Heidelberger Subkultur-Festival wird 2018 nicht stattfinden
Keine Zuschüsse aus dem neuen Innovationsfonds – "Vor den Kopf gestoßen"

Der junge Paderborner Foto- und Videograf Alexander Höschen stellte letztes Jahr beim "Alternativen Frühling" in einem leer stehenden Gebäudeteil der Bahnstädter Skylabs aus. Im kommenden Jahr wird es das Festival nicht geben. Foto: Schäfer
Von Anica Edinger
Heidelberg. Für die Halle 02 war er der große Hoffnungsträger: der neue Heidelberger Innovationsfonds "KulturLabHD", aus dessen Topf Gelder für innovative und spontane Kulturprojekte bereitgestellt werden. Doch jetzt dürfte Ernüchterung in der Bahnstadt herrschen. Denn beide Anträge der Halle 02 wurden vom städtischen Kulturamt abgelehnt - mehr noch: Sie wurden nicht einmal mehr bewertet, da sie nicht den formalen Anforderungen des Kriterienkatalogs des Fonds entsprachen.
Hintergrund
Anica Edinger zum Innovationsfonds
Thema verfehlt: So könnte man den negativen Bescheid bewerten, den das Kulturamt dem "Alternativen Frühling" zugesandt hat. Die Macher der Halle 02 wurden während der Haushaltsverhandlungen ganz offenbar hinters Licht
Anica Edinger zum Innovationsfonds
Thema verfehlt: So könnte man den negativen Bescheid bewerten, den das Kulturamt dem "Alternativen Frühling" zugesandt hat. Die Macher der Halle 02 wurden während der Haushaltsverhandlungen ganz offenbar hinters Licht geführt. Man machte ihnen Hoffnungen auf Zuschüsse aus dem Fonds, die sich jetzt als Luftnummer erweisen. Das erste Kulturformat, das die Halle 02 in den letzten Jahren mit seinen städtischen Zuschüssen finanziert hat, muss nun bereits die Notbremse ziehen. Damit geht ein wertvolles Festival verloren, das eine wichtige Nische bediente - die Sub- und Jugendkultur.
Denn diese leidet in Heidelberg immer mehr - das Clubsterben und die Raumnot für junge Veranstaltungen sind zwei Symptome von vielen. Das liegt auch daran, dass die alternative Jugendkultur ausgerechnet im Ausschuss für Bildung und Kultur keine richtige Lobby mehr hat. Denn nachdem Halle 02-Chef Felix Grädler den Ausschuss verlassen hat, sitzt nur noch eine Expertin in dem Gremium: Kathrin Rabus, die sich seit vielen Jahren für die Szene einsetzt - und ausgerechnet sie ist gerade in Mutterschutz.
Seit diesem Sommer steht "KulturLabHD" zur Verfügung - jetzt wurde über die ersten Anträge entschieden. 17 sind insgesamt im Kulturamt eingegangen - und auch die Halle 02 hatte sich um die Förderung von zwei Projekten bemüht. 20.000 Euro hatte sie für den "Alternativen Frühling", rund 3900 Euro für das Format "Freitags achtbiszehn" beantragt. Schließlich machte man der Halle 02 noch in den Haushaltsverhandlungen 2016 große Hoffnungen: Das Kultur- und Veranstaltungshaus könne durch den Fonds in Zukunft unterstützt werden - er war auch eines der Argumente, mit dem gerechtfertigt wurde, dass die Halle 02 ihre städtischen Zuschüsse gestrichen bekommt.
Der Grund für den negativen Bescheid: Der "Alternative Frühling" sei kein innovatives, neues Projekt, heißt es auf RNZ-Anfrage aus dem Kulturamt. Schließlich habe er letztes Jahr seinen fünften Geburtstag gefeiert. Und in den Fördergrundsätzen des Fonds, die im Sommer dieses Jahres vom Ausschuss für Bildung und Kultur mit einstimmigem Beschluss verabschiedet wurden, steht: "Gefördert werden neue Kulturprojekte, die in dieser Form bislang nicht durchgeführt wurden und die sich durch einen innovativen Charakter auszeichnen." Dieser wurde weder dem "Alternativen Frühling" noch "Freitags achtbiszehn" bescheinigt.
"Wir waren schon vor den Kopf gestoßen, als die Absage kam", sagt Katharina Gerhardt, die seit der ersten Stunde beim "Alternativen Frühling" dabei ist. Gerade, weil es in den Haushaltsverhandlungen 2016 immer geheißen habe, der "Alternative Frühling" sei ein geeigneter Kandidat für den Fonds, sei das ganze Team überrascht - vor allem aber enttäuscht. "Wir dachten eigentlich, das Festival passt wie die Faust aufs Auge in den Innovationsfonds", sagt auch Alexander Schäfer vom "Alternativen Frühling". Denn was bei der Bearbeitung des Antrags vom Kulturamt nicht beachtet worden sei, seien die vielen innovativen Projekte, die unter dem Dach des "Alternativen Frühlings" in den letzten Jahren entstanden seien.
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"Unter dem Mantel des Festivals wurde Kultur für Leute ermöglicht, die sich einmal ausprobieren wollen", sagt Gerhardt. Wichtig sei dabei immer der Netzwerkgedanke gewesen: "Es trafen Menschen aufeinander, die sonst nicht zusammenarbeiten würden - so arbeiteten schon einmal ein Videokünstler und eine Schauspielerin zusammen und es entstand ein komplett neues Projekt", sagt Gerhardt. Über 16 Veranstaltungen gab es allein im vergangenen Jahr, ebenso viele Kooperationspartner waren dabei - darunter nicht nur die Halle 02, sondern auch das Deutsch-Amerikanische Institut, die Breidenbach Studios, der "Raumfänger", aber auch Vereine wie das "Kultur-Tandem".
Im kommenden Jahr wird es das alles nicht geben - denn die Organisatoren müssen die Notbremse ziehen. "Die Konsequenz aus dem negativen Bescheid ist, dass der ,Alternative Frühling‘ 2018 nicht stattfinden kann", sagt Gerhardt. Es sei dem Team nicht möglich, die Gelder dafür in der kurzen Zeit extern zu akquirieren - und auch die Halle 02 kann nicht mehr als Schirmherr dienen, da sie selbst keine Förderung von der Stadt mehr bekommt. "Wir brauchen die Pause, um uns zu überlegen, wie wir die Finanzierung in Zukunft stemmen können", bedauert Gerhardt.
Einen Zuschlag bekamen dagegen diese Projekte: "Shared Reading" vom Karlstorbahnhof, "State of Process" des Vereins "Kalamari Club", das Video-Konzept "Five HD Landings" des Künstlers Peter Bösselmann und außerdem das Tanzprojekt "Sexless Babe/Building Actions" des freien Choreografen Edan Gorlicki. Die Stadträte des Kulturausschusses gaben in der vergangenen Woche einstimmig grünes Licht für die Gewährung der Zuschüsse, lobten abermals, wie schön es sei, dass der Fonds so schnell auf den Weg gebracht worden sei - stellten aber nicht die Frage, weshalb nicht nur die Halle 02, sondern auch andere Projekte leer ausgegangen sind.



