Mark-Twain-Center Heidelberg

Wie viel darf der Erinnerungsort kosten?

Stadträte streiten über Mark-Twain-Center - Emotionales Plädoyer des Oberbürgermeisters - Große Mehrheit für Konzept

16.11.2018 UPDATE: 17.11.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden
Heidelberg mit Blick auf die Stadtteile Neuenheim (links) und Bergheim sowie der Altstadt (rechts). Foto: Busalt

Von Denis Schnur

Heidelberg. Irgendwann reichte es dem Oberbürgermeister. Eckart Würzner unterbrach die Debatte im Konversionsausschuss, die sich schon einige Minuten darum drehte, ob die Stadt in den nächsten drei Jahren rund vier Millionen Euro für Einrichtung und Betrieb des Mark-Twain-Centers (MTC) ausgeben soll. "Manchmal verstehe ich die Diskussion in diesem Gremium nicht", begann das Stadtoberhaupt sein emotionales Plädoyer für das transatlantische Zentrum. "Wir können diesen Teil der Geschichte doch nicht einfach ausradieren."

Denn, und das betonte Würzner, Heidelberg hat ein Alleinstellungsmerkmal, was die deutsche Nachkriegsgeschichte betrifft: Hier saßen außerhalb der Vereinigten Staaten die meisten US-Generäle, zigtausende Soldaten verbrachten einen Teil ihres Lebens in der Stadt, hier wurde über Krieg und Frieden entschieden. "Das ist keine politische Frage, ob wir das Zentrum einrichten. Das müssen wir leisten", so der OB.

Das MTC soll in der ehemaligen Kommandantur gemeinsam mit dem Heidelberg Center for American Studies forschen, mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut Kulturprojekte umsetzen sowie Ausstellungen zur Geschichte Heidelbergs und der USA zeigen. Diese sollen interaktiv und biografisch umgesetzt werden - etwa durch eine Datenbank, in der Besucher aus den USA schauen können, ob Verwandte in Heidelberg stationiert waren. Zumindest zu Beginn ist das MTC dabei als Unterabteilung des städtischen Kurpfälzischen Museums (KMH) organisiert.

Einige Räte im Konversionsausschuss haben jedoch Bedenken. Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) etwa betonte, er sei "vom Konzept nicht überzeugt" und fürchte, "dass das zum Touristenspot verkommt". Alexander Schestag (Piraten) warnte, andere Kultureinrichtungen würden unter der Finanzierung des MTC leiden. Judith Marggraf (Grün-Alternative Liste) betonte zwar, sie stehe hinter den Ideen, mache sich aber Sorgen um die Finanzierung. Denn das Betreiberkonzept, das MTC-Leiter Uwe Wenzel vorstellte, sieht vor, dass Sponsoren und Fördergelder gewonnen werden. "Da schrillen bei mir alle Alarmglocken", mahnte Marggraf - denn bisher wurden kaum Spenden eingeworben. "Wir überblicken zum Teil gar nicht, welche Folgekosten wir produzieren mit unseren Entscheidungen." Und auch Grünen-Rätin Kathrin Rabus äußerte Bedenken: "Reichen die Folgekosten von 500.000 Euro?" So viel sieht eine Berechnung Wenzels pro Betriebsjahr vor.

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Die Mehrheit des Gremiums zeigte sich jedoch überzeugt vom Konzept: "Wenn man was Gutes haben will, muss man auch Geld dafür ausgeben", erklärte Werner Pfisterer für die CDU-Fraktion. Außerdem entkräftete KMH-Direktor Frieder Hepp einige der Bedenken: Schließlich habe auch die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte einst als Abteilung seines Hauses angefangen. Heute ist sie eigenständig und wird vom Bund finanziert. Das ist auch beim MTC die Hoffnung, schließlich werde das Projekt schon jetzt bundesweit bewundert. Und der Bund hat bereits knapp zwei Drittel der Instandsetzungskosten für das Gebäude (insgesamt 2,5 Millionen Euro) getragen.

Entsprechend stimmte am Ende eine große Mehrheit von 13 Räten für das Betreiberkonzept des MTC, nur Weiler-Lorentz sprach sich dagegen aus, Marggraf und Schestag enthielten sich.

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