"Wir haben beim Bund Gehör gefunden"
Die Kommunen würden auf Dieselautos verzichten, aber es gibt bisher keine Alternative

OB Eckart Würzner. Foto: Gerold
Von Micha Hörnle
Am gestrigen Montag war OB Eckart Würzner beim Abgasgipfel bei der Bundeskanzlerin. Der RNZ erklärt das Stadtoberhaupt, was das Treffen in Berlin gebracht hat.
Herr Würzner, haben Sie ein Problem damit, im Wahlkampf auf einem Abgasgipfel mit der Kanzlerin aufzutreten?
Ich glaube nicht, dass das Treffen vom Wahlkampf bestimmt war, sondern vor allem vom Dieselskandal. Weil neben den vermeintlich niedrigen Abgaswerten auch noch der Dieselkraftstoff steuerlich begünstigt wurde, sind viele Menschen umgestiegen - und nun fällt die Stickoxidbelastung in vielen Städten höher aus.
Wie stark ist denn diese bei uns?
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In Heidelberg auf einem hohen Niveau, aber noch unter den Grenzwerten, nur die Mittermaierstraße ist recht nahe dran. In Mannheim gibt es Überschreitungen bei einer Hauptverkehrsachse. Als besonders belastet gelten München oder Stuttgart.
Können denn nicht einfach die Kommunen mit gutem Beispiel vorangehen - und sich von ihren Dieselautos trennen?
Gerade bei schweren Fahrzeugen haben wir fast ausschließlich Diesel. Das liegt vor allem daran, dass uns nichts anderes angeboten wird. Bei kleineren Transportern gibt es bereits Elektrofahrzeuge. Aber allein schon bei unserem neuen Bücherbus, den wir in der Elektroversion bestellen wollten, zeigte sich, wie schwer das ist. Im Moment gibt es einfach zu wenig Alternativen, umzusteigen. Das muss sich dramatisch ändern.
Aber es gibt doch eine Neuentwicklung: die Mannheimer E-Busse "Primove", die sich beim Fahren wieder selbst aufladen.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob dieses Induktionsprinzip mit einer Batterie von "Primove" der richtige Weg ist. Ich denke da eher an Busse mit einer Brennstoffzelle, die man ganz unproblematisch mit Wasserstoff betanken kann - und die eine größere Reichweite haben. Aber es ist in jedem Fall wichtig, neue Wege zu gehen.
Nun wurde ein aufgestocktes Mobilitätsprogramm auf den Weg gebracht. Und diese eine Milliarde ist für was gut?
Für die Umstellung unserer Nahverkehrsflotte beispielsweise. Aber das darf noch nicht alles sein. Es wäre genauso sinnvoll, den Nahverkehr an sich zu stärken. So bekommen wir bisher nur Geld für den barrierefreien Umbau von Haltestellen, aber nicht für die Sanierung von Gleisen. Auch da gibt es noch viel zu tun.
Reicht denn die eine Milliarde?
Noch lange nicht. Nur zum Vergleich: Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg subventionieren ihren Nahverkehr mit 100 Millionen Euro im Jahr. Aber weil das alles noch nicht zu Ende verhandelt ist, gibt es im Herbst ein Folgegespräch.
Sicher?
Die Kanzlerin hat das zugesichert, so sie noch im Amt ist. Aber das ist auch ein wichtiges Thema für jede andere Regierung.
Ihre Meinung zum Dieselfahrverbot?
Das ist die Ultima Ratio, aber in der jetzigen Situation kein geeignetes Mittel, weil die entsprechenden Fahrzeuge größtenteils noch nicht auf dem Markt sind.
Würden Sie die Steuerbegünstigung für Diesel streichen?
Ja, absolut. Das sind ja immerhin 1,5 Milliarden Euro im Jahr. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Benziner andere Abgasprobleme verursachen.
Erst am Sonntag hat die Kanzlerin gesagt, dass es noch über Jahrzehnte Verbrennungsmotoren geben wird. Stimmen Sie ihr zu?
Nein, denn man sollte lieber eine klare Perspektive aufzeigen. Deswegen finde ich auch das Konzept des Bundesumweltamtes gut, das 2025 30 Prozent Anteil der Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen vorsieht und 2030 70 Prozent.
Die Briten wollen sogar ab 2040 Verbrennungsmotoren ganz verbieten …
Gerade bei der Abgasproblematik sind Verbote meist gescheitert. Besser sind Anreizsysteme, Regeln und Vorgaben, die machbar sind, und eine klare Überprüfung.
Ist das nicht eher ein europäisches, wenn nicht ein globales Problem?
Ja. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Netzwerks "Energy Cities" werde ich versuchen, dieses Thema auf europäische Ebene zu bringen. Aber es ist gut, dass es jetzt ein erstes Treffen auf Bundesebene gab.
Alles in allem: Hat es sich gelohnt?
Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Gerade die Kommunen fanden ein stärkeres Gehör als sonst - und wir konnten von unseren Problemen berichten, gerade, was die Beschaffung von Fahrzeugen angeht. Nach diesem Treffen können Bund, Länder und Gemeinden ihre Strategien besser aufeinander abstimmen.



