Leihfahrräder für alle - braucht man das?

03.07.2018 UPDATE: 04.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden
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Pro: "Die Kooperation kostet weniger als ein Bahnticket" - Stura-Verkehrsreferent Erik Tuchtfeld (Jusos) wirbt für das Modell

Erik Tuchtfeld. Foto: Privat

Soll die Verfasste Studierendenschaft eine Kooperation mit Nextbike eingehen, damit die Nutzung der Leihfahrräder für eine halbe Stunde pro Fahrt kostenfrei wird? Klar ist: Die allermeisten Studierenden in Heidelberg haben ein eigenes Fahrrad. Diesen Komfort wird auch die Kooperation mit Nextbike nicht ersetzen können.

Es gibt aber viele Situationen, in denen der kostenfreie Zugriff auf ein Leihfahrrad trotzdem nützlich ist. Manchmal ist das eigene Fahrrad vielleicht nicht einsatzfähig, weil es kaputt ist oder geklaut wurde, ein anderes Mal benötigt man ein zusätzliches Fahrrad, weil Freunde zu Besuch sind. Oder man fährt abends mit der Bahn in die Altstadt und kommt dann erst nach Hause, wenn der öffentliche Nahverkehr schon nicht mehr fährt.

Hintergrund

> Die Kooperation mit VRN-Nextbike soll es künftig allen Uni-Studenten ermöglichen, jederzeit kostenfrei die Leihräder des Anbieters zu nutzen. Stimmen

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> Die Kooperation mit VRN-Nextbike soll es künftig allen Uni-Studenten ermöglichen, jederzeit kostenfrei die Leihräder des Anbieters zu nutzen. Stimmen die Studenten bei der Urabstimmung in der nächsten Woche mehrheitlich zu, können sie ab nächstem Semester die Räder immer für eine halbe Stunde kostenlos nutzen - und das beliebig oft am Tag.

Zwischen zwei Nutzungen müsste eine Viertelstunde Pause liegen. Dies würde nicht nur für die Leihräder gelten, die Nextbike in Kooperation mit dem VRN hier in der Region unterhält, sondern für fast alle Nextbike-Stationen in Deutschland wie etwa in Berlin, Karlsruhe, Frankfurt und vielen anderen Städten.

Dafür müssten alle Studenten - unabhängig davon, ob sie das Angebot nutzen - 2,40 Euro pro Semester an den Anbieter zahlen (ab Wintersemester 2019/20 wären es 2,45 Euro). Der Vertrag soll zunächst für drei Jahre laufen. Er würde dem Studierendenrat zudem Mitspracherechte bei der Einrichtung von 5 weiteren VRN-Nextbike-Verleihstationen geben. Bislang gibt es ungefähr 30 im Heidelberger Stadtgebiet.

Über eine ähnliche Kooperation stimmten die Heidelberger Studenten bereits 2016 ab. Damals sprachen sich 53 Prozent gegen den Vertrag aus. Im Gegensatz zu damals können die Studenten die Leihräder in diesem Jahr von Mai bis Juli kostenlos testen. dns

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Das gleiche gilt, wenn man für einige Tage mit dem Zug wegfährt und in dieser Zeit das eigene Fahrrad nicht am Hauptbahnhof stehen lassen möchte. Die kostenfreie halbe Stunde reicht innerhalb von Heidelberg aus, um zu fast jedem Ort zu kommen. Sobald nach der Rückgabe fünfzehn Minuten vergangen sind, kann das Nextbike erneut umsonst ausgeliehen werden.

Dazu kommt: Die Nutzung der Nextbikes wird nicht nur in Heidelberg kostenfrei. Überall in Deutschland - mit Ausnahme von Dresden, München und Usedom -, wo es Nextbikes gibt, wird unser Tarif anwendbar sein. Das sind mehr als 50 Städte, unter anderem Berlin, Frankfurt, Karlsruhe, Kassel, Köln und viele mehr. Egal, ob man die Stadt nur für ein paar Tage besucht oder ein längeres Praktikum macht, man hat immer ein Fahrrad zur Verfügung.

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Kosten soll die Kooperation 2,40 Euro pro Person im Semester. Solidarisch finanziert. Ein Einzelticket des VRN kostet 2,60 Euro. Spart man sich ein Ticket, hat sich die Kooperation gelohnt. Außerdem werden im Falle des Vertragsschlusses weitere Stationen in der ganzen Stadt aufgebaut.

Meines Erachtens können wir als Studierende von einem zusätzlichen, kostenfreien Verkehrsmittel, was uns allen zur Verfügung stünde, nur profitieren!

Contra: "Finanzielle Belastung sollte so gering wie möglich sein" - Charlotte Zudrop (Liberale Hochschulgruppe) ist dagegen

Charlotte Zudrop. Foto: privat

Nächste Woche wird erneut über den Kooperationsvertrag mit der Nextbike GmbH abgestimmt, nachdem sich die Studierenden bereits 2016 gegen die Kooperation und die damit einhergehende Erhöhung des Semesterbeitrags, zunächst um 2,40 Euro, ausgesprochen haben. Hat sich in der Zwischenzeit etwas an den Bedürfnissen der Studierenden geändert?

Die geringen Nutzungszahlen aus der Testphase zeigen: Nur wenige nutzen das Angebot. Trotz intensiver Bewerbung haben sich im ersten Monat nur circa 1,6 Prozent der Studierenden angemeldet.

Darüber hinaus sollte das Ziel der studentischen Vertreter sein, die finanzielle Belastung für die Studierenden so gering wie möglich zu halten. Eine Zwangsabgabe für Nextbike erhöht die Summe der Kosten, die ohnehin zu tragen sind - wie zum Beispiel der Beitrag für das Semesterticket (25,80 Euro im Semester).

Problematisch ist auch der Zeitpunkt der Entscheidung, da für dieses Semester die Urabstimmung über das landesweite Semesterticket mit einer enormen finanziellen Mehrbelastung für alle Studierenden geplant ist. Bei Einführung hätten alle Studierenden mindestens 71,75 Euro pro Semester zu zahlen. Außerdem ist nicht absehbar, wie die Einführung des landesweiten Tickets das Mobilitätsverhalten der Studierenden verändern würde.

Wirklich gewinnen würden die Studierenden, wenn sich bester Service und Preis-Leistungsverhältnis im Wettbewerb durchsetzen: Deutschlandweit gibt es eine Vielzahl von Bikesharing-Angeboten. Der Kooperationsvertrag mit Nextbike würde dem Unternehmen ungerechtfertigt einen bequemen Wettbewerbsvorteil einräumen und pro Semester nutzungsunabhängig hohe, von Studierenden gezahlte Einnahmen garantieren.

Die Lösung muss daher eine Opt-In-Möglichkeit sein, bei der jeder selbst entscheiden kann, ob er oder sie Nextbike nutzen möchte. Diese stellt im Gegensatz zum finanziellen Geschenkpaket an Nextbike einen nachhaltigen Ansporn für das Unternehmen dar, im Wettbewerb bestmögliche Leistungen zu erbringen.

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