Heidelberger Zoo

Die Zukunft des Syrischen Braunbären liegt in Heidelberg

Der Tiergarten hat eine Arbeitsgruppe zum Erhalt der Tiere mitgegründet – Im Freiland sind sie fast ausgerottet, in Zoos leben nur noch 27 Tiere

01.03.2018 UPDATE: 02.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

"Martin" (l.) heißt der neue Syrische Braunbär, der bislang noch getrennt von Bärin "Uschi" lebt. Während er sich auf der alten Bärenanlage einlebt, hat sie ein Nest gebaut, das für Besucher kaum einsehbar ist. Fotos: Medan/Rothe

Von Timo Teufert

Heidelberg. Durch ein Kontaktgitter durften sich "Martin" und "Uschi" schon einmal beschnuppern, aber ansonsten leben der Neuzugang aus der Schweiz und die 26-jährige Bärin im Heidelberger Zoo noch getrennt. Ganz behutsam sollen die beiden Syrischen Braunbären aneinander gewöhnt werden - und dabei setzt der Zoo auch auf die bald einsetzenden Frühlingsgefühle. Denn von "Martin" und "Uschi" erwartet sich die Zoowelt viel: Gelingt es, dass die Tiere Nachwuchs bekommen, wäre es ein erster Schritt, um den Bestand an Syrischen Braunbären in europäischen Tiergärten zu sichern.

Eigentlich wurde die Nachzucht der Syrischen Braunbären vor 15 bis 20 Jahren in Zoos gestoppt, weil nach genetischen Analysen - über die in der Wissenschaft bis heute diskutiert wird - fraglich ist, ob es sich um eine wirkliche Unterart des Braunbären handelt. "Schon vor Jahrhunderten hat man versucht, Tierarten zu kategorisieren, und hat die Einteilung vor allem an der Optik und am Lebensraum festgemacht", berichtet Sandra Reichler, die Kuratorin des Heidelberger Zoos. Wenn Tiere räumlich getrennt lebten und nur wenig Austausch zwischen den Populationen stattfand, hat man sie außerdem in Unterarten eingeteilt. Doch spätestens mit der Einführung von genetischen Untersuchungen Ende der 1990er Jahre musste man diese Systematik über den Haufen werfen: "Man hat geschaut, wie groß der genetische Unterschied zwischen den Unterarten ist, und hat daraufhin zum Beispiel bei den Goldkatzen verschiedene Unterarten zusammengefasst", berichtet die Biologin.

Auch beim Braunbären mit seinen Unterarten wird das diskutiert, weil die Übergänge bei den Lebensräumen - der Braunbär ist in Spanien und Frankreich, Skandinavien, im Irak und Iran sowie in Nordindien vertreten - fließend sind. Auf Grundlage dieser Diskussion entschieden sich viele Halter, mit Syrischen Braunbären nicht weiter zu züchten. So ist der Bestand in europäischen Zoos auf 27 Tiere aus drei Abstammungslinien geschrumpft.

Doch bei manchen Zoos - darunter Heidelberg und Köthen - hat ein Umdenken eingesetzt, weil die Syrischen Braunbären - sie wurden erstmals 1928 beschrieben, haben ein helleres Fell und sind kleiner und zarter als andere Braunbärarten - in freier Wildbahn vom Aussterben bedroht und teilweise schon ausgerottet sind. "Wir wollen die Tiere gerne im Zoo erhalten, entweder als Botschafter für ihre bedrohten Artgenossen im Freiland oder aber auch für eine spätere Auswilderung", sagt Reichler. Bei vielen Arten habe die Wiederansiedlung geklappt, beispielsweise bei den Goldgelben Löwenäffchen, bei den Hawaiigänsen und dem amerikanischen Condor. Alle waren in freier Wildbahn schon ausgerottet.

Deshalb gründete der Heidelberger Zoo mit anderen Anfang 2017 die Arbeitsgruppe "Syrischer Braunbär" innerhalb des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Braunbären. Zusammen mit ihrem Kollegen Michael Engelmann vom Tierpark Köthen hat Reichler in Abstimmung mit der Zuchtbuchführerin Empfehlungen ausgearbeitet, welcher Bär wohin umziehen sollte. So kam "Martin" aus dem Zoo de Servion nach Heidelberg, um hier für Nachwuchs zu sorgen. Auch in Köthen gibt es ein neues Männchen, ein Weibchen wurde dafür abgegeben. "Wir müssen schauen, ob es klappt, denn ,Uschi’ hat noch nie gezüchtet, weil unsere alten Tiere alle miteinander verwandt waren", berichtet Reichler. Dabei sei "Uschis" Abstammungslinie relativ selten in Zoos vertreten und lasse sich auf Tiere zurückverfolgen, die aus der Türkei importiert wurden. "Martin" und "Uschi" gelten deshalb als Schlüsselpaar.

"Wir wissen nicht, ob unsere Pläne aufgehen, den Syrischen Braunbären in Zoos zu erhalten. Aber wir versuchen, uns Zeit zu verschaffen", erklärt Sandra Reichler. Der Erfolg hänge auch davon ab, ob es die Arbeitsgruppe schaffe, neue Tiere aus der Türkei zu importieren. "Gelingt uns das nicht, ist der Genpool der Zootiere zu klein", so die Kuratorin. Deshalb wolle man jetzt auch in der Türkei für das Projekt werben und Kontakte aufbauen.

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