen."
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Davon rät auch die Polizei dringend ab: "Überweisen Sie kein Geld vorab als sogenannte Sicherung für einen Besichtigungstermin." Gesundes Misstrauen und die Verwendung der Google-Bilder-Rückwärtssuche (Wie geht das?) helfen häufig: "Oft werden die Bilder der angeblichen Wohnungen aus dem Internet entnommen und für die Anzeigen missbräuchlich verwendet." Des Weiteren sollen Suchende immer auf den Angebotstext achten, die angegebenen Nebenkosten hinterfragen und sofort misstrauisch werden, wenn Druck aufgebaut wird.
Doch wie Bens Fall zeigt, sind Wohnungssucher häufig nicht in der Position, eine angebotene Unterkunft gründlich zu hinterfragen, sondern ignorieren aus Verzweiflung Warnhinweise. So ging es für Ben zu Semesterbeginn erstmal zurück in ein Hostelzimmer: "Ich habe keinen Platz, an dem ich meine Ruhe habe und mein Zeug machen kann", sagt er. Die Situation belaste ihn natürlich: "Ich gebe mein Bestes, aber es ist schon eine starke Ablenkung." Das Geld sei auch weg, die Polizei habe zwar Spezialisten, die in solchen Fällen weiterhelfen können: "Die meinten aber, dass ich mich nicht drauf verlassen soll." Er müsse jetzt einfach abwarten, durch die finanzielle Unterstützung seiner Eltern sei er zum Glück nicht in akuter finanzieller Not.
Einige Tage und etliche WG-Besichtigungen später hatte Ben dann doch noch Glück: Er bekam durch eine Whatsapp-Gruppe für wohnungslose Erstsemester ein WG-Zimmer, in dem er unbefristet wohnen kann.
Info: Mehr Hinweise der Polizei, wie man betrügerische Anzeigen erkennen kann, gibt es im Internet unter: https://kurzelinks.de/4n7v