Heidelberger Klimaschutzaktionsplan

EMBL wehrt sich gegen Windkraftanlage - Vibrationen "stören" Experimente

"Drei Eichen" gilt zwar als aussichtsreichster Standort für Windenergie, doch wann sich hier Windräder drehen, steht noch nicht fest.

11.08.2020 UPDATE: 12.08.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden
Das Areal „Drei Eichen“ oberhalb des Stadtteils Boxberg wird seit vielen Jahren als Standort für Windräder gehandelt. Doch eine nahe gelegene Spitzenforschungseinrichtung hat Bedenken. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Bis 2050 soll Heidelberg klimaneutral werden, geht es nach Oberbürgermeister Eckart Würzner, sogar bis 2030. Doch um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, ist Heidelberg auch auf eine nachhaltige Stromversorgung angewiesen. Neben der Solaroffensive und der Beteiligung an Solar- und Windkraftanlagen außerhalb der Stadt könnten Windräder einen großen Beitrag dazu leisten.

Doch die Debatte, welche Standorte in Heidelberg dafür geeignet sind, wird bereits seit Jahrzehnten geführt – wurde 2016 aber immerhin auf zwei Gebiete begrenzt: das Areal "Drei Eichen" oberhalb des Boxbergs sowie "Kirchheimer Mühle" südlich von Kirchheim. Dabei gilt "Drei Eichen" eindeutig als aussichtsreichster Standort, weil in der Höhe schlicht andere Windgeschwindigkeiten erreicht werden. Bei der Stadtverwaltung geht man auch davon aus, dass dort in den nächsten Jahren Windkraftanlagen gebaut werden können. Wann genau, ist jedoch noch vollkommen unklar.

Denn die Stadt ist dabei auf den Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim angewiesen, der einen neuen Teilregionalplan – samt einem Nutzungsplan "Windenergie"– auf den Weg bringen soll. Bis dieser fertig ist, "sind auf Heidelberger Gemarkung keine Windenergieanlagen möglich", schrieb die Stadtverwaltung jüngst in einer Vorlage für die Gemeinderäte. Und dazu: "Ein Abschluss des Verfahrens ist zeitlich derzeit nicht vorhersehbar."

Während die Erstellung des Flächennutzungsplans nur eine Frage der Zeit ist, liegt die wohl größte Hürde für die Windkraftanlage in der Nachbarschaft. Dort ist nämlich mit dem Europäischen Molekularbiologie-Laboratorium (EMBL) eine der größten und bedeutendsten europäischen Forschungseinrichtungen angesiedelt. Die, so betont der Pressesprecher Mathias Jäger gegenüber der RNZ, unterstütze zwar im Allgemeinen die Erzeugung grüner Energie – auch durch Windkraftanlagen. Jedoch sei man dort auch besorgt, dass diese sich auf die Forschung auswirken könnten: "Am EMBL nutzen wir eine hochsensible wissenschaftliche Infrastruktur, wie Kryoelektronen-Mikroskope, welche im EMBL Imaging Center installiert und von Wissenschaftlern und Forschern aus ganz Europa genutzt werden", erklärt Jäger. Windturbinen, die in zu großer Nähe aufgestellt werden, könnten Vibrationen verursachen, die möglicherweise die Experimente stören. Das EMBL Imaging Center, das nächstes Jahr eröffnet werden soll, werde Wissenschaftlern einen in Europa einzigartigen Zugang zu einigen der neuesten Bildgebungstechnologien bieten. "Wir müssen daher sicherstellen, dass die empfindlichen Geräte präzise arbeiten können."

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Und das muss auch die Stadt sicherstellen. Denn das EMBL als internationale Einrichtung ist rechtlich besonders geschützt und das sogenannte "Sitzstaatsabkommen" verbietet deutschen Behörden jedes Vorhaben, das den Forschungsbetrieb dort beeinträchtigen könnte. Und laut einem Gutachten, das das EMBL vorgelegt hat, gilt das für alle Windkraftanlagen, die nicht mindestens drei Kilometer entfernt sind – womit "Drei Eichen" als Standort faktisch ausgeschlossen wäre.

Beide Seiten betonen jedoch gegenüber der RNZ, dass man weiterhin in engem Austausch stehe. Laut Stadtverwaltung lässt das EMBL aktuell ein weiteres Gutachten erstellen "über die potenzielle Beeinträchtigung des Forschungsbetriebes durch Zuhilfenahme gegenwärtig vorhandener Messdaten von anderen Standorten". Dieses soll Ende Oktober 2020 vorliegen. Sollte darin stehen, dass auch deutlich geringere Abstände reichen, könnte man sicherlich gemeinsam einen Standort finden.

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