Für ein gutes Bier benötigt die "Heidelberger"-Brauerei fünf Wochen (Fotogalerie)
Die Heidelberger Brauerei im Pfaffengrund bildet seit März mit "Welde" aus Plankstadt eine "Familie".

Von Hannes Huß
Heidelberg. Puh, ist das heiß hier drinnen. Während schon auf dem Hof der Heidelberger Brauerei im Pfaffengrund die Hitze flimmert, steigt die Temperatur im Sudhaus ins Unerträgliche. Dabei hat Braumeister Lutz Wirsching die Anlage für die rund 25 Teilnehmer der RNZ-Sommertour durch die Brauerei abgestellt, ansonsten würden da 45 Grad Celsius herrschen, wie er erklärt. Auch Max Spielmann, Geschäftsführer der "Welde"-Brauerei und, seit März dieses Jahres damit auch für die "Heidelberger" verantwortlich, staunt: "Das Beeindruckendste sind die Arbeitsbedingungen der Braumeister."
Für Spielmann war es eine richtige Premiere, die Sommertour. Erst seit März leitet er die Geschicke im Pfaffengrund, in einer "Nachfolgeregelung" wurden die Brauereien zusammengeführt und bilden nun "eine Familie", wie der neue Chef sagt. Dennoch, die beiden Brauereien bleiben auch in Zukunft "eigenständig". "Wir planen hier weiterhin Bier aus Heidelberg für die Heidelberger herzustellen."
Veränderungen gab es dennoch schon im Pfaffengrund, zu denen auch Lutz Wirsching gehört. Dieser ist zwar ein "Heidelberger-Urgestein", machte seine Lehre noch am alten Standort in Bergheim und baute vor 40 Jahren die Anlagen hier mit auf, verbrachte die letzten sechs Jahre allerdings in Lettland als Bierbrauer. Seit Kurzem ist er wieder Erster Braumeister in Heidelberg, was Spielmann sichtlich freute: "Vor allem, was alkoholfreie Biere angeht, da können wir noch sehr viel von Lutz lernen."
Lernen, das konnten auch die Sommertouristen von Wirsching. Fachkundig erklärte er ihnen bei der Führung durch die Brauerei, wie aus Gerste Bier wird und wie sich durch den Klimawandel die Zyklen der Gerstenernte verschoben haben. Durch die wärmeren Winter wird die sogenannte Wintergerste immer besser, und die Bauern können sie immer früher säen.
Das Wasser, das Wirsching und seine Kollegen für das Brauen verwenden, muss erst einmal gefiltert werden, erklärte er: "Wir benötigen weiches Wasser von fünf Grad Deutscher Härte." Auch wenn die Anlagen dafür in der Brauerei deutlich größer sind, so sei der Prozess gar nicht so kompliziert: "Das sind so Filter wie die Britt-Filter zuhause." Das war früher noch anders, als das Bier noch "Schlossquelle" hieß, benannt nach seiner Quelle, deren Wasser über Leitungen durch die Altstadt in die Bergheimer Brauerei transportiert wurde und mit seinem Härtegrad von zwei Grad ideal fürs Bierbrauen war.
Mit großem Interesse folgten die RNZ-Abonnenten Wirsching durch die Anlagen der Brauerei, vom Sudhaus bis zur Lagerhalle. Auch nach den Jahren in Lettland bewegte sich Wirsching mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Anlagen. Mit merklicher Freude an der eigenen Arbeit erklärte der Erste Braumeister den Besuchern, welche Schritte die Gerste durchläuft, damit sie zu Bier wird und worin der Unterschied zwischen untergärigen und obergärigen Bieren besteht.
Diesen erläuterte Wirsching dann auch direkt anschaulich anhand der Molekülstruktur, bevor Geschäftsführer Spielmann nach der Tour durch die Brauerei den Sommertouristen den Unterschied noch einmal in der Praxis vorführte, nämlich mit einer Verkostung.
"Der größte Unterschied zwischen uns regionalen Bierbrauern und der Massenproduktion ist Zeit: Wir haben den Luxus, uns viel Zeit zu nehmen", erklärte Spielmann. Gut fünf Wochen benötigt ein gutes Bier. Nach der einwöchigen Hauptgärung bekommt das Bier drei bis vier Wochen Zeit zur Reife und Lagerung, in der Massenproduktion bleibt dafür nur eine Woche. "Das setzt die Hefe unter Stress und sie produziert mehr Nebenprodukte."
Auch die Produktion des "Heidelbergers" stellen Spielmann und sein Team aktuell um, wie das Plankstädter "Welde" soll es als "Slow Beer" produziert werden. Außerdem werden teilweise neue Rohstoffe eingesetzt. "Das war schon auf sehr hohem Niveau, jetzt wird es noch mal ein Level besser", freute sich Spielmann.
Voller Begeisterung erläuterte er den Sommertouristen, warum "Helles" heutzutage so beliebt ist, und servierte ihnen eine kleine Kostprobe aus der "Heidelberger"-Brauerei. "Das fand ich am besten", lobte Gabriele Mark. Auch das Weizen der Brauerei, ein obergäriges Bier, erfreute sich großer Beliebtheit unter den Besuchern: "Das ist für uns einfach ein tolles Sommergetränk", erzählten Elisabeth und Karl Frank in der "Darre", der Schankstube im Pfaffengrund.
Während Spielmann geduldig Fragen zur Philosophie seiner Brauereien beantwortete, ließen die Sommertouristen dort gemütlich den Abend ausklingen, natürlich mit einem kalten Bier in der Hand.














