Hochschulen

Neue 2G-Regel kommt bei Studenten sehr gut an

Die Studienmotivation ist während der Online-Semester jedoch stark gesunken. Nun herrscht Angst vor einem neuen Lockdown.

02.12.2021 UPDATE: 03.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden
Nach den neuen 2G-Kontrollen sitzen diese Soziologie-Studierende mit Maske und Abstand in der Neuen Universität. Die Vorlesung ist eine Hybrid-Veranstaltung, das heißt, Ungeimpfte können sich online dazu schalten. Foto: Rothe

Von Philomena Meyer

Heidelberg. Seit Beginn der Pandemie diskutierten Politik und Medien ausgiebig die Schulschließungen und Öffnungen. Währenddessen sollten sich die Studierenden mit drei Semestern Online-Lehre zufriedengeben. An der Uni Heidelberg wurde beispielsweise nicht spontan auf sinkende Inzidenzen während des Semesters reagiert, wie es bei Schulen der Fall war: Stattdessen wurde strikt am Online-Format festgehalten, auch in einer Zeit, in der die Inzidenzen in einem niedrigen zweistelligen Bereich waren. Erst diesen Herbst konnten sich Studierende wieder auf ein Präsenz-Semester freuen – auch wenn die Regeln nun aufgrund der vierten Welle sehr viel strenger werden.

Seit dieser Woche gilt 2G: Zutritt nur für Geimpfte und Genesene. Ausgenommen sind Prüfungen, Praxisveranstaltungen und Aufenthalte in den Bibliotheken; hier gilt weiterhin 3G. Für den Einlass müssen ein digitaler Impf- oder Genesenen-Nachweis sowie der Studierendenausweis gezeigt werden. Stichprobenartige Kontrollen reichen nicht mehr. Wie die Überprüfung abläuft, ist je nach Institut unterschiedlich. An der Neuen Uni kontrolliert ein Prüfteam am Gebäudeeingang, an kleineren Instituten wird nur vor der Veranstaltungstür oder im Seminarraum geprüft, teilweise durch die Lehrperson selbst. Laut Angaben der Universität ergeben Hochrechnungen einer Umfrage eine Impfquote von über 90 Prozent unter den Studierenden. Die neuen Regeln sollen ermöglichen, dass weiterhin Präsenz stattfinden kann, es sollen aber Online- und Hybridangebote erweitert werden, damit alle weiterhin teilnehmen können.

Für Sven Barnow, Professor für Klinische Psychologie, bedeutet das einen deutlichen Mehraufwand. Da die Anzahl der Studierenden, die nicht mehr teilnehmen können, aber sehr gering sei, sei es temporär machbar. Es fehle dennoch an den technischen Voraussetzungen für die Hybrid-Lehre. "In der jetzigen Situation sind die Regeln aber vernünftig, gerade weil die Schnelltests ein falsch-negatives Ergebnis nicht zu 100 Prozent ausschließen können", meint Barnow.

Die neuen Regeln kommen bei den Studierenden insgesamt sehr gut an. Physikstudent Yannic Pietschke sieht als einzige Alternative, alles schließen zu müssen: "Man wird immer ein Risiko haben, aber mit 2G wird es minimiert." Sein Kommilitone Lucas Krone stimmt ihm zu – der Großteil der Studierenden sollte wegen der Ungeimpften nicht auf die Präsenzlehre verzichten müssen: "Es ist, als müssten alle Läden schließen, weil nicht alle Menschen die gleiche Menge an Geld haben."

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Vanessa Kunz, Jurastudentin, fühlt sich mit den neuen Regeln viel sicherer. "2G-Plus wäre noch besser, aber ich denke, das ist eher schwerer umzusetzen." Auch Lea Siller wäre für 2G-Plus, sie hat Angst vor einer Rückkehr zur Online-Lehre. Die Stimmung sei im Vorlesungssaal besser als vor dem Computer. Kunz dagegen findet, Vorlesungen mit 300 Menschen könne man auch online machen, Seminare und Arbeitsgruppen aber nicht: "Online hatte ich keine Motivation; man hört einfach weniger zu, weil man währenddessen andere Dinge macht."

Während manche, wie Nuno Mendes aus Venezuela, der Meinung sind, dass die 2G-Pflicht dazu führt, dass sich mehr Studierende für die Impfung entscheiden, sieht das eine Physikstudentin etwas problematischer: Die Regeln kamen zu abrupt, und wäre sie selbst nicht geimpft, würde sie das als Impfpflicht erleben. Sie ist froh, dass sie weiterhin in die Uni kann, denn im Studentenwohnheim könne man Arbeit, Schlaf und Freizeit nicht trennen, was ein großes Problem sei. Und auch den persönlichen Austausch brauche es, denn durch Gespräche und wechselnde Orte würde man den Stoff anders verknüpfen und so besser lernen.

Im Lockdown mussten alle mit Kontaktbeschränkungen leben, Studierende haben aber besonders darunter gelitten. Durch das digitale Studium, oftmals weit voneinander entfernt, allein in einem kleinen Zimmer, fiel der Studienanfang oft schwer. Wegen fehlender sozialer Kontakte seien depressive Stimmungen häufiger geworden, so ein Psychologiestudent. Deswegen habe er sich dieses Semester gefreut, möglichst viele Präsenzveranstaltungen zu besuchen, "um wieder Menschen kennenzulernen". Er berichtet aber, dass diese Woche eine der Veranstaltungen bereits zurück zum Online-Format gewechselt sei.

Yannic Pietschke hat während Corona mit dem Master in Heidelberg angefangen und hatte darum Schwierigkeiten, neue Leute kennenzulernen. Es hat geholfen, dass er Lucas Krone bereits kannte. "Die Uni-Kontakte sind einfach viel oberflächlicher. Man schreibt sich nur, um zusammenzuarbeiten, aber dass man danach spontan Kaffee trinken geht, passiert einfach nicht." Seine Angst vor einem neuen Lockdown ist groß: "Es gibt nichts zu machen, dann arbeitet man noch mehr und das ist nicht gut für die Psyche." Jetzt ins Büro gehen zu können, um seine Masterarbeit zu schreiben, gibt ihm viel. Auch Krone fand es mühsam, denn Physik sei ein sehr kollegiales Studium und es sei ein großer Schritt gewesen, plötzlich alles allein zu machen. "Es motiviert, jeden Tag andere Klamotten anzuziehen und nicht mehr nur Jogginghosen", sagt er lachend.

In dieser Woche reden viele Studierende von Aufmerksamkeitsproblemen, Ablenkung und fehlendem Austausch während der Pandemie. Alle sind sich einig: Zurück zur Online-Uni will niemand.

In der Uni gelten ab sofort strengere Regeln – wie beispielsweise in diesem Aufzug. Foto: Rothe
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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